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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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Möbelstück, quietschend rutschten die Füße über den glatten Steinboden, schließlich raste das Bett auf die geschlossene Tür zu.
    Die Männer auf der anderen Seite konnten dieser Wucht nicht standhalten. Der Ausgang wurde aufgesprengt; die großen Flügel wurden teilweise aus der Verankerung gerissen.
    Scylla sprang auf die Matratze und von dort über die Köpfe ihrer Feinde. Federnd landete sie neben einem großen Kerzenstandleuchter und packte ihn wie einen Spieß. »Ihr seid Narren«, rief sie und schwenkte das vordere Ende hin und her. »Mein Geheimnis werdet ihr mit ins Grab nehmen.«
    »Tötet sie!«, rief Maximilian. Vladimir und die drei Begleiter zogen ihre Waffen, allesamt lange, geschwungene Reitersäbel, und drangen auf sie ein.
    Scylla warf ihnen den Leuchter entgegen, zückte den Dolch und stürzte sich auf den ersten Diener. Pfeifend sauste der Säbel an ihr vorbei.
    Sie duckte sich, stach dem Mann von unten in die Achsel und rutschte unter seinen gespreizten Beinen hindurch. Ihr ausgestreckter Arm zielte auf den Oberschenkel des zweiten Gegners, ihre Klinge traf die Arterie, wie sie es beabsichtigt hatte. Beide Männer würden in kürzester Zeit verbluten, und je mehr sie sich anstrengten, desto schneller pumpten ihre Herzen das Leben aus ihnen hinaus.
    Der dritte Diener schlug nach ihr, sie sprang nach hinten und entging so der Säbelspitze, die auf ihren Kopf zuraste.
    Maximilian zog seine Steinschlosspistole, lud sie mit zitternden Fingern und musste sich immer wieder das Blut aus den Augen wischen. Er richtete den Lauf auf Scylla, um gleich danach abzudrücken. Krachend zündete das Pulver, die Kugel flog –
    – und traf!
    Scyllas Kopf erhielt einen Schlag, und plötzlich sah sie nichts mehr auf dem rechten Auge. Die gesamte Seite fühlte sich merkwürdig luftig an, Geräusche vernahm sie ebenfalls keine mehr. Die Beine verloren ihre Kraft, sie stützte sich mit einer Hand an der Wand ab, um nicht zu fallen.
    Maximilian stieß ein triumphierendes Lachen aus. »Du bist nicht unverwundbar.« Die Kugel hatte ihr den halben Kopf weggerissen und die Wand dahinter mit Blut und Splittern bespritzt. Scylla knickte immer wieder ein und schaute mit dem verbliebenen Auge verwirrt umher. Es war ihr wohl anzusehen, dass sie nicht recht wusste, was jetzt zu tun war. Rasch lud Maximilian nach. »Macht schon!«, feuerte er die Diener an. »Zerhackt sie!«
    Vladimir schwang den Säbel und sprang vorwärts, der zweite Diener folgte ihm. Gleichzeitig kamen die drei Männer zurück, die er ausgesandt hatte, um nach Stützbalken zu suchen. Jetzt gab es kein Entrinnen mehr für Scylla. »Hier herüber mit den Balken. Schlagt sie nieder.«
    Sie verstand, dass ihre Verletzung gravierend sein musste. Hätte die Kugel das Genick durchschlagen, wäre sie vermutlich an Ort und Stelle vergangen. Zum ersten Mal seit langer, langer Zeit spürte sie Angst. Sie fand sich umzingelt und ihrer gewohnten Geschwindigkeit und Wendigkeit beraubt.
    Das gesunde Auge richtete sich auf die rettende Treppe. Da musste sie hinauf, hinaus in die Freiheit und sich regenerieren, ehe sie zurückkehrte und das Schloss samt Bewohnern anzündete.
    Scylla wich einem Säbel aus und bekam dafür einen Schlag mit einem Holzbalken gegen den Kopf; der Schmerz explodierte in ihrem Schädel. Kreischend rannte sie mitten durch den Pulk der Angreifer, ignorierte die Schnitte und Stiche, die sie sich dabei einfing, und hetzte die ersten Stufen der Treppe hinauf.
    Maximilian sah, dass sie ihr Heil in der Flucht suchen wollte. In der Zwischenzeit hatte er die Pistole nachgeladen, schwenkte das Ende in Richtung ihres Kopfs und schoss. Dieses Mal verzog er und traf lediglich den Rücken, knapp neben die Wirbelsäule, doch es genügte. Scylla erhielt einen erneuten Schlag, geriet ins Straucheln und stürzte auf die Stiegen. Sie schaffte es, sich herumzudrehen und die Gegner ins Auge zu fassen.
    »Schneller!«, rief ihr Gatte den Dienern zu, hob den Kerzenleuchter auf und schwang ihn über sich, während er auf sie zukam. »Ich werde dein Gehirn auf den Stufen verteilen, du Metze und Mörderin!« Er schlug zu, der schwere Fuß des Leuchters hielt genau auf ihren Kopf zu.
    Kurz bevor Eisen und Schädel zusammenprallten schloss sich eine Männerfaust um den Mittelstab und hielt den Schlag auf.
    Scylla sah, wie Maximilian den Blick hob. Vor ihm stand ein Mann, den sie auf dreißig Jahre schätzte und aufgrund seiner sehr teuren Kleidung für einen Adligen hielt.

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