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Kinder des Holocaust

Kinder des Holocaust

Titel: Kinder des Holocaust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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und weshalb sollte ich was gegen Ratten haben? Ich mag Ratten gut leiden.«
    »Ich mag sie auch«, sagte Stuart, »aber man muß praktisch sein. Man muß an die Zukunft denken. Womöglich übernehmen eines Tages die Ratten ganz Amerika, wenn wir uns nicht rechtzeitig zur Wehr setzen. Wir sind's unserem Vaterland schuldig, Ratten zu fangen und umzubringen, vor allem die klügeren Tiere, die von Natur aus zu Anführern taugen.«
    Der Veteran musterte ihn. »Das ist doch nur Verkaufsgeschwätz, sonst nichts.«
    »Das ist mein voller Ernst.«
    »Das ist es ja, was mir an Geschäftsleuten so mißfällt, sie glauben ihr eigenes unwahres Gerede. Ihnen ist doch auch klar, daß selbst die gescheiteste Ratte, und könnte ihresgleichen sich noch 'ne Million Jahre lang weiterentwickeln, nie was anderes werden würde als bestenfalls ein kleiner Helfer des Menschen. Sie könnten Botengänge erledigen und vielleicht 'n bißchen handwerkliche Arbeit verrichten. Aber gefährlich ...« Er schüttelte den Kopf. »Was kostet so eine Falle?«
    »Zehn Dollar in Silber. Notgeld wird nicht genommen. Mr. Hardy ist ein alter Mann, und Sie wissen ja, wie alte Leute sind, er meint, das Notgeld ist gar kein richtiges Geld.« Stuart lachte.
    »Lassen Sie mich mal von einer Ratte erzählen, die ich kannte und die eine wahre Heldentat vollbracht hat«, begann der Kriegsbeschädigte, doch Stuart fiel ihm ins Wort.
    »Ich habe meine eigene Meinung über Ratten«, sagte er. »Es hat keinen Zweck, daß wir lange darüber diskutieren.«
    Daraufhin bewahrten sie beide Schweigen. Stuart genoß den Ausblick auf die Bucht, der sich ihm nach allen Seiten bot; der Veteran ruderte. Das Wetter an diesem Tag war recht heiter, und während sie nach San Franzisko hinüberschaukelten, dachte Stuart an die elektronischen Teile, die er Mr. Hardy möglicherweise mitbringen konnte, an die Werkstatt an der San Pablo Avenue, in der Nähe der Ruinen dessen, was einmal die westliche Seite der Universität von Kalifornien gewesen war.
    »Was für 'ne Sorte Zigarette ist das?« wollte schließlich der Kriegsbeschädigte wissen.
    »Das?« Stuart betrachtete die Kippe; er war schon drauf und dran, sie in die Blechbüchse in seiner Tasche zu stecken. Die Dose war voller Kippen, die Tom Frandi, der örtliche Zigarettenmann im südlichen Berkeley, demnächst aufreißen und zu neuen Zigaretten verarbeiten würde. »Das ist Import«, sagte er. »Aus dem Kreis West Marin. Eine Spezial Deluxe Gold, die von ...« Wichtigtuerisch verstummte er. »Ich nehme an, ich brauch's Ihnen nicht zu sagen.«
    »Von Andrew Gill werden sie hergestellt«, sagte der Veteran. »Hören Sie, ich würde Ihnen gern eine ganze Zigarette abkaufen. Ich zahle Ihnen 'n Zehner.«
    »Sie sind pro Stück fünfzehn Cent wert«, sagte Stuart. »Sie müssen von irgendwo hinter Nicasio aus die ganze Strecke über Black Point und Sear's Point und die Lucas Valley Road befördert werden.«
    »Einmal habe ich schon eine von Andrew Gills Spezial Deluxe Gold geraucht«, sagte der Kriegsbeschädigte. »Sie war einem Mann aus der Tasche gerutscht, der an Bord der Fähre gegangen ist. Ich habe sie aus dem Wasser gefischt und getrocknet.« Unvermittelt reichte Stuart ihm den Stummel. »Um Himmels willen«, entfuhr es dem Kriegsbeschädigten. Er schaute Stuart nicht direkt an. Er ruderte schneller, bewegte die Lippen und zwinkerte mit den Lidern.
    »Ich habe noch mehr«, sagte Stuart.
    »Ich will Ihnen sagen, was Sie noch haben, Mister«, sagte der Kriegsbeschädigte. »Sie haben wirklich noch Menschlichkeit im Leib, und so was ist heute echt selten geworden. Sehr selten.«
    Stuart nickte. Er spürte die Wahrheit in dieser Äußerung des Kriegsbeschädigten.
    »Jack?« rief Bonny, indem sie an die Tür des kleinen Blockhauses klopfte. »Bist du da?« Sie packte den Türgriff und merkte, die Tür war verschlossen. »Wahrscheinlich ist er irgendwo draußen bei der Herde«, wandte sie sich an Mr. Barnes. »Gegenwärtig ist Wurfzeit, und er hat mit allerlei Schwierigkeiten zu kämpfen, weil zahlreiche Mißbildungen zur Welt kommen, und viele davon gelangen ohne Nachhilfe nicht durch den Geburtskanal.«
    »Wieviel Schafe hat er denn?« fragte Barnes.
    »Dreihundert. Sie weiden hier ringsherum in den Canyons, völlig frei, sie genau zu zählen, ist also unmöglich. Sie fürchten sich doch nicht vor Widdern, oder?«
    »Nein«, sagte Barnes.
    »Na gut, dann gehen wir mal hin«, sagte Bonny.
    »Und er ist also der Mann, den der

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