Kinder des Donners
psychiatrische Anstalten eingesperrt werden mußten wegen der Folgen von Designer-Drogen?«
»Ich will mich nicht über den Begriff streiten. Das ist nach der allgemeinen Beurteilung ohne Zweifel ein grö- ßeres Verbrechen. Aber ... Sind Sie auf viele ähnliche Fälle gestoßen?«
»Nein, nicht viele. Weniger als ein Dutzend. Jedoch
genug, um den Schatten des Zweifels auf meine geliebte Theorie zu werfen! Ich möchte Ihnen noch die anderen zeigen. Zuerst die, die ich vom NPC, also vom Nationa- len Polizei-Computer Großbritanniens bekommen ha- be.«
Wieder die Eingabe eines Befehls, und das Display änderte sich erneut. Wie zuvor, kommentierte sie wie- der.
»Hier geht es wieder um einen Jungen — die Fälle verteilen sich übrigens gleichmäßig auf beide Geschlech- ter. Im Alter von dreizehn Jahren besuchte er eine teure Privatschule. Es stellte sich heraus, daß er ein schwung- haftes Geschäft mit sexuellen Diensten betrieb, gemein- sam mit der Tochter des Direktors. Sie bediente die Männer, die keinen Geschmack an Knaben fanden.«
»Wurde nichts dagegen unternommen?«
»Der Schuldige wurde an eine andere Schule versetzt
und eine Klasse höher eingestuft. Ich würde mich nicht dafür verbürgen, daß das ein braves Kind aus ihm ge- macht hat.«
»Aber haben die Lehrer denn nicht...?«
»Etliche der Lehrer gehörten zu den Kunden.«
Peter versank für eine Weile in Nachdenken. Nach ei- ner geraumen Zeit sagte er: »Machen Sie bitte weiter!«
»Der nächste Fall, auf den ich stieß, war der eines Mädchens. Sie war von einer Tante und einem Onkel ausgerissen, die sie nach dem Tod ihrer Eltern bei sich aufgenommen hatten. Sie waren nicht durch einen Un-
fall umgekommen, sondern durch Krankheit. Ich weiß nicht mit Sicherheit, welcher Art — ich sagte Ihnen ja,
daß mein Zugriff auf die NPC-Daten nur mit einem be- stimmten Filter möglich war, der alles unkenntlich
machte, was Rückschlüsse auf die Identität zugelassen
hätte. Doch ich konnte den Zeitpunkt ihres Todes annä-
hernd bestimmen, und der traf mit einer Meningitis-
Epidemie zusammen, die vor einigen Jahren großes Aufsehen erregte. Ich glaube, Sie haben auch einen Be- richt für Contitiuum darüber gemacht, oder nicht?«
»Das habe ich tatsächlich. Doch wenn Sie gehofft ha- ben, ihren Eltern durch mich auf die Spur zu kommen, dann muß ich Sie enttäuschen. Wir haben die Anony- mität der Opfer respektiert.«
»Ich versichere Ihnen, daß ich nichts dergleichen ge- dacht habe.«
»Gut. Fahren Sie bitte fort mit dem Mädchen, das ausgerissen ist.«
»Sie machte sich auf in eine Großstadt, wie vielleicht
London, aber das weiß ich nicht genau. Bevor sie zwölf
Jahre alt war, arbeitete sie auf dem Straßenstrich — auf welche andere Art kann ein Mädchen in diesem Alter seinen Lebensunterhalt verdienen? Einer ihrer Kunden wurde bösartig und bedrohte sie mit einem Messer. Das Drama endete damit, daß er in Streifen geschnitten war.«
»Und auch dagegen hat niemand etwas unternom- men?«
»Ich weiß, worauf Sie hinauswollen. Man hätte sie in ein Heim stecken sollen, mindestens, wenn nicht gar in eine Besserungsanstalt, stimmt's? Statt dessen wurde das Mädchen freigesprochen. Selbst der Staatsanwalt
mußte zugeben, daß auf dem Griff des Messers keiner- lei Fingerabdrücke von der Kleinen gefunden worden
waren. Sie wollte dem Gericht weismachen, der Mann habe sich selbst umgebracht — und man glaubte ihr!«
Peter sah sie mit unverhohlenem Abscheu an. »Man glaubte ihr, daß er sich selbst in Streifen geschnitten hatte, wie Sie es ausdrückten?«
Ein verbissenes Nicken, ein grimmiges Zusammen-
kneifen der vollen Lippen.
»Sie wurde sofort aus der Untersuchungshaft entlas- sen und stand offenbar noch am selben Nachmittag wieder an ihrem Stammplatz.«
»Man ließ eine Zwölfjährige wieder zur Prostitution
zurückkehren, nachdem so etwas geschehen war? War-
um, zum Teufel, ist mir nie davon etwas zu Ohren ge- kommen?«
Claudia hob die Schultern. »Nun, die Verhandlung fand vor dem Jugendgericht statt, so daß ich annehme, daß der Presse keine Einzelheiten zugänglich waren. Sie können allerdings Gift darauf nehmen, daß sie alle im NPC gespeichert sind. Ich habe Sie gewarnt, meine Ent- deckungen tragen nicht zu einem gesunden Schlaf bei ... Haben Sie vielleicht irgendeine Erklärung für das, was ich Ihnen bis jetzt erzählt habe? Nein, warten
Sie! Ich möchte Ihnen erst noch den Rest zeigen, bevor
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