Kinder des Donners
Wie Sie sich denken können, wurde er geschnappt und wanderte ins Gefängnis. Er hat eine Tochter. Zu seiner Verteidigung konnte er nichts anderes vorbringen — und das immer wieder —, als daß sie ihn dazu gebracht habe.«
»Ich nehme an, das Gericht hat ihm nicht geglaubt?« vermutete Peter trocken.
»Natürlich nicht. Aber wissen Sie was? Ich glaube ihm.«
Nachdem er das verdaut hatte, sagte Peter: »Was ha- ben Sie noch zu bieten?«
»Die beiden Dinge, die ich nicht vom britischen NPC bekommen habe. Trotzdem besteht die gleiche Verbin- dung wie bei den anderen.«
Da er glaubte, inzwischen erraten zu haben, worin die Verbindung bestand, nickte Peter als Aufforderung zum Weitermachen. Claudias Finger tanzten wieder über die Tasten.
»Hier haben wir ein Mädchen in einer Klosterschule
in Irland. Jemand von dort drüben hat mich auf sie auf-
merksam gemacht, der über meine Arbeit Bescheid weiß und mir geschrieben hat — anonym, so daß ich nicht weiß, wieviel Glauben man der Sache schenken darf. Übrigens war ihre Absicht dabei, meine Theorie zu widerlegen.«
Peter hakte ein: »Sie sagten anonym. Warum dann >sie«
»Grüne Tinte auf parfümiertem rosafarbenen Schreib- papier«, seufzte Claudia. »Ich glaube, in England hat man dafür den Ausdruck >ein todsicheres Zeichen<«
»Akzeptiert. Entschuldigung!«
»Offenbar hatte sie eine fixe Idee hinsichtlich religiö-
ser Erziehung, da sie sie, viel mehr als die Kernfamilie, für das Verbrechertum bei Jugendlichen verantwortlich
machte. Hier ist der Fall, über den sie berichtete: Die
Tochter eines Mannes, der sich das Leben genommen
hatte, und einer Frau, die durch den Schock über dieses Ereignis den Verstand verlor, betrieb angeblich einen Pornohandel von ihrer Schule aus; das Material wurde ihr von einem Botenjungen und seinem älteren Bruder
angeliefert, denen sie als Gegenleistung erlaubte, sie zu küssen und zu betatschen — offenbar in Irland eine Un- geheuerlichkeit! Die Tochter meiner Briefschreiberin wurde der Machenschaften des anderen Mädchens be-
schuldigt und von der Schule gewiesen!«
»Ich dachte«, sagte Peter langsam, »daß Sie sich nur
auf größere Verbrechen konzentrierten.«
»Und Sie meinen, dies könnte man kaum so nennen?
Einverstanden. Andererseits ... Nein, Sie müssen noch den letzten Fall abwarten. Dabei geht es wirklich um ein
größeres Verbrechen. Er wurde mir von einem italieni- schen Bauern geschildert, der mein Buch gelesen hatte — das in seinem Land nicht sehr beliebt ist, wie Sie sich denken können; doch dieser Mann ist Atheist und Radi-
kaler, so daß er es sich gleich unter allerlei Mühen be- sorgte, als er eine Besprechung darüber gelesen hatte.
Wieder einmal geschah das Ganze jedoch anonym. Im-
merhin weiß ich, wo der Brief aufgegeben worden ist, und ich bin ziemlich sicher, daß ich dem wahren Fall auf die Spur kommen könnte. Tatsächlich ist das sogar die erste Aufgabe, die ich mir gestellt habe, solange ich hier in Europa bin. Es kann nicht allzuviele Orte in Italien
geben, wo der Wachtposten im Ölvorratslager einer
landwirtschaftlichen Kooperative im letzten Herbst er- schossen wurde.«
»Und schon gar nicht von einem zwölfjährigen Kind.«
»In diesem Fall war es nicht der Junge, dem man nichts anhaben konnte, sondern sein vermeintlicher Va- ter.«
Da Peter einen Augenblick lang durch das Greifen nach seinem Glas abgelenkt war, entging ihm die Be- deutung des entscheidenden Wortes im letzten Satz. Er
sagte: »Ich konnte nicht ganz folgen ...«
Da sie nun ihrerseits ihn mißverstand, sagte Claudia:
»Durch seine Redegewandtheit brachte der Junge die Polizei dazu, den Mann nicht festzunehmen. Statt des-
sen wurde ein anderer beschuldigt, genau wie in dem irischen Fall: einer der Pächter des Vaters, der in dersel- ben Nacht verschwand. Aber warum lese ich Ihnen das laut vor? Sehen Sie doch auf den Bildschirm, da steht al- les!«
Sie nippte an ihrem Kaffee, der inzwischen so weit abgekühlt war, daß er trinkbar war.
Nach einer Weile sagte Peter langsam: »Halten Sie die Geschichte für glaubwürdig, oder ist sie nur aus Ge- rüchten entstanden? Für mich hört sich das so an, als ob jemand dem Großgrundbesitzer der Gegend eins aus- wischen wollte. Allerdings, warum sind dann in diesem Fall keine Namen erwähnt? Jemand, der einem anderen schaden will, würde ja wohl so eindeutige Hinweise wie nur möglich geben.«
Claudia stieß ein rauhes Lachen aus. »Darüber müß- ten Sie mal
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