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Kinder des Feuers

Kinder des Feuers

Titel: Kinder des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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Vater ist.«
    »Denkst du … denkst du, dass er ein Nordmann war?«
    Er hob den Kopf, sah an dem Schmerz, der ihr Gesicht verstellte, dass sie sich diese Frage selbst schon oft gestellt hatte, dass sie sie aber erst jetzt zu beantworten wagte. Sie nickte zögernd. »Ja … ja mittlerweile denke ich das.«
    »Und wie erträgst du es?«, fragte er.
    »Gar nicht. Aber auch wer sein Leben nicht erträgt, der atmet doch weiter und isst und trinkt und geht seiner Wege.«
    »Hast du nun endlich herausgefunden, warum dir jemand nach dem Leben getrachtet hat?«
    Der Schmerz schwand aus ihren Zügen, ihr Blick wurde kalt.
    »Was geht’s dich plötzlich an? Warum mischst du dich überhaupt in mein Leben ein?«
    »Mathilda …«
    Der Zorn, der von ihm abgefallen war, verdunkelte nun ihr Gesicht. Ihn hatte der Zorn besinnungslos gemacht, sie hingegen war nun schonungslos zu sich und ihm. »Du hast mich damals einfach in Fécamp zurückgelassen«, rief sie. »Du hattest nicht den Mut, mir in die Augen zu sehen und dich von mir zu verabschieden.«
    So frisch wie ihre eigentlich längst verjährte Kränkung war sein schlechtes Gewissen. Einst hatte er viele Gründe angeführt, die ihn zu der Entscheidung getrieben hatten – heute wusste er, dass es nur einen gab: Schwäche. Er war nicht stark genug gewesen, sie anzusehen und zuzugeben, dass sie seine Seele bewegte wie kein anderer Mensch. Auch jetzt fiel ihm das schwer – desgleichen das Eingeständnis, dass ihn seit Wochen der Anblick verfolgte, wie sie vergiftet in seinen Armen gelegen hatte, und dass die Angst, sie zu verlieren, den Willen, Gottes Ruf zu folgen, als wankelmütig bloßgestellt hatte. So leise schien dieser Ruf gemessen an der Wucht des Todes, dem er an ihrer Seite so nahe gekommen war. Und stark wie dieser, so hieß es selbst in der Heiligen Schrift, waren nicht Glaube und Hoffnung, sondern nur die Liebe.
    »Mag sein«, murmelte er. »Und dennoch – ich war es, der dir zweimal das Leben gerettet hat.«
    Sie wandte sich ab und begann auf und ab zu gehen. Es blieb nicht viel Platz in jenem Raum. Schon nach vier Schritten stieß sie auf Fässer oder Kisten.
    »Ich bin mir nicht einmal sicher, ob es sich gelohnt hat«, murmelte sie. »Ich meine – wer immer es auf mich abgesehen hat, wird es wieder versuchen. Irgendwann wird es ihm gelingen, mich zu töten. Und ich werde sterben, ohne dass ich weiß, warum ich von all den Menschen getrennt wurde, die ich liebte.«
    Die Tränen, die in ihre Augen traten, straften die vermeintliche Kälte Lüge.
    Arvid trat zu ihr, und als sie an ihm vorbeigehen wollte, ergriff er ihre Hände und hielt sie fest. Sie entzog sie ihm nicht, aber herrschte ihn wütend an: »Verstehst du nicht – meine Welt ist damals zerbrochen, als das Kloster überfallen wurde, wir fliehen mussten und jeder Traum mehr über das Rätsel meiner Herkunft verriet! Nur ein kleines Fleckchen ist heil genug geblieben, um sicher darauf zu stehen. Du hast mir jenes Fleckchen geschenkt – du hast mich durch den Wald geführt. Doch kaum wagte ich zu glauben, die Welt könnte ein wenig mehr sein als nur ein Hort von Gefahren, hast du mir den Boden unter den Füßen weggezogen.«
    Je länger sie sprach, desto wütender klang sie. Nun entzog sie ihm doch die Hände, nicht, um weiter auf und ab zu gehen, sondern um sie gegen seine Brust zu hämmern.
    »Warum hast du das getan? Warum hast du das nur getan?«
    Er hob hilflos die Schultern. »Weil ich nicht wusste, wie ich mich dir gegenüber verhalten sollte!«, brach es aus ihm heraus. »Ich habe nur zwei Frauen gekannt – Runa war sehr stark, Gisla war sehr schwach. Und beide waren irgendwie traurig.«
    »Aber es wird auch in ihrem Leben Augenblicke gegeben haben, da sie nicht traurig, sondern glücklich waren.«
    »Wann … wann warst du zuletzt glücklich?«
    Sie schlug ihn nicht länger. Ihre Fäuste lösten sich, ihre Hände sanken kraftlos herab.
    »Ich weiß es nicht, ich kann mich nicht daran erinnern.«
    Wieder standen sie wie erstarrt voreinander. Augenblick um Augenblick verging im Schweigen. Erbärmlich und beschämt hatte er sich gefühlt, als er den Raum betreten hatte. Nun kam noch etwas anderes hinzu: Freude über die Offenheit, die sie teilten. Alles, was sie in ihm ausgelöst und was er so lange zu vergessen gesucht hatte – schlechtes Gewissen und Trotz und Sehnsucht und Verwirrung –, wurde nicht zur noch größeren Last, sondern vielmehr erträglich, solange er es eingestehen konnte, sich

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