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Kinder des Feuers

Kinder des Feuers

Titel: Kinder des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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machen: Wäre Richard nicht am besten geschützt, würde er ihn mit an seinen Hof nach Laon nehmen? Dort würde er ihn selbstverständlich wie einen Sohn behandeln und ihn gemeinsam mit dem fränkischen Kronprinzen Lothar erziehen lassen, bis er alt genug sei, die Normandie zu regieren. Bis dahin könne doch Bernhard der Däne die Herrschaftsgewalt ausüben.
    Der schüttelte eben nachdenklich den Kopf. »Wenn wir ihm Richard nun überlassen, kann es sein, dass wir ihn nie wiedersehen.«
    »Aber wenn Ludwig sich vor aller Welt als sein Beschützer aufspielt«, gab Botho zu bedenken, »folglich auch als der der Normandie –, dann wird ihm gar nichts übrig bleiben, als Arnulf von Flandern zu bestrafen.«
    Was interessiert mich Flandern, dachte Sprota, wenn ich meinen Sohn verliere?
    »Sollen wir zum Preis der Rache auf unseren Erben verzichten?«, begehrte Osmond auf. »Mag er in Laon auch noch so gut behandelt werden – in Wahrheit ist er dort Geisel, nicht Gast. Was, wenn Ludwig die Gelegenheit nützt und ihn …«
    Er verstummte, als Bernhard mahnend die Hand hob, aber Sprota wusste, wie der Satz zu Ende gegangen wäre. Was, wenn Ludwig Richard ermordete?
    »Wenn Richard in Laon stürbe«, wandte Bernhard ein, »dann würde alle Welt Ludwig für seinen Mörder halten. Das kann er nicht riskieren. Würde er ihm wirklich nach dem Leben trachten, so wäre es ein Leichtes, einen Meuchelmörder in die Normandie zu schicken, nachdem er wieder heimgekehrt ist. So widersinnig es klingt – es könnte sein, dass er in Laon sicherer ist als hier, dass er in Ludwigs Nähe folglich am besten vor Ludwig geschützt ist.«
    »Vorausgesetzt«, murrte Osmond, »Ludwig hat wirklich Angst davor, als Mörder zu gelten. Arnulf hatte sie nicht.«
    »Arnulf ist auch nicht der fränkische, mit dem Öl des heiligen Remigius gesalbte König. Bedenkt – es geht nicht nur um Richards Sicherheit, sondern auch um die der Normandie. Ludwig ist nicht der Einzige, von dem Gefahr droht. Fast sämtliche Nachbarn wird es über kurz oder lang gelüsten, das Land zu erobern. Doch sie werden es nicht wagen, es anzugreifen, solange Richard als rechtmäßiger Erbe Ludwigs Schutz genießt.«
    »Aber wird sich auch Ludwig selbst vor einem Angriff scheuen?«
    »Er hat immerhin vorgeschlagen, dass er vor der Rückkehr nach Laon mit Richard einige normannische Städte besuchen wird, auf dass das Volk dem künftigen Erben huldigen kann, ehe er das Land verlässt. Eine Geste, die man durchaus als eine guten Willens werten kann.«
    »Wenn man denn selbst diesen guten Willen hat«, wandte Osmond ein. »Mir fehlt er allerdings.«
    Botho hingegen seufzte. »Wir können es drehen und wenden, wie wir wollen. Ganz gleich, was wir tun, es kann alles das Falsche sein. Oder die rechte Wahl.«
    Sprota musterte die Gesichter der anderen Versammelten, die den Wortwechsel schweigend belauscht hatten. Eine Meinung dazu hatte dennoch jeder: Die Hitzköpfigeren drängte es danach, irgendetwas zu tun, egal was. Die Nachdenklicheren wollten die Entscheidung hingegen so lange wie möglich aufschieben. Alle einte die Erleichterung, dass die Last am Ende auf Bernhards Schultern liegen würde, selbst Sprota war froh, nicht selbst über das Geschick des Sohnes entscheiden zu müssen. Sie hätte nicht gewusst, was zu tun war. Sie wusste jetzt nur, dass Glück viel mehr war als das Flattern des Schmetterlings über der Sommerwiese: Glück war, Richard wohlbehalten an ihrer Seite zu wissen. Und dieses Glück war nun auf lange Zeit, vielleicht für immer verloren.
    Sie unterdrückte die Regung zu schreien, sich vor Bernhard zu Boden zu werfen, ihn anzuflehen, Richard bei ihr zu lassen. Stattdessen erklärte sie ruhig: »Wenn Richard König Ludwig tatsächlich nach Laon begleiten soll, dann solltet ihr es zur Bedingung machen, einen aus eurem Kreis zu seinem Geleit mitzuschicken. Osmond wäre wohl eine gute Wahl. Er kann mir … kann uns jederzeit Bericht erstatten.«
    Bernhard blickte sie eine Weile nachdenklich an. In jeder anderen Situation hätte er einen Rat, der von ihr kam, nicht angenommen. Aber nun nickte er. »In vier Jahren … in vier Jahren ist er vierzehn Jahre alt. Dann kann er sein Erbe antreten, und wir werden ihn aus Laon zurückholen, koste es, was es wolle.«
    Schweigen antwortete ihm. Vier Jahre waren eine lange Zeit für ein Land ohne Herrscher und mit habgierigen Nachbarn. Aber einen anderen Erben als Richard gab es nicht.
    Und vier Jahre waren eine lange Zeit für

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