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Kinder des Holocaust

Kinder des Holocaust

Titel: Kinder des Holocaust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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funktionierte der Apparat aus irgendeinem Grund nicht mehr, aber er fühlte sich zu krank, um sich sonderlich dafür zu interessieren; er schaltete das Mikrofon wieder an, in der Absicht, seine Mitteilung diesmal live nach unten durchzugeben. Die Menschen, die sie empfingen, mußten eben von sich aus für ihre Verbreitung sorgen; es gab keine andere Möglichkeit.
    »Meine lieben Freunde«, begann er erneut, »hier spricht Walt Dangerfield. Ich habe euch eine traurige Neuigkeit zu übermitteln, aber es ...« Da merkte er, er sprach in ein Mikrofon, das nichts aufnahm. Der Lautsprecher über seinem Kopf war stumm geworden; der Sender arbeitete nicht mehr. Andernfalls hätte er über das Kontrollsystem seine eigene Stimme hören können.
    Während er an seinem Platz saß und zu ersehen versuchte, was nicht stimmen mochte, fiel ihm etwas anderes auf, ein Geschehen, das noch viel seltsamer und rätselhafter wirkte.
    Ringsherum hatten alle möglichen Systeme tätig zu werden begonnen. Einige von ihnen, das bemerkte er erst jetzt, mußten schon seit längerem arbeiten. Die Rekorderdecks und Abspielanlagen des Hochleistungssenders, den er nie benutzt hatte, befanden sich auf einmal in Betrieb; die Spulen drehten sich zum erstenmal seit sieben Jahren. Vor seinen Augen klickten und knackten Relais, fanden Schaltvorgänge statt; eine Spule stand still, eine andere fing an – diesmal mit Normalgeschwindigkeit –, sich zu drehen.
    Das begreife ich nicht, gestand er sich ein. W as geht hier vor?
    Offenbar nahmen die Systeme mit Hochleistungsgeschwindigkeit ihre Arbeit auf, und eines hatte nun mit Wiederabspielen angefangen; doch durch was waren diese Vorgänge ausgelöst worden? Er hatte es jedenfalls nicht in die Wege geleitet. Die Anzeigen wiesen darauf hin, daß der Sender des Satelliten aktiv war, und im gleichen Moment, in dem er diese Tatsache bemerkte, erkannte er, daß angekommene Mitteilungen nun über den Sender wieder nach unten abgingen, und er hörte, daß plötzlich auch der Lautsprecher wieder funktionierte.
    »Huuudi-huudi-hu«, sang mit einem Auflachen eine Stimme – seine Stimme. »Hier spricht euer alter Kumpel Walt Dangerfield, liebe Leute, und nehmt mir bloß diese Streichmusik nicht übel. Damit ist jetzt Schluß.«
    Wann habe ich denn das gesagt? überlegte Dangerfield, während er regelrecht benommen lauschte. Er war verwirrt und bestürzt. Seine Stimme klang so lebenstüchtig, so voller Schwung. Wie soll das möglich sein, daß sie heute noch so klingt? fragte er sich. So hat sie vor Jahren geklungen, als ich noch gesund war, als sie noch gelebt hat.
    »Tja«, sprach seine Stimme leise weiter, »um noch einmal auf das Unwohlsein zurückzukommen, unter dem ich gelitten habe ... Offenbar haben sich Mäuse in den Vorratsschränken eingenistet, und ihr werdet euch da unten sicherlich halb totlachen bei der Vorstellung, daß Walt Dangerfield sich hier oben in der Umlaufbahn mit Mäusen herumschlagen muß, aber es ist leider die Wahrheit. Jedenfalls, ein Teil meiner Vorräte ist verdorben, ohne daß ich's gemerkt hatte – und dadurch ist so manche Mahlzeit meiner Verdauung ganz und gar nicht bekommen. Aber jetzt« – er hörte sein eigenes, gewohntes Auflachen – »bin ich wieder in Bestform. Ich weiß, ihr werdet euch jetzt riesig freuen, das zu hören, all ihr lieben Leutchen da unten, die ihr so liebenswürdig gewesen seid, mir mit euren Funksprüchen zahllose Genesungswünsche zu übermitteln, für die ich euch jetzt meinen ganz herzlichen Dank ausspreche.«
    Walt Dangerfield verließ seinen Sitz vor dem Mikrofon, schleppte sich auf wackligen Beinen zurück zur Koje; er streckte sich aus und schloß die Augen, dachte von neuem über den Schmerz in seiner Brust nach und überlegte, was er bedeuten könne. Angina pectoris soll sich wie eine Faust anfühlen, die das Herz umklammert, dachte er, aber dieser Schmerz ist mehr wie ein Brennen. Wenn ich mir noch einmal die medizinischen Daten auf den Mikrofilmen ansehen könnte ... vielleicht habe ich irgendwelche Fakten übersehen. Zum Beispiel spüre ich den Schmerz direkt unter dem Brustbein, nicht an der linken Seite. Hat das etwas zu besagen?
    Oder liegt vielleicht noch keine organische Erkrankung vor? fragte er sich und versuchte, sich nochmals aufzuraffen. Vielleicht hat Stockstill, der Psychiater, der mir empfohlen hat, Kohlendioxyd zu atmen, völlig recht. Kann sein, die Beschwerden gehen wahrhaftig bloß von meinem Gehirn aus, eine Folge einer

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