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Kinder des Holocaust

Kinder des Holocaust

Titel: Kinder des Holocaust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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voraus, und Barnes sah auf einer Anhöhe einen Hund stehen und sie beobachten. Auf den ersten Blick erkannte er in ihm eine außergewöhnliche Mutation, eine von positiver Natur; das Gesicht des Hundes zeugte von Intelligenz, einer völlig neuen Stufe der Intelligenz.
    »Ich habe nicht die Absicht, mich an den Schafen zu vergreifen«, beteuerte Barnes. »Der Hund wird doch nichts gegen uns haben, oder? Kennt er Sie?«
    »Deshalb begleite ich Sie ja, weil der Hund hier aufpaßt«, erklärte Bonny. »Jack hat nur den einen. Aber er reicht völlig aus.«
    Nun kam der Hund ihnen entgegengetrottet.
    Er mußte, überlegte Barnes, von den früher so vertrauten, grauen oder schwarzen Deutschen Schäferhunden abstammen; Nase und Schnauze ließen sich noch erkennen. Aber jetzt ... Verkrampft wartete Barnes ab, während der Hund näherkam. Natürlich trug er in seiner Tasche ein Messer mit, und es war bereits etliche Male seine letzte Rettung gewesen, aber in diesem Fall ... diesmal wäre es bestimmt eine unzureichende Waffe gewesen. Er blieb dicht neben der Frau, die unbesorgt weiterging.
    »Hallo«, sagte sie zu dem Hund.
    Als der Hund vor ihnen stehenblieb, öffnete er das Maul und stieß eine Art von Geächze aus. Der Laut klang schauerlich, und es lief Barnes eisig über den Rücken; die Töne hörten sich an, als stöhne ein Spastiker, ein schwerbehinderter Mensch, der mit Sprechwerkzeugen etwas von sich zu geben versuchte, die ihm nicht gehorchten. Barnes meinte, er könne aus dem Ächzen dies oder jenes Wort heraushören, doch sicher war er nicht. Bonny dagegen verstand den Hund allem Anschein nach sehr gut.
    »Braver Terry«, sagte sie zu dem Hund. »Vielen Dank, braver Terry.« Der Hund wedelte mit dem Schweif. »Wenn wir den Pfad entlanggehen«, sagte Bonny zu Barnes, »treffen wir ihn nach etwa einem halben Kilometer.« Sie setzte den Weg dorthin fort.
    »Was hat der Hund geäußert?« erkundigte er sich, sobald sie sich außerhalb der Hörweite des Tieres befanden.
    Bonny lachte. Barnes ärgerte sich darüber, und verzog verdrossen das Gesicht. »Ach du lieber Gott«, sagte Bonny, »er hat praktisch eine Million Jahre Evolution übersprungen – ein wahres Wunder in der Entwicklung des Lebens, kann man wohl sagen –, und Sie können nicht verstehen, was er sagt.« Sie rieb sich die Augen. »Entschuldigung, aber das ist einfach zu komisch. Ich bin froh, daß Sie nicht gefragt haben, solange er uns noch hören konnte.«
    »Ich bin nicht allzu beeindruckt«, sagte er voller Trotz. »Wirklich nicht besonders. Sie haben immer nur in dieser kleinkarierten ländlichen Gegend gelebt, und anscheinend bedeutet Ihnen das Dasein hier recht viel, aber ich bin viel herumgekommen, die Küste rauf und runter, und ich habe Dinge gesehen, die Ihnen ...« Er verstummte. »Das ist gar nichts, dieser Hund. Im Vergleich zu so manchem ist er gar nichts, obwohl er, für sich betrachtet, vermute ich, schon ein ganz bemerkens
    wertes Exemplar ist.«
    Bonny, die noch immer lachte, nahm seinen Arm. »Ja, Sie kommen eben aus der Großen Welt. Sie haben alles gesehen, was überall los ist. Sie haben recht. Was gibt's dort zu sehen, Barnes? Sehen Sie, mein Mann ist Ihr Vorgesetzter, und Orion Stroud ist wiederum sein Chef. Warum sind Sie hergekommen? Ist's hier so beschaulich? So unkompliziert? Ich glaube, hier läßt's sich gut leben, jawohl. Unsere Gemeinde besteht aus einer stabilen Gemeinschaft. Aber wie Sie selbst andeuten, große Wunder gibt es hier so gut wie nicht. Wir kennen hier kaum so etwas wie all die Absonderlichkeiten und Freaks, wie man sie in den Großstädten findet, weil dort die Strahlung viel stärker gewesen ist. Ach, natürlich haben wir Hoppy.«
    »Meine Güte«, sagte Barnes. »Phokos hat's heute wie Sand am Meer. Man läuft ihnen überall über den Weg.«
    »Trotzdem haben Sie hier eine Stelle angetreten«, sagte Bonny und musterte ihn.
    »Den Grund habe ich Ihnen gesagt. Ich hatte politischen Ärger mit kleingeistigen Lokalgrößen der soundsovielsten Garnitur, die sich für Könige in einem eigenen Königreich hielten.«
    »Mr. Austurius war auch an politischen Fragen interessiert«, sagte Bonny nachdenklich. »Und an Psychologie, so wie Sie.« Sie betrachtete ihn fortgesetzt, während sie weitergingen. »Er sah nicht so gut aus wie Sie. Er hatte einen kleinen, runden Kopf, fast wie ein Apfel. Und seine Beine wackelten beim Laufen. Er hätte besser gar nicht laufen sollen.« Plötzlich widerspiegelte ihre Miene

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