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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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Bauerntölpel, die sich nach Juwelen wie dir sehnen. Sie wollen Frauen nehmen, danach ist ihnen egal, was aus ihnen wird. Ich bin froh, dass er tot ist, Tochter, und du solltest es auch sein. Er hat nichts getaugt, ebenso wenig wie sein Vater und der Rest der Familie. Oder denkst du, er wäre sonst ein lumpiger Ziegenhirte geworden?«
    »Er besaß einen hellen Verstand. Ich habe ihn unterrichtet, Vater, und …« Die Stimme versagte ihr.
    Er ließ sie los, die Finger hatten rote Abdrücke auf dem weißen Nachthemd hinterlassen. »Es wäre Verschwendung gewesen«, sagte er düster. »Dein Vertrauensbruch trifft mich sehr, Tochter. Wie erkläre ich in der Cognatio, dass du keine Jungfrau mehr bist?« Karol fuhr sich durch das Gesicht, verschmierte unabsichtlich Blut über seine Züge.
    Scylla sah, wie sehr sie ihren Vater verletzt hatte, und die eigene Pein geriet in den Hintergrund. Sie fühlte sich schuldig an allem.
    »Es war unverantwortlich, dich allein gehen zu lassen.« Karol schritt zur Waschschüssel und rieb sich mit raschen, fahrigen Bewegungen das Blut von den Händen, dann von Bart und Gesicht. »Ich hätte damit rechnen müssen, dass die Begierde und die Unerfahrenheit der Jugend gefährlicher sind als alles andere.« Er betrachtete sie und machte aus seiner Enttäuschung keinen Hehl. Er trocknete sich die Hände ab und dachte nach. »Ich werde sehen, wie ich dich durch die zweite Anhörung schleuse. Metunova wird uns vielleicht helfen.« Karol wandte sich verächtlich zu Giures Leiche. »Es darf nicht sein, dass dieser Bastard alles zerstört, für was ich in den letzten Jahren gearbeitet habe.« Er drehte den Kopf und sah zu ihr hinüber. »Und für das du dich aufgeopfert hast, Tochter.« Er band sich im Hinausgehen die Lederschürze ab und warf sie aufgebracht auf den Boden, dann war er verschwunden.
    Scyllas Knie knickten erneut ein, schluchzend warf sie sich auf den Tisch über den Leichnam ihres Liebhabers und weinte. Der wissenschaftlich denkende Teil ihres Verstandes war endgültig an seine Grenzen gelangt.
    Sie gab sich ihrer Verzweiflung hin. Die Tränen rannen unaufhörlich über ihr Gesicht, flossen über Giures nackte Beineund mischten sich mit dem Leichenwasser. Liebster und Kind waren am gleichen Tag von ihr gegangen, und damit verflüchtigte sich die Vorstellung einer gemeinsamen Zukunft mit ihm und einer Familie. Es schien, als sei es ihr vom Schicksal nicht zugedacht, eine echte Familie zu haben. Sie verkrampfte sich, spürte die Schmerzen in ihrem Unterbauch und krümmte sich, ohne mit dem Weinen aufhören zu können.
    Es dauerte lange, ehe die Tränen versiegten und Scylla sich aufsetzte.
    Sie wusch sich das bereits angetrocknete Blut von den Beinen, zog das verschmierte Nachthemd aus und kehrte in ihr Schlafzimmer zurück, wo sie sich wieder hinlegen musste, um einer Ohnmacht vorzubeugen.
    Aus dem geplanten kurzen Dösen wurde ein tiefer Schlaf voller Albträume, in denen sie von einem Bären und einem Upir gleichzeitig verfolgt wurde, sie sah eine brennende Mühle vor sich und dann die schattenhafte Gestalt eines Mannes, der aus dem Feuer trat und nach ihr griff …
     
    Viel, viel später erwachte Scylla, erhob sich zitternd von ihrem Lager, um vor den Bildern zu flüchten. Sie kleidete sich an und kehrte mit behutsamen Schritten ins Laboratorium zurück, um mit ihrem Vater über Giures Leichnam zu sprechen. Es war ihr Wille, dass sie den Leichnam an die Familie übergaben und er eine würdige Bestattung erhielt, auch wenn Karol dem Hirten alle unvorstellbaren Höllenqualen wünschte.
    Scylla verstand seinen Zorn, doch er hatte vergessen, dass zu einem Kind immer zwei notwendig waren. Sie traf ebenso Schuld an der Schwangerschaft, auch wenn sie es sich nicht erklären konnte: Giure hatte stets achtgegeben, dass er seinen Samen nicht in sie ergoss.
    Auf der Suche nach Karol streifte sie durch das beleuchtete Präparatenarchiv. »Vater, bist du hier?« Sie passierte Reihe umReihe, und kurz vor Erreichen des Ausgangs entdeckte sie – ein neues Glas.
    Scylla runzelte die Stirn und nahm eines der Lämpchen vom Haken, um den Inhalt besser betrachten zu können.
    Im Spiritus schwamm ein perfekt erhaltener, fingerlanger Fötus. Es gab keinerlei Anzeichen für eine Missbildung oder eine Anomalie, und in einem Glas dahinter schwamm eine Plazenta.
    Scylla erbleichte. Mit einem Schlag wurde sie sich bewusst, was sie da betrachtete, und machte zwei Schritte zurück; sie kollidierte mit dem

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