Kinder des Holocaust
Neues? Ihr wißt sicher schon über unseren Volksfeind Nummer Eins Bescheid, den ehemaligen Atomphysiker, an den wir uns alle noch so gut erinnern. Unseren guten, alten Freund und Kupferstecher Dr. Bruno Bluthgeld. Ich nehme doch an, ihr habt inzwischen mitgekriegt, daß der gute Dr. Bluthgeld nicht länger unter uns weilt? Jawohl, es ist wirklich wahr!«
»Ich habe 'n entsprechendes Gerücht gehört«, sagte Mr. Hardy aufgeregt. »Ein Vertreter, der sich von einem Ballon hat mitnehmen lassen und aus dem Kreis Marin gekommen ist ...«
»Scht«, machte Ella Hardy, die eindringlich lauschte.
»Tja, wirklich und wahrhaftig, liebe Freunde«, sagte Dangerfield, »ein bestimmter Bürger Nordkaliforniens hat sich jetzt ein für allemal Dr. Bluthgelds angenommen. Und wir schulden diesem einen, einzelnen Mitbürger schier grenzenlosen Dank, denn ... Ja, also, liebe Leute, stellt euch mal folgendes vor – dieser Bürger ist ein wenig gehandikapt. Und dennoch hat er geschafft, was keinem anderen jemals gelungen wäre.« Plötzlich hörte Dangerfields Stimme sich hart und unerbittlich an, sprach in einem Tonfall, dessen er sich noch nie befleißigt hatte. Voller Mißbehagen sahen die Anwesenden einander an. »Ich spreche von Hoppy Harrington, meine Freunde. Den Namen kennt ihr nicht? Das solltet ihr aber, denn ohne Hoppy Harrington wäre kein einziger von euch noch am Leben.« Hardy, der sich, die Stirn gerunzelt, am Kinn kratzte, warf Ella einen Blick der wortlosen Fragestellung zu.
»Dieser Hoppy Harrington«, sprach Dangerfield weiter, »hat Dr. Bluthgeld aus einer Entfernung von gut sechs Kilometern ganz einfach zerschmettert, und das fiel ihm sogar leicht. Ganz leicht. Ihr glaubt, es wäre unmöglich, daß jemand sich über sechs Kilometer hinweg einen anderen packt und vorknöpft? So einer müßte ja seeeeeehr lange Arme haben, was liebe Leutchen? Und mächtig starke Hände. Na, Leute, ich will euch was verraten, das noch viel bemerkenswerter ist.« Die Stimme verfiel in einen vertraulichen Ton; ihre Lautstärke sank beinahe zu einem Flüstern herab. »Hoppy Harrington hat überhaupt keine Arme und Hände.« Und dann schwieg Dangerfield.
»Andrew«, äußerte Bonny ruhig, »das ist er, nicht wahr?«
»Ja, Liebes«, antwortete Gill, indem er sich auf seinem Stuhl zu ihr umdrehte. »Ich glaube, ja.«
»Wer?« fragte Stuart McConchie.
Die Stimme aus dem Radiogerät begann von neuem, diesmal gelassener, aber gleichzeitig in freudloserem Tonfall. Sie klang schroff und unfreundlich. »Es ist ein Versuch gemacht worden«, stellte sie fest, »Mr. Harrington für seine Großtat zu belohnen. Es war ein kläglicher Versuch. Man hat ihm zur Belohnung ein paar Zigaretten und miesen Fusel gebracht – falls man das eine ›Belohnung‹ nennen kann. Dazu hat ein jämmerlicher Lokalpolitikus ein paar hohle Phrasen heruntergeleiert. Das war alles – mehr mochte man dem Mann nicht bieten, der uns alle gerettet hat. Vermutlich hat man gedacht...«
»Das ist nicht Dangerfield«, sagte Ella Hardy.
»Wer ist das?« wandte sich Mr. Hardy an Gill und Bonny. »Sagen Sie's uns.«
»Das ist Hoppy Harrington selbst«, antwortete Bonny. Gill nickte.
»Ist er oben?« fragte Stuart. »Im Satelliten?«
»Keine Ahnung«, sagte Bonny. Doch was spielte das für eine Rolle? »Aber er hat ihn unter seine Kontrolle gebracht, darauf kommt's an.« Und wir haben gemeint, wir könnten uns allem entziehen, indem wir nach Berkeley gehen, dachte sie. Wir haben geglaubt, daß wir von nun an nichts mehr mit Hoppy zu schaffen hätten. »Überrascht bin ich eigentlich nicht«, fügte sie hinzu. »Er hat sich wohl seit längerem darauf vorbereitet. Alles andere, was er getrieben hat, war bloß zur Probe, alles lief auf die Übernahme des Satelliten hinaus.«
»Aber jetzt genug davon«, erklärte die Stimme aus dem Radio in nunmehr wieder umgänglicherem Ton. »Ihr werdet noch mehr von dem Mann hören, der uns alle gerettet hat, ich werde euch von Zeit zu Zeit auf dem Laufenden halten – euer alter Walt wird ihm das nicht vergessen. Aber nun ein bißchen Musik. Wie wär's zur Abwechslung mit etwas waschechter Musik vom fünfsaitigen Banjo? Echte, richtige, althergebrachte amerikanische Folk-Musik ... ›Draußen auf Pennys Farm‹, gespielt von Pete Seeger, dem größten unserer FolkMusiker.«
Eine kurze Pause folgte, dann dröhnten urplötzlich die Klänge eines Sinfonieorchesters in vollem Einsatz aus dem Lautsprecher.
»Hoppy hat anscheinend noch
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