Kinder des Feuers
ihre Gesichter jedoch noch nicht, stand über Boten mit ihnen im Kontakt, aber war ihnen noch nicht begegnet. Trotzdem fühlte sie sich von gemeinsamen Zielen mit ihnen geeint. Sie wusste, dass sie Heiden waren, dass sie aus dem Norden kamen, dass sie mit einer Flotte von Drachenschiffen kürzlich im Cotentin angelandet waren. Und sie waren entschlossen, zu erobern, zu unterwerfen, nicht vor dem Christengott zu buckeln wie die normannischen Grafen, sondern das Leben und die Bräuche, die sie aus der Heimat kannten, hier fortzuführen.
»Ich will sie endlich treffen!«, sagte sie nun zu Hasculf. »Es ist Zeit, gemeinsam Pläne zu schmieden.«
Hasculf schwieg, aber Bruder Daniel rief ungewohnt ängstlich: »Du weißt doch gar nicht, wer sie wirklich sind – womöglich nichts weiter als Anführer einiger wilder Banden, die hier ein Vermögen rauben, ein paar Mönche abschlachten und Jungfrauen schänden wollen. Warum willst du ausgerechnet mit ihnen gemeinsame Sache machen?«
»Weil es echte Männer sind!«
»Du meinst – echte Heiden! Aber ist es nicht ein Zeichen des Allmächtigen, dass alle Nordmänner, die nicht den christlichen Glauben angenommen haben, hierzulande gescheitert sind?«
Hawisa knurrte wie ein wildes Tier. Wie konnte er es wagen, von Scheitern zu sprechen, obwohl es am Ende nicht fehlender Mut oder Tatendrang, sondern schlichtweg der eigene Tod gewesen war, der dem Lebenswerk ihres Geliebten Grenzen setzte!
Nun gut, auch als er lebte, gab es Schlachten, aus denen er nicht siegreich hervorging, und feindliche Heere in Übermacht, vor denen er fliehen musste. Er wollte mehr erobern als nur die Bretagne, und das war ihm nicht gelungen. Ihr aber – ihr musste es gelingen, zumindest die einstige Heimat wiederzuerlangen, und Turmod und Sedric mussten ihr helfen!
»Halt dein Maul!«, fuhr sie Bruder Daniel an, und fügte zischend hinzu: »Warum habe ich dich nur all die Jahre am Leben gelassen?«
»Weil ich dir oft die Wahrheit sage«, erwiderte er verschlagen, »und weil in deiner Lage allzu gnädige Lügen tödlich sein können. Was, wenn du dir nur etwas vormachst? Wenn Sedric und Turmod dich treffen wollen, um deine Waffen und Männer zu stehlen, nicht, um sich mit dir zu verbünden?«
Sie hob die Hand, obwohl ganz tief in ihr gleicher Zweifel nagte, hob sie die Hand, um ihn zu strafen. Ehe sie sein Gesicht traf, riss Hasculf sie zurück, vielleicht als verspätete Rache, dass sie ihn mit dem Schwert bedroht hatte, vielleicht einfach nur als Zeichen von Ungeduld.
Verdutzt blickte sie ihn an.
»Es ist nicht die rechte Zeit, die Beherrschung zu verlieren. Du hast sie dir bewahrt, als die Zeichen auf Niederlage standen. Umso mehr sollte dies gelten, da unser Tag naht.«
Unser Tag, echote es in ihr. Mein Tag. Sein Tag.
Sie wandte sich an Bruder Daniel, und nun war sie es, deren Stimme triumphierend klang: »Turmod und Sedric sind nicht auf Raubzüge aus. In den normannischen Küstendörfern, in die sie einfielen, haben sie die Menschen nicht getötet, sondern ihnen den christlichen Glauben ausgetrieben. Gleiches wünschen sie in der ganzen Normandie zu tun. Vielleicht gelingt es ihnen, selbst Richard – entkommt er jemals Ludwigs Geiselhaft und kehrt in die Normandie zurück – wieder ein Bekenntnis zu den Göttern seiner Vorfahren abzuringen.«
»Und was hast du davon?«, fragte Bruder Daniel. »Ein heidnischer Richard wird die Bretagne für sich haben und nicht dir überlassen wollen. Und für Turmod und Sedric gilt das Gleiche.«
Hawisa schüttelte den Kopf. »Sie werden uns brauchen. Sie kennen das Land nicht – ich schon. Sie haben hier keine Wurzeln – meine reichen tief.«
Sie wandte sich Hasculf zu. »Du musst Mathilda finden. Es ist wichtiger als je zuvor.«
Es war die letzte Chance, die sie ihm gab. Das wussten sie beide, obwohl sie es nicht aussprach.
»Nach Mauras Tod ist sie weder in Fécamp noch in Bayeux aufgetaucht«, murmelte e r. »Vielleicht ist sie bei Sprota.«
»Dann warte nicht länger! Du erledigst deine Pflicht und ich die meine. Ich werde Sedric und Turmod treffen, ihnen meine Pläne erklären und ein Bündnis schmieden.«
Hasculf ballte seine Hände zu Fäusten. »Sie wird mir kein weiteres Mal entkommen.«
In seinem Blick stand kein Zweifel, nur Trotz, und das war gut so. Bruder Daniel hingegen blickte weiterhin skeptisch, sodass sie ihn stehen ließ, ohne ihm ein weiteres Wort zu gewähren.
Alsbald begegnete sie dagegen einer anderen, die ihre
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