Kinder des Donners
setzen?« Sie stellte ihr Glas mit zorniger Wucht ab, und Peter beeilte sich, es nachzufüllen. Er wollte Claudia gern in dieser Stimmung halten, in der sie so locker aus sich herausging, und der Whiskey schien rasch seine Wirkung zu tun.
Über die Schulter fragte er sie: »Was werden Sie also tun?«
»Ich weiß noch nicht. Ich möchte Cecils Geld nicht vergeuden, und die Mieten in dieser Stadtfestung sind wahnsinnig hoch; andererseits, wenn ich in irgendeinen Vorort ziehe, geht schrecklich viel Zeit fürs Hin- und Herfahren drauf...«
»Ich glaube, ich habe die Lösung«, unterbrach Peter sie.
»Sagen Sie schon!« — ganz aufgeregt, während sie einen neuen Drink entgegennahm.
»Was halten Sie davon, in meine alte Wohnung zu ziehen? Sie ist nichts Besonderes, nur drei winzige Räu- me, eine Kochnische und etwas Badezimmerähnliches
oder zumindest eine Dusche. Außerdem eine Mansarde, aber ich habe es dort vier Jahre lang ausgehalten.«
»Würden Sie sie mir vermieten? Was kostet sie?«
»Nein, das hatte ich nicht im Sinn.« Peter rückte sei- nen Sessel zurecht. »Ich muß sie verkaufen — unbe- dingt. Eigentlich war sie schon so gut wie verkauft, doch der Handel kam nicht zustande.« Er ging nicht weiter auf die Einzelheiten ein. »Ich meine, sie sollten eine Bank dazu bewegen, sie zu kaufen.«
»Eine Bank?« wiederholte Claudia ungläubig.
»Genau. Während der achtziger Jahre haben sich sehr
viele von ihnen aufs Immobiliengeschäft verlegt, beson- ders in London, wo die Preise für Wohneigentum seit mehr als einer Generation nicht mehr gefallen sind. Bald werden sie mehr von dieser Stadt besitzen als die feinen Herrschaften von Westminster ... Mit Strugman
als Bürgen dürften Sie keine Schwierigkeiten haben. Gehen Sie zu einer Bank — bei der meinen könnte es durchaus klappen —, und sagen Sie, Sie wollen meine Wohnung für ein Jahr haben. Sie werden sie kaufen. Wenn Sie wieder ausziehen, werden sie sie weiterver- kaufen oder erneut vermieten. Wie Sie sagten, Mietob- jekte sind knapp. Sie wird das Ganze nur die Zinsen auf
die Investition der Bank kosten, plus Versicherung und Nebenkosten. Das ist entschieden billiger, als normales Mieten, das kann ich Ihnen garantieren.«
Ihr Gesicht glühte vor Begeisterung. Das machte sie fast hübsch — doch Peter bezweifelte, daß sie das gern hören würde.
»So was machen Banken wirklich?«
»Oft sogar. Meistens für ausländische Investmentfir- men, die einen ihrer Manager für ein Jahr nach England schicken. Ich könnte mich selbst irgendwohin treten, daß ich nicht schon früher daran gedacht habe.« Er schnitt eine Grimasse der Selbstanklage.
»Das ist ja wunderbar. Ich bin so froh, daß ich gekom- men bin!« Und dann, in aufgedrehter Stimmung: »O
Gott! Ich habe noch nicht einmal den Grund erwähnt, warum ich Sie treffen wollte, oder?«
»Eine Sekunde noch, bevor Sie damit anfangen. Ich muß mal eben nachsehen, ob Ellen okay ist.«
Als er zurückkam:
»Sie schläft tief, Gott sei Dank. Hoffentlich bleibt das diesmal die ganze Nacht so. Nachdem ich so oft in den
frühen Morgenstunden aus dem Schlaf gerissen worden
bin, kann ich nachempfinden, was geplagte Eltern dazu bringen kann, ein ewig quengelndes Baby zu prü- geln ... Nun gut, was ist der Grund für Ihren Besuch? Sie sagten, Sie wollten eine Diskette mitbringen.«
»Schon zur Stelle!« Sie griff nach ihrer Tasche. »Wenn Sie also mal Ihren Computer vorbereiten würden ...«
»Ein Wort, und schon getan ...«
Doch als er dabei war, eine Datei zum Laden einzu- richten, zögerte sie. »Um fair zu sein«, sagte sie verhal- ten, »muß ich Sie warnen. Das Folgende könnte Ihnen
noch mehr schlaflose Nächte bereiten.«
»Ganz bestimmt hat es diese Wirkung auf mich.«
Und genau in diesem Moment gingen alle Lichter aus.
Mit ihren noch nicht einmal vierzehn Jahren — obwohl sie das Aussehen und Benehmen einer Sechzehnjähri- gen hatte — war Tracy Coward die jüngste Schülerin in
der obersten Klasse ihrer Schule. Doch der Umgang mit Älteren hatte ihr noch nie Probleme bereitet, genauso- wenig, wie die älteren Kinder etwas gegen sie zu haben schienen, denn sie war ungemein beliebt.
Nun, das konnte auch gar nicht anders sein. Das war jedenfalls die Ansicht ihrer Eltern Matthew und Doreen, die sie anbeteten. Bekam sie nicht andauernd Geschen-
ke, manchmal sogar sehr wertvolle? Und nicht nur von Jungen, wie man vielleicht vermuten könnte, sondern auch von Mädchen!
Heute war ein ganz
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