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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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Messer und pirsche zum Kücheneingang. Der Mann wird langsamer, hat den Eingang erreicht und zögert. Wieso ruft er nicht? Gehört er zur Polizei?
    »Frau Sarkowitz?«, höre ich eine Stimme durch die Tür. »Alles in Ordnung?«
    »Ich bin hier, Herr Friedhelm«, rufe ich erleichtert zurück. »Ich hatte nur die Hände voll und konnte die Tür noch nicht schließen. Wären Sie so nett?«
    »Sicher, Frau Sarkowitz. Dann mal gute Nacht.« Es rumpelt, und Herr Friedhelm hat mir einen Gefallen getan. Was er wohl gesagt hätte, wenn er in die Küche gekommen wäre?
    »Was mache ich mit dir?«, frage ich Tanja. Ich möchte sie nicht einfach so liegenlassen, sie hat etwas Besseres verdient.
    Auch wenn es vollkommen abstrus und gefährlich ist – ich nehme ich mir die Zeit und setze sie wieder zusammen.
    Alles kommt zurück an seinen Platz, soweit es mir möglich ist; danach nähe ich sie zu und wische mir den kalten Schweiß von der Stirn.
    Behutsam trage ich sie ins Bad und lege sie in die Wanne. Das Blut muss runter von ihr, ich brause sie vorsichtig ab und wasche ihre Haare. Danach trockne ich sie ab, hebe sie an und lege sie in mein Bett. Die Spurensicherung wird nicht verstehen, was in der Wohnung geschehen ist oder in welcher Reihenfolge. Ich wäre sogar bereit, eine Million Euro darauf zu setzen, dass sie niemals hinter den wahren Ablauf kommen.
    Erst jetzt wage ich es, Tanja ins Gesicht zu blicken.
    Die Augenlider sind geschlossen. Ich bilde mir ein, dass sie entspannt aussieht. Hat sie mir verziehen, in was ich sie mit hineingezogen habe?
    »Ich konnte nicht ahnen, dass es geschieht«, sage ich zu ihr und streichele ihr Gesicht, das durch das Wasser immer noch warm ist. Es sieht aus, als würde sie schlafen. Ich gebe ihr einen langen Kuss auf die Stirn und decke sie zu, dann verlasse ichdas Schlafzimmer und mache mich daran, die wenigen Dinge einzupacken, die ich mitnehmen möchte.
    Zuerst ziehe ich mich um, wähle einen Businessanzug in Dunkelgrau mit weißer Krawatte, darüber werfe ich den schwarzen Pelzmantel und ziehe schließlich die Stiefel an.
    Beruhigenderweise hat Marek mein Buch nicht gefunden oder nicht beachtet. In meinen Lieblingskoffer stopfe ich etwas Wäsche, mein Buch … das genügt. Mit Geld kann ich alles unterwegs kaufen, was ich benötige, und ich vermeide Ballast.
    Kurz nach drei Uhr morgens verlasse ich mein Appartement, in dem ich viele schöne Stunden verbracht habe. Wenn ich den Kampf gegen Marek überlebe, werde ich dennoch nicht mehr zurückkehren können. Niemals mehr. Und aus diesem Grund muss ich zuerst etwas regeln.
    Im Fahrstuhl nehme ich den PDA aus der Manteltasche und rufe meine Liste auf. Das Ritual und der Anblick der vertrauten Namen sollen mir Ruhe geben:
     
    Sarah Ulmann, 73 Jahre
    Emma Karkow, 25 Jahre
    Elena Karkow, vier Jahre
     
    Die Buchstaben scheinen sich in die Netzhaut zu brennen, aus der Beruhigung wird nichts. Ganz im Gegenteil. Ruckend kommt der Lift zum Stehen, die Türen öffnen sich, doch ich bewege mich nicht.
    Ich sehe die alte Dame – und es ist wirklich eine Dame – vor meinem geistigen Auge. Frau Ulmann, die ihren Adelstitel abgelegt hat, weil sie ihn einfach albern fand, hat sich niemals etwas zuschulden kommen lassen. Sie ist stets perfekt, freundlich und freigebig gegenüber denen, die weniger Geld besitzen und vom Schicksal hart geschlagen werden.
    Sie weiß nichts von ihrer Verwandtschaft zu mir, nichts vondem, was in ihr lauert. Aber wenn ich im Kampf gegen Marek falle und sie stirbt, wird das Spiel unter Umständen von neuem beginnen.
    Es ist nicht sicher, dass sie zu einer Aeterna wird, aber leider lässt sich das nicht im Vorfeld feststellen. Ich habe schon alles versucht, Bluttests, DNA-Auffälligkeiten, andere Parameter, die auf eine Anomalie hinweisen, doch es ergaben sich niemals Hinweise.
    Ich kann entweder nur ihre Grabstelle beobachten und warten oder präventiv eingreifen. Wie bei Hendrik Lobitsch.
    Die Fahrstuhltür schließt sich wieder mit einem schleifenden Geräusch.
    »Es wäre unfair«, flüstere ich. »Doch es muss getan werden.«
Du kannst ihr Leben nicht auslöschen, nicht einfach nur so. Wegen eines Verdachts
.
    Natürlich sehe ich nun Emma und Elena vor mir, und bei ihnen wird die Entscheidung noch viel schwieriger.
Ein Kind!
, schreit mein Gewissen.
Du weißt, wie es ist, Mutter zu sein. Wie könntest du das tun?
    Sie ist eine Gefahr
, erwidert mein Wissen. Ich drücke auf den Knopf, der die Tür öffnet, und

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