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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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langte nach der Kehle der Konkurrentin. »Wie oft?«
    Irina zischte sie an, schnappte in einem Reflex nach der Hand und biss in das weiche Fleisch zwischen Daumen und Zeigefinger, so dass es blutete.
    Scylla versetzte ihr eine brutale Ohrfeige, welche die Haut über der Wange aufriss, und packte die Vampirin um so härter am Hals; ihre Blicke versprachen Qualen und Tod. »Wie oft?«
    »Kaum mehr als fünfmal.« Irina wisperte furchtsam und leckte sich das fremde Blut von den Lippen.
    »Hast du von seinem Blut gekostet?« Sie verstärkte den Druck und zog die Schneide langsam nach unten. »Rede, Irina, oder du wirst sterben. Es ist mir ein Leichtes, dein Herz mit einer Bewegung herauszureißen!«
    »Nein«, rief sie eingeschüchtert, und die Atemgeräusche des Schläfers verstummten; vor dem Wagen schlug der Hund an. »Nein, ich habe nicht von ihm getrunken! Ich …«
    Scylla drückte ihr die Luft ab, damit sie schwieg, und lauschte. Viktor verfiel wieder in Schlummer, doch vor der fahrbaren Behausung erklangen zwei Männerstimmen. Sie redeten darüber, ob man die Wagen kontrollieren sollte oder nicht. Sie sah an Irina vorbei zu dem Deutschen. »Lass ihn in einen tiefen Schlaf fallen.«
    Irina nickte und beschrieb zwei schnelle Gesten in der Luft; das Atmen des Mannes wurde noch langsamer.
    »Gut gemacht.« Scylla suchte ihren Blick. »Stimmt es, dass Tenjac erst von einem Opfer ablassen, wenn es tot ist?«
    Irina bebte vor Sorge um das eigene Leben. »Ich kann ihn aus meinem Bann entlassen, wenn du es wünschst«, beeilte sie sich zu sagen.
    »Doch ein Teil seiner Seele wird an dich gebunden bleiben, so haltet ihr es doch? Beabsichtigtest du, mir diese Kleinigkeit zu unterschlagen, meine Schöne?« Scylla wollte die Vampirin tot sehen.
    »Bitte«, weinte Irina. »Ich wusste es doch nicht!«
    »Mein Name ist Scylla.« Sie ließ das Messer fallen und pflückte ein Kreuz von der Decke wie einen reifen Apfel, was Irina dazu brachte, die Augen weit aufzureißen. Sie hätte das niemals vollbracht. »Deine Unwissenheit, Irina, mag in den Augen mancher eine Entschuldigung sein.« Mit einem raschen Stoß rammte sie das lange Ende des Symbols durch Irinas Brust, und die Tenjac öffnete den Mund, um ihre Schmerzen herauszuschreien. Ein heiserer Laut, mehr entstieg ihr nicht, weil Scyllas starke, unerbittliche Finger ihr die Kehle zuschnürten. »In meinen jedoch nicht!« Mit einem brutalen Schwung schleuderte sie die Tenjac herum und gegen die Tür. Sie zerbarst unter dem Aufprall, und Irina stürzte von der Plattform.
    Scylla sah den wütend bellenden Hund herbeispringen und sich in Irinas erhobenen Arm verbeißen. Jetzt musste sie sich beeilen, bevor das ganze Lager erwacht war.
    Rasch stand sie neben Viktors Bett und kniete sich neben ihn. Sie streichelte seine Stirn. »Sie werden dir nichts tun, Liebster«, sagte sie leise in sein Ohr; am Zucken seiner Lider glaubte sie zu erkennen, dass er ihre Stimme hörte.
    Scylla nahm etwas Weihwasser aus dem kleinen Behältnis, das über seinem Kopf an der Wand angebracht war, undwusch damit seine Lippen von der Beschmutzung durch die Tenjac rein. Erst danach küsste sie ihn lange auf die schönen Lippen.
    Als vor der Tür Zingaros auftauchten, verwandelte sie sich in ihre geisterhafte Gestalt. Niemand sah sie gehen.
     
    Viktor erwachte am frühen Morgen. Kaum schlug er die Augen auf, erschrak er: Unmittelbar neben sich sah er Libor sitzen. Er hatte immer geglaubt, dass er einen leichten Schlaf besäße, doch irgendwie hatte sich der Dhampir zu ihm ans Bett begeben, ohne dass er etwas davon mitbekam.
    Je wacher er wurde, umso mehr spürte er die schaukelnden Bewegungen seines Lagers, die Vampirabwehrmittel an der Decke pendelten nach rechts und links. Der Wagen, in dem er sich zur Ruhe niedergelassen hatte, befand sich bereits mitten in der Fahrt. Es war ein Kunststück, dabei noch im Reich der Träume verweilen zu können, und an Libors Gesicht las er ab, dass das nichts Gutes verhieß.
    Die Tür war mit Balken vernagelt worden, die eigentlichen Angeln fehlten. Viktor staunte nicht schlecht. Spätestens bei diesen Arbeitsgeräuschen hätte er erwachen müssen.
    »Haben die Amulette doch ihre Wirkung getan«, brummte der Mann. »Ich dachte schon, Sie wären dem Schlaf auf immer verfallen, Niemez.«
    Viktor richtete sich auf. »Was ist …?« Er tastete an seinem Hals herum, besah sich die Handgelenke und warf einen Blick unter die Decke, ob sich Spuren von Blut oder Verletzungen an

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