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Kinder des Holocaust

Kinder des Holocaust

Titel: Kinder des Holocaust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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wissen Sie doch, Bonny.« Auch seine Stimme klang nach Resignation.
    »Er wird's jedem erzählen«, sagte Bonny und schaute hinüber zu Bluthgeld, der nun Barnes gegenüber wiederholte, was er eben ihr und Stockstill vorgetragen hatte. »Dann wird rauskommen, wer er ist, und man wird ihn umbringen, genau wie er's befürchtet. So gesehen, hat er recht.«
    »Ich kann ihn nicht hindern«, sagte Stockstill matt.
    »Anscheinend sind die Folgen Ihnen im großen und ganzen gleichgültig«, sagte sie. Er zuckte mit den Achseln. »Hör zu, Jack«, sagte sie, indem sie wieder zu Bluthgeld trat, »laß uns alle zu Gill gehen, wir sprechen mit diesem Neger, und ich würde wetten, dabei stellt sich heraus, daß er dich an dem bewußten Tag überhaupt nicht bemerkt hat. Möchtest du mit mir wetten? Ich würde fünfundzwanzig Cent in Silber wetten.«
    »Wieso behaupten Sie, Sie hätten den Krieg verursacht?« erkundigte sich Barnes bei Bluthgeld. Mit einer Miene der Verwunderung wandte er sich an Bonny. »Was ist das, etwa eine Kriegspsychose? Er besteht darauf, der Krieg ginge jetzt noch einmal los.« Er widmete seine Aufmerksamkeit von neuem Bluthgeld. »Es ist unmöglich, daß sich so was wiederholt. Dafür kann ich Ihnen fünfzig verschiedene Gründe nennen. Zuerst einmal sind keine Wasserstoffbomben mehr übrig. Zweitens...«
    »Sei still«, sagte Bonny, indem sie eine Hand auf Barnes' Schulter legte. »Komm, wir wollen alle zusammen das Satellitenprogramm hören gehen«, sagte sie zu Bluthgeld. »Einverstanden?«
    »Was ist das Satellitenprogramm?« munkelte Bluthgeld.
    »Du lieber Gott«, sagte Barnes. »Er hat gar keine Ahnung, wovon du sprichst. Er ist geistesgestört.« Er rief hinüber zu Stockstill. »Hören Sie mal, Doktor, liegt Schizophrenie nicht vor, wenn eine Person den Kontakt zur Kultur und ihren Werten verliert? Na, der Mann hier hat zu alldem keine Verbindung mehr. Hören Sie sich nur an, was er daherredet.«
    »Ich hör's«, antwortete Stockstill im Tonfall der Zerstreutheit.
    »Doktor«, sagte Bonny zu ihm, »Jack Tree liegt mir sehr am Herzen. Er ist in der Vergangenheit fast etwas wie ein Vater für mich gewesen. Um Himmels willen, tun Sie doch etwas für ihn. Ich kann es nicht mitansehen, wie er sich in diesem Zustand befindet. Ich kann's nicht ertragen.«
    Stockstill bereitete in einer Gebärde der Ratlosigkeit die Arme aus. »Bonny, Sie denken wie ein Kind«, erwiderte er. »Sie glauben, daß sich alles erreichen läßt, wenn Sie's nur nachdrücklich genug wollen. Das ist Wunschdenken. Ich kann ... Jack Tree nicht helfen.« Er drehte sich um und lief ein paar Schritte in die Richtung zur Ortschaft. »Kommen Sie«, rief er über die Schulter. »Wir tun, was Mrs. Keller vorgeschlagen hat, wir setzen uns in den Förstersaal und hören uns zwanzig Minuten lang den Satelliten an, und danach wird uns allen wohler zumute sein.«
    »Lassen Sie mich aufzeigen«, sagte Barnes außerordentlich ernsthaft zu Jack Tree, »wo in Ihrer Logik der Fehler steckt. Sie haben am Tag X eine bestimmte Person gesehen, einen Neger. Na schön. Und heute, sieben Jahre später ...«
    »Halt den Mund«, sagte Bonny und drückte ihre Finger in seinen Arm. »Um Gottes willen ...« Sie ging weiter und holte Dr. Stockstill ein. »Ich kann's nicht aushalten«, sagte sie. »Ich weiß, daß es jetzt mit ihm zu Ende geht ... Dies Wiedersehen mit dem Neger wird er nicht durchstehen.« Tränen quollen ihr in die Augen; sie spürte, wie sie hinabrannen, ihr vom Gesicht tropften. »Gottverdammt«, sagte sie und lief so schnell wie möglich, eilte den anderen in der Richtung der Ortschaft und des Forstamtes voraus. Nicht einmal was vom Satelliten zu wissen. Derartig von allem abgeschnitten zu sein, so heruntergekommen ... Ich war mir gar nicht in vollem Umfang über seine Verfassung im klaren. Wie soll ich das bloß ertragen können? Wie ist so etwas überhaupt möglich? Und früher war er einmal ein so brillanter Mann. Ein Prominenter, der im Fernsehen aufgetreten ist und Artikel geschrieben, der doziert und an Debatten teilgenommen hat ...«
    »Ich weiß genau, daß es derselbe Mann ist, Stockstill«, faselte hinter ihr Bluthgeld. »Ich bin ihm auf der Straße begegnet. Ich habe im Lebensmittelgeschäft Nahrungsmittel gekauft. Er hat mir den gleichen sonderbaren Blick zugeworfen, als wolle er mich verhöhnen, aber diesmal wußte er, daß es von vorn losgeht, wenn er mich verspottet, diesmal hat er Furcht gehabt. Er hat's ja einmal erlebt, und

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