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Kinder des Holocaust

Kinder des Holocaust

Titel: Kinder des Holocaust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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murmelte er auf seine tonlose Art und Weise, stierte sie unterdessen blicklos an. Seine eigenen Vorstellungen beherrschten ihn vollständig, die wechselhaften Gedankengänge seines umnachteten Verstandes nahmen ihn vollauf in Anspruch. »So leid's mir tut, aber ich werde als erstes versuchsweise wieder die Bomben in der Stratosphäre zünden, so wie's früher angefangen hat, und wenn das nicht genügen sollte, werde ich es noch einmal Bomben hageln lassen, sie werden auf jeden hier unten fallen. Bitte verzeih mir, Bonny, aber ich muß mich doch schützen, mein Gott.« Er versuchte zu lächeln, doch sein zahnloser Mund brachte nicht mehr als ein verzerrtes Zucken zustande.
    »Kannst du so was wirklich bewirken, Bruno?« fragte Bonny. »Bist du sicher?«
    »Ja«, bestätigte er und nickte. Und er war sich seiner Sache vollkommen sicher; er war hinsichtlich seiner Gabe immer sicher gewesen. Er hatte den Krieg einmal über die Menschheit gebracht, und er konnte es, falls sie ihn zu sehr drangsalierten, nochmals tun.
    Bonny sah in seinen Augen keine Spur von Zweifel, keinerlei Zögern. »Das ist eine schreckliche, ungeheuer große Macht für einen einzelnen Menschen«, sagte sie zu ihm. »Ist das nicht seltsam, daß ein Einzelner soviel Macht besitzen soll?«
    »Ja«, sagte er. »Es ist alle Macht der Welt zusammengeballt. Und ich stehe in ihrem Mittelpunkt. Gott hat es so gewollt.«
    »Was für einen Fehler Gott da begangen hat«, sagte sie.
    Bruno glotzte sie trostlos an. »Du also auch«, sagte er. »Ich hatte gedacht, daß du dich nie gegen mich stellen würdest, Bonny.«
    Sie gab keine Antwort; sie ging zu einem freien Platz und setzte sich hin. Sie beachtete Bruno nicht mehr. Dazu war sie schlichtweg nicht länger imstande; im Verlauf der Jahre hatte sie sich für ihn bis zum äußersten Verschleiß verwendet, und nun konnte sie nichts mehr für ihn tun.
    Stockstill, der in ihrer Nähe saß, beugte sich zu ihr herüber. »Wissen Sie was?« flüsterte er. »Der Farbige ist hier im Saal.«
    »Ja.« Sie nickte. »Ich weiß.« Sie saß aufrecht und steif da, richtete ihre Aufmerksamkeit ganz auf die Worte aus dem Radio, lauschte Dangerfield, darum bemüht, jeden und alles rings um sich zu vergessen.
    Mir ist von nun an alles aus den Händen genommen, sagte sie sich. Was er auch macht, was auch aus ihm wird, es ist nicht meine Schuld. Was auch geschehen sollte ... mit ihm und uns allen. Ich kann die Verantwortung nicht mehr übernehmen. Diese Bürde hat zu lange auf mir gelastet, und ich bin froh, sie endlich abgeschüttelt zu haben. Was für eine Erleichterung, dachte sie. Gott sei Dank.

    Jetzt muß er erneut ausbrechen, der Krieg, dachte Bruno Bluthgeld. Weil es keine Wahl gibt. Es wird mir so aufgezwungen. Es ist bedauerlich wegen der Menschen. Sie werden alle zu leiden haben, aber vielleicht gehen sie diesmal endlich geläutert daraus hervor. Womöglich ist das auf lange Sicht die beste Lösung.
    Er setzte sich auf einen Stuhl, faltete die Hände, schloß die Augen und konzentrierte sich auf die Aufgabe, seine Kräfte zu sammeln. Ballt euch zusammen, sagte er zu ihnen, den Kräften, die ihm rund um die ganze Welt zur Verfügung standen. Vereint euch, zieht eure volle Gewalt zusammen, so wie früher. Ihr werdet wieder gebraucht, ihr Kräfte der Läuterung.
    Die Stimme aus dem Lautsprecher des Radios jedoch störte ihn und erschwerte ihm die Konzentration. Ich darf nicht abgelenkt werden, dachte er, indem er seine Bemühungen unterbrach. Das ist wider den Plan. Wer ist das, der da redet? Alle hören sie zu ... Erhalten sie von ihm ihre Anweisungen? Ist es das?
    »Wer ist das, dem wir hier zuhören?« wandte er sich an den Mann, der neben ihm saß.
    Der ältere Mann drehte sich ihm gereizt zu und betrachtete ihn. »Na, das ist Walt Dangerfield«, antwortete er im Tonfall restloser Ungläubigkeit.
    »Ich habe noch nie von ihm gehört«, sagte Bruno. Er hatte nie von so jemandem etwas hören wollen. »Von wo aus spricht er?«
    »Vom Satelliten«, sagte der ältere Mann barsch und widmete sich wieder dem Zuhören.
    Jetzt entsinne ich mich, dachte Bruno. Deshalb sind wir hier. Um dem Satelliten zuzuhören. Dem Mann, der aus dem Satelliten dort oben zu uns spricht. Es habe nun ein Ende mit dir, dachte er zum Himmel hinauf. Schluß mit deiner Existenz, weil du mich absichtlich belästigst und mich in meinem Wirken behinderst. Bruno wartete, aber die Stimme redete weiter.
    »Warum hört er nicht auf?« fragte er den Mann, der

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