Kinder des Donners
Interessent gemeldet, und die Shays hatten es für zwölf Monate zu überaus vorteil- haften Bedingungen gemietet.
Davids Mundwinkel zuckten. Die Höhe der Miete
hatte weniger mit dem Umstand zu tun, daß der Besit- zer die Geduld verloren hatte, sondern vielmehr mit dem Dinner, zu dem er, Harry und Alice den Immobi- lienmakler in ein nobles Restaurant am Ort, das zur Zeit
sehr in Mode war, eingeladen hatten und in dessen Ver- lauf er Gelegenheit gehabt hatte, seinen Charme vollen- det zur Geltung zu bringen. Natürlich mußte er danach den gleichen Trick noch einmal bei dem Vermieter an- wenden, aber der war keine harte Nuß ...
Harte Nuß!
Dabei fiel ihm etwas ein, und er rieb sich zwischen den Beinen. Er mußte etwas unternehmen, und zwar bald, um Personal ins Haus zu holen; er wollte, daß es nur aus jungen weiblichen Bediensteten bestand. Er machte sich im Geiste eine Notiz, daß er am Abend mit Harry und Alice darüber sprechen müßte, sobald sie nach Hause kämen — zur Zeit waren sie in London. Er selbst war viel zu sehr damit beschäftigt, seine neue Computeranlage einzurichten, deren letztes Teil tags
zuvor geliefert worden war. Er hätte gern seine ge- wohnten Gerätschaften aus Kalifornien mitgebracht, aber die unterschiedliche Voltzahl hätte möglicherweise zu Problemen geführt, und außerdem war das meiste davon ohnehin schon zwei oder sogar drei Jahre alt. Es war daher sicher besser gewesen, das Ganze abzusto- ßen und eine komplette nagelneue Anlage zu kaufen, obwohl er über die Fähigkeiten der Service-Ingenieu- re in Großbritannien nur negative Berichte gelesen hatte.
Negative Berichte ...
Er blickte zum Fernsehgerät, wo die ersten Abend- nachrichten liefen, und seufzte laut. Mußte es jeden Tag eine neue Katastrophe geben — oder neue Schreckens- meldungen über die länger andauernden Tragödien? Bestand denn die Menschheit wirklich aus lauter Idioten
— zumindest wurde sie von solchen regiert? Die Ereig- nisse sprachen unbestreitbar dafür. In den Niederlan-
den war das Kriegsrecht verhängt worden, weil die Su- rinamer, die vom Geist des >heroischen Widerstands< der Tamilen auf Sri Lanka beseelt waren, beschlossen hatten, eine ähnliche Kampagne von Sabotageakten
durchzuführen. Die Sikhs in Indien hatten inzwischen den zehnten Abgeordneten der Kongreß-Partei umge-
bracht, zusammen mit seinem gesamten Gefolge, indem sie eine Straßenbrücke, über die er gerade fuhr, in die Luft gejagt hatten. Ein weiterer Versuch, einen SDI- >Verteidigungs<-Satelliten in den Raum zu schicken — zum wer weiß wievielten Mal —, war so ausgegangen,
daß die Trägerrakete kurz nach dem Abheben in den At- lantik krachte, und Stimmen wurden laut, die behaupte- ten, daß die Kommunisten mittels Hacker entweder di- rekt in den Computer, der den Start gesteuert hatte, ein-
gedrungen seien oder aber in einen wichtigen Teil des Kontrollsystems. Zur Zeit fiel der Verdacht besonders auf einen speziellen Programmierer, der sich angewi- dert aus dem Staub gemacht hatte, nachdem er eine sol- che Masse an unverzichtbarer Software für das Verteidi- gungsministerium entwickelt hatte, daß nicht einmal die amerikanische Regierung — sprich der Steuerzahler
— es sich leisten konnte, alles zu verschrotten und ganz neu anzufangen.
Doch das konnte natürlich eine Finte sein, ein biß- chen >Fehlinformation<, in die Welt gesetzt, um die Tat- sache zu verschleiern, daß die Sowjets in der Lage wa- ren, das NORAD, das Pentagon und alle wichtigen Rü- stungsfirmen anzuzapfen ...
Was nach Davids Ansicht eine Selbstverständlichkeit war. Locker hatte er einen Code entschlüsselt, mit dem sich die Daten des Hauptcomputers an der Abschuß- rampe in Cape Canaveral abfragen ließen. Innerhalb von dreißig Sekunden hatte er eine Anzeige mit der Fehleranalyse der abgestürzten Rakete auf dem Bild- schirm. Ohne sich die Mühe zu machen, sie zu lesen, gab er den Löschbefehl ein. Er hatte es nur gemacht, um
die Bestätigung zu erhalten, daß seine neue Ausstattung auf dem höchsten Stand der Technik war.
Jetzt konnte er sich also an die wichtigste Aufgabe be-
geben, die vor ihm lag. Wer war sein echter — sein bio- logischer — Vater? Der erste Schritt war völlig klar: Er mußte im Nationalen Polizei-Computer nach Klatsch und Tratsch suchen, nach übler Nachrede, jeder böswil- ligen Unterstellung, die sich über seine Mutter darin be-
fanden. Aus dieser Quelle, dessen war er absolut sicher, würde er die ersten
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