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Kinder des Feuers

Kinder des Feuers

Titel: Kinder des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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überlegte sie, die Hand der anderen zu ergreifen, anstatt auf Worte auf Berührung zu setzen, aber dann verzichtete sie darauf. Sie konnte verstehen, warum sich Gerloc hinter eine Maske flüchtete und wie überaus beschwichtigend dies für ihre Seele war, also schwieg sie mit ihr und lächelte.
    Als die Holzscheite verglühten und Gerloc keine Anstalten machte, neue nachzulegen, wollte sie sich erheben. Doch nun war es Gerloc, die die Hand hob und nach ihrer griff, mit einem Griff, der fester war als ihre neue Stimme.
    »Ich werde dich mit einer Mitgift ausstatten«, verkündete sie.
    Mathilda riss die Augen auf. »Aber …«, setzte sie an.
    Ehe sie von sich weisen konnte, dass sie jemals heiraten würde, fügte Gerloc hinzu: »Mit dieser Mitgift ist es dir möglich, in ein Kloster einzutreten. Das ist es doch, was du immer wolltest.«
    Erstmals wich sie ihrem Blick nicht aus, und kurz erkannte Mathilda die alte Gerloc wieder, die, auch wenn sie sich vermeintlich als freundlich erwies, nie frei von Härte und Spott gewesen war. Nicht nur freundlich schien auch jenes Angebot gemeint – warum sonst krallte sie die Hand nun immer schmerzhafter um ihre, als wäre es mehr eine Strafe, zu bekommen, was man wollte, als eine Gnade?
    War das ihre Art, zuzugeben, dass sie damals doch geweint hatte?
    »Das ist sehr großzügig …«, murmelte Mathilda.
    Gerloc ließ sie los, und kurz überfiel Mathilda ein schlechtes Gewissen, weil sie gedacht hatte, Gerloc wolle ihr mit der Mitgift in Wahrheit nichts Gutes tun.
    Gerloc sah wieder an ihr vorbei und lächelte.
    Mathilda wusste nicht, was sie tun sollte. Wie konnte sie ins Kloster gehen, unwürdig, wie sie war? Wie aber das Angebot abweisen und Gerloc erklären, dass es nicht länger ihr Herzenswunsch war, wenn sie doch keinen anderen benennen konnte und es überdies als beste Lösung schien, nun, nach Wilhelms Tod, da Sprotas Zukunft ungewiss war und ihre eigene noch mehr?
    Sie machte sich nicht vor, dass sie an ihrem alten Leben anknüpfen konnte, denn sie hatte sich verändert, vielleicht genauso sehr wie Gerloc, die einstmals dreiste, laute, stets lachende Gerloc, die behauptet hatte, man könne sein, wer man wolle.
    Vielleicht konnte man das sogar – nur war es hinterher nicht mehr rückgängig zu machen, so wie sich eine Greisin nicht der Hoffnung hingeben konnte, der bucklige Rücken sei nur vorläufig eine Qual und die Unbeschwertheit der Jugend jederzeit wieder zu erringen. Gerloc war ein für alle Mal Fränkin, ein für alle Mal Werghaupts Gattin und Mutter seines Sohnes, ein für alle Mal Adela.
    Nur sie, Mathilda, war nichts ein für alle Mal, nicht Liebende, nicht Sünderin, nicht Heimatlose, nicht Opfer, nicht Erbin der Bretagne, nicht … Ordensschwester. Zumindest noch nicht. Gerloc schenkte ihr jedoch die Möglichkeit, es zu sein.
    Sie dachte lange nach, das verbrannte Holz zerfiel zu Asche. Gerlocs ausdrucksloses Lächeln schien plötzlich nicht mehr verlogen, das Schweigen nicht mehr befremdlich. Es war verführerisch, sich in beides zu flüchten. Für heute, für immer.
    »Ja, ich möchte ins Kloster gehen«, sagte Mathilda plötzlich. »Nicht in eines der großen Städte … sondern in ein einsames … weit weg von allem.«
    So wie Saint-Ambrose. Sie würde beten, sie würde fasten, sie würde in einem Skriptorium Texte abschreiben. Sie würde wieder eine Gefährtin wie Maura finden, deren Gedanken und Gefühle sie nicht mühsam würde zu ergründen versuchen wie die Gerlocs, sondern die von gleichem Trachten getrieben war wie sie: Gott zu dienen, die Welt zu vergessen, sich selbst nicht zu beachten.
    Gerloc erhob sich und hörte zu lächeln auf.
    »Hast du manchmal Heimweh gehabt?«, fragte Mathilda, ahnend, dass sie für immer scheiden würden.
    »Nein«, kam es schroff. »Nie.«
    »Gerloc …«
    »Ich heiße Adela.«
    Mathilda seufzte. »Ich werde für dich beten, ganz gleich, wie du jetzt heißt.«
    Gerloc sah Mathilda an. »Manchmal«, sagte sie dann, »manchmal.«
    Mathilda war nicht sicher, was sie meinte – dass es genügen würde, nur manchmal für sie zu beten, oder dass sie manchmal doch Heimweh gehabt hatte.
    Sprota hatte nie recht verstanden, was Menschen meinten, wenn sie vom Glück sprachen. Manchmal dachte sie, dass Glück das war, was ein Schmetterling fühlte, wenn er an einem Sommertag über eine Blumenwiese flatterte. Aber Menschen konnten nicht fliegen und Schmetterlinge nur einen Sommer genießen, ehe der Herbst kam. Besser war es

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