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Kinder des Feuers

Kinder des Feuers

Titel: Kinder des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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packten sie und rissen sie von Johan fort. Sie stolperte, wankte, fühlte, wie ihr Kopf gegen eine harte Brust prallte. Als sie den Kopf hob, dröhnte dieser. Das Gesicht, in das sie sah, war ihr vertraut.
    Es war Arvid. Sein Atem roch, als hätte auch er zu viel getrunken. Und er rief wutentbrannt: »Bist du von Sinnen, dich so bloßzustellen?«
    Sie starrte ihn an, nicht sicher, ob er den Verstand verloren hatte oder sie selbst. Vielleicht hatte sie etwas getan, wovon sie nicht mehr wusste, vielleicht hatte er etwas gesehen, was gar nicht passiert war, oder vielleicht nahm er schlichtweg Anstoß daran, dass sie betrunken war und tanzte.
    Wie allerdings konnte er ihr das vorwerfen, obwohl sein eigenes Gesicht rot glühte, der Blick flackerte, seine Bewegungen so fahrig ausfielen? Ja, auch er hatte getrunken, ob nun, weil er von der feierwütigen Laune der anderen mitgerissen worden war oder weil er wie sie Vergessen suchte – in jedem Fall machten Met und Wein ihn nicht nur schwindlig, sondern zornig und hasserfüllt.
    Der Schwindel schien zu vergehen, denn er konnte aufrecht stehen, Zorn und Hass hingegen blieben. Mathilda fühlte, wie etwas in Arvid tobte, das ihr galt, sich selbst und … Johan.
    Der mischte sich mit gutmütigem Lächeln ein. »Aber, aber, Mönchlein, wer will an einem Tag wie diesem so unfreundlich mit einem holden Mägdelein sprechen?«
    Hohn troff von seinen Worten, klebrig und schwer. Die vermeintliche Nachsicht war vorgetäuscht. Trotz aller Trunkenheit erkannte Mathilda, dass Johan zu jenen Kriegern gehörte, die über die vielen Gottesmänner lästerten, mit denen sich Wilhelm umgab, und die sich ärgerten, dass der Graf auf diese Weise Zweifel an seiner Männlichkeit erweckte – und folglich auch an der ihren, da sie ihm dienten.
    Noch war sein Ärger milder als der Arvids – aber Mathilda fühlte, wie die Spannung wuchs. Andere hatten es auch bemerkt, denn die Musik war verstummt, die Tanzenden hatten innegehalten. Neugierige Blicke ruhten auf ihnen.
    »Lass sie in Ruhe!«, zischte Arvid.
    »Warum?«, gab Johan kühl zurück. »Bist du ihr Ehemann? Das ist nicht möglich, wo du doch mit einer Kutte herumläufst. Oder bist du einer, der gern beides hat – Gott und ein Weib?«
    Mathilda hielt den Atem an – mit jenen Worten, vorschnell und unbedacht geäußert, beleidigte Johan nicht Arvid, sondern Graf Wilhelm selbst und verriet die schwelende Verbitterung ganz offen.
    Gottlob war Arvids Geist zu leer, es zu erfassen und es gegen ihn zu verwenden. Er missachtete Johan und wandte sich an sie: »Das ist doch nicht das Leben, das du willst.«
    So wenig wie es deines ist, dachte sie.
    Aus diesem Grund also konnte er kaum den Anblick ertragen, wie sie mit dem fremden Mann tanzte – es erinnerte ihn daran, was er selbst verraten musste: den Wunsch nach Einsamkeit und Weltabgeschiedenheit.
    Sie verstand ihn und war trotzdem empört über seine Maßregelung. Am liebsten hätte sie laut gerufen: Wie soll ich irgendein Leben führen, ob das gewollte oder nicht, solange mich jemand töten will? Und solange ich nicht weiß, vor wem oder wovor ich davonlaufe – wie anders sollte ich mich bewegen, als mich trunken im Kreise zu drehen, um mich wenigstens kurz glauben zu machen, die Flucht vor den unsichtbaren Feinden wäre nur ein Spiel?
    Doch ehe sie etwas sagen konnte, kam Johan ihr zuvor: »Du hast nun alle Blicke auf dich gezogen, Mönch, nun ist es gut. Geh lieber wieder beten.«
    »Ich bin kein Mönch!«, schrie Arvid, bekundend, dass es eine Beleidigung war, ihn als den zu benennen, der er sein wollte, aber noch nicht sein durfte.
    »Nun, aber ich bin ein Krieger«, gab Johan zurück, »und wenn du nicht gehst, wirst du spüren, dass ich nicht mal ein Schwert brauche, um zu kämpfen.«
    Er ballte seine Hände zu Fäusten, doch Arvid wich zu Mathildas Schrecken nicht zurück, sondern tat es ihm gleich.
    »Nicht!«, schrie sie noch oder wollte es noch schreien, aber da waren die beiden schon aufeinander losgegangen.
    Es war ein ungleicher Kampf, der bald ein Ende fand. Der Hass, der in Arvid tobte, war größer, aber Johans Körper war gestählter. Zwei Schläge verteilte er, nicht einmal mit sonderlichem Kraftaufgebot, dann lag Arvid am Boden, Speichel und Blut liefen ihm aus dem Mund, doch er konnte sich mit der Niederlage nicht abfinden. Er stieß sie beiseite, als sie sich über ihn beugen wollte, und sprang wieder auf. In seinem Gesicht stand etwas, das Mathilda mehr ängstigte als

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