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Kinder des Holocaust

Kinder des Holocaust

Titel: Kinder des Holocaust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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wieder möglich sein.«
    »Ich bezweifle es«, meinte Bonny. »Aber 's ist mir sowieso gleich. Damals war keineswegs alles so sonderlich gut. Es genügt, wenn überhaupt irgend etwas gebaut wird.«
    »Bonny«, fragte Gill, indem er sich umschaute, um sich dessen zu vergewissern, daß Orion sie nicht belauschen konnte, »warum begleitest du Stuart und mich nicht?«
    »Wozu?« fragte sie erstaunt zurück.
    »Es täte dir gut, endlich mit George zu brechen. Und zwar am besten endgültig. Du solltest das für ihn und genauso für dich tun.«
    Sie nickte. »Aber ...« Nichtsdestoweniger schien ihr so etwas schlichtweg nicht in Frage zu kommen. Irgendwie schien es zu weit zu gehen. Der äußere Anschein bliebe nicht gewahrt. »Dann wüßte jeder über uns Bescheid«, sagte sie. »Meinst du nicht auch?«
    »Bonny, das weiß doch ohnehin längst jeder«, sagte Gill.
    »Oh.« Ernüchtert nickte sie ergeben vor sich hin. »Ach, was für eine Überraschung. Offenbar habe ich bisher ein Leben des
    Selbstbetrugs geführt.«
    »Komm mit uns nach Berkeley«, riet Gill, »und mach einen neuen Anfang. In gewissem Sinn ist's genau das, was ich auch zu tun beabsichtige, die Reise nach Berkeley ist symbolisch für das Ende des Zigarettendrehens per Hand, Stück um Stück auf einem Tuch und mit einem Dreher. Sie bedeutet, daß ich künftig eine wahrhaftige Fabrik im alten Sinne haben werde, so eine, wie's sie vor dem Krieg gab.«
    »Der alte Sinn, den die Dinge vor dem Krieg hatten, war der überhaupt so gut?« sann Bonny.
    »Ja«, behauptete Gill. »Ich bin's verflucht leid, ganz einfach satt, Zigaretten mit der Hand zu drehen. Jahrelang habe ich schon versucht, das zu ändern, und nun hat Stuart mir einen Weg gewiesen. Ich hoff's jedenfalls.« Er drückte den Daumen.
    Sie gelangten zu seiner Fabrik, und dort befanden sich hinten seine Arbeiter bei ihrer Tätigkeit, drehten unablässig Zigaretten. Mit diesem Bestandteil unseres Lebens wird also bald für immer Schluß sein, dachte Bonny. Ich muß wohl sentimental sein, denn irgendwie trauere ich ihm nach. Aber Gill hat recht. Das ist keine vernünftige Methode zum Herstellen von Waren, so geht es zu umständlich, zu langsam. Wenn man es genau nimmt, werden damit viel zu wenig Zigaretten hergestellt. Mit richtigen Maschinen könnte Andrew den gesamten Landkreis beliefern – vorausgesetzt, daß auch die Beförderungsmittel vorhanden sind, Möglichkeiten zum Vertrieb.
    Stuart McConchie hockte zwischen den Arbeitern vor einem Faß mit Gills Feinschnitt-Ersatztabak und begutachtete ihn. Na, entweder hat er inzwischen Andrews spezielles DeluxeRezept, dachte Bonny, oder er ist tatsächlich nicht daran interessiert. »Hallo«, sprach sie ihn an. »Können Sie all die vielen Zigaretten auch verkaufen, sobald die Massenproduktion angelaufen ist? Haben Sie diesen Teil des Geschäfts auch durchdacht?«
    »Jawohl«, versicherte McConchie. »Wir haben Pläne für einen auf Massenproduktion beruhenden Vertrieb ausgearbeitet. Mein Chef, Mr. Hardy ...«
    »Sie brauchen sich nicht in Einzelheiten über den Großumsatz zu ergehen«, unterbracht sie ihn. »Ich glaub's Ihnen auch so. Ich war bloß neugierig.« Sie musterte ihn mit prüfendem Blick. »Andy möchte, daß ich nach Berkeley mitkomme. Was halten Sie davon?«
    »Sicher, warum nicht?« lautete seine vage Entgegnung.
    »Ich könnte ja bei Ihnen als Empfangsdame anfangen«, sagte Bonny. »In Ihrer Hauptverwaltung. Direkt im Stadtzentrum. Stimmt's?«
    Sie lachte, aber weder Stuart McConchie noch Gill schloß sich ihrer Erheiterung an. »Ist das ein heiliges Thema?« fragte sie. »Mache ich etwa Scherze mit geheiligten Angelegenheiten? Falls ja, Entschuldigung.«
    »Schon gut«, sagte McConchie. »Wir sind nur noch ein bißchen sorgenvoll. Einige kleinere Fragen müssen noch geklärt werden.«
    »Kann sein, ich komme wirklich mit«, sagte Bonny. »Vielleicht könnte ich so wenigstens meine finanziellen Probleme lösen.«
    Nun war es an McConchie, sie aufmerksam zu betrachten. »Was haben Sie denn für Probleme? Das hier ist doch eine nette Gegend, in der Ihre Tochter aufwachsen darf, und Ihr Mann ist Leiter der ...«
    »Bitte ersparen Sie mir eine Aufzählung all dessen, mit was ich gesegnet bin«, fiel sie ihm ins Wort. »Bloß das nicht.« Sie entfernte sich und gesellte sich zu Gill, der gerade Zigaretten in eine Blechdose packte, um daraus ein Präsent für den Phokomelus zu machen.
    Wie unschuldig die Welt doch ist, dachte sie. Selbst jetzt

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