Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinder des Donners

Kinder des Donners

Titel: Kinder des Donners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
Vom Netzwerk:
essen . . .!
    »Ellen, du bist ein Schatz«, sagte Claudia, ohne auch
nur aufzublicken. »Leg mir ein paar auf den Teller, ja?
Und bring mir eine Gabel, ich esse nicht so gern mit den Fingern.«
    Entzückt darüber, daß ihren Bemühungen Anerken-
    nung beschieden war, beeilte sich Ellen, das Gewünsch- te zu tun, auch für Peter. Dann, nachdem sie ihre Gläser wieder vollgeschenkt hatte — heute gab es Bier —, nahm sie sich das letzte Sojabällchen und verzog sich in einen Sessel in der Ecke, um es zu verspeisen.
    Wie sich herausstellte, hatte ihre Kochkunst diesmal alle bisherigen Ansätze übertroffen. Nach dem ersten Bissen hob Peter die Augenbrauen.
    »Ellen, mein Schatz, das schmeckt gut.«
    »Wirklich?« Sofort strahlten ihre Augen auf.
    »Ja, wirklich! Mach nur so weiter, dann ...« Er hatte sagen wollen, dann würde sie eine so gute Köchin wie ihre Mutter, doch es bestand eine unausgesprochene Übereinkunft zwischen ihnen, nicht über Kamala zu re- den, auch nicht indirekt. Er beendete den Satz mit ei- nem Schlenker: »... dann schaffst du es, daß ich jeden Abend zu Hause esse!«
    Danach nahm er das Gespräch mit Claudia wieder auf. Sie waren bei der Planung des Handels, den sie Ja- ke Lafarge tags darauf vorschlagen wollten, wobei sie Dutzende von möglichen Vorstößen erwogen und wie-
der verwarfen. Jake war ihre letzte Hoffnung, nachdem TV-Plus entschieden hatte, daß die Story zu weit- schweifig war, und sie waren entschlossen, sie ihm so
schmackhaft wie möglich zu machen.
    Aus diesem Grund merkte Peter nichts davon, als der Glanz in den Augen seiner Tochter überquoll und ihr über die Wangen kullerte.
    Als sie gegessen hatten, räumte Ellen das Geschirr zum Abwaschen ab und kam anschließend entgegen ihrer Gewohnheit zu ihrem Platz in dem Sessel in der Ecke zurück, anstatt sich in ihr Zimmer zurückzuziehen. Zu diesem Zeitpunkt waren Peter und Claudia in ein so hit- ziges Gespräch vertieft, daß sie ihre Anwesenheit kaum wahrnahmen, und sie hörte ihnen zu, als ob sie ein Schatten wäre.
    Peter sagte mit einem Beiklang von Verärgerung in der Stimme: »Hör mal, du kennst dich nicht so gut aus im Umgang mit solchen ...«
    Und sie unterbrach ihn: »Ich mache keinen Kotau vor ihren verdammten kommerziellen Gesichtspunkten!«
    »Aber wenn wir einen Sturm entfachen wollen ...«
    »Mit Stürmen kennst du dich aus, was? Jedesmal, wenn du den Mund aufmachst, bläst es einem heiß ins Gesicht!«
    »Immer noch besser, es herauszulassen, als Froschkö- nig zu spielen und vor lauter Selbstgerechtigkeit zu platzen!«
    Einen Moment lang starrten sie einander über den haufenweise mit Papier beladenen Tisch hinweg an. Dann ertönte ein hell klingelndes Lachen aus Ellens Ek- ke. Die Spannung war gebrochen, sie drehten sich beide zu ihr um.
    »Entschuldigung«, sagte sie, als sie sieh wieder gefaßt hatte. »Ich hab' nur gerade gedacht...«
    »Was?« fragte Peter unwirsch.
    »Ihr hört euch wie ein altes Ehepaar an. So, wie ihr miteinander rumkabbelt, meine ich.«
    Im ersten Moment strafften sich beide entrüstet, doch dann ging ihnen auf, was sie meinte, und reumütig sackten sie zusammen, griffen in bester Eintracht zu ih- rem jeweiligen Bierglas und nahmen einen Schluck, als ob sie die Gleichzeitigkeit dieser Handlung geprobt hät- ten.
    Peter sagte nach einer Weile: »Also, ich muß zugeben,
meine Arbeit bei Continuum kam mir manchmal so vor, als wäre unser Team so etwas wie eine große eheliche
Gemeinschaft, in der jeder sich nach den anderen rich- ten mußte, um nicht zu riskieren, das Projekt, an dem
wir gerade arbeiteten, zunichte zu machen. Ich nehme an, jede Art von gemeinsamer Unternehmung ...«
    »Ist so schwierig wie eine Ehe, ohne deren gesetzliche Bande«, warf Claudia ein. »Ellen hat recht. Es tut mir
    leid, Peter. Ich bin ein Hemmnis. Natürlich hast du die
Erfahrung, wie man eine Story an die Medien verkauft. Ich habe bisher nur meinesgleichen und meinen Verlag von etwas zu überzeugen brauchen, und selbst darin bin ich nicht besonders gut. Was hältst du davon, Ellen
als Schiedsrichterin einzusetzen?«
    »Das kann doch nicht dein Ernst sein!« wollte Peter heftig einwenden — doch der Satz blieb ihm in der Keh- le stecken. Er drehte sich um und starrte seine Tochter an, die voller Eifer zu ihnen herüberblickte; ihm war, als sähe er sie zum erstenmal. Sie war ein ganzes Stück ge- wachsen, seit sie zu ihm ins Haus gekommen war, be- stimmt zwei Zentimeter; sie schoß mit einer solchen

Weitere Kostenlose Bücher