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Kinder des Judas

Titel: Kinder des Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz , Markus Heitz
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das rauhe Fauchen eines Luchses!
    Scylla wurde es mulmig. Vorsichtig schlich sie an den Rand und sah hinunter. Die Ziege steckte im engeren Teil des drei Schritte tiefen Loches fest, während der Luchs graziös über hineingefallene Baumstämme nach unten sprang und sich seiner Beute langsam, aber unerbittlich näherte.
    Scylla raffte schnell einige Steine an sich und schleuderte einen davon nach der Raubkatze. Das Geschoss traf sie in die weiche Flanke, fauchend riss der Luchs den Kopf zu ihr herum. »Verschwinde!«, schrie das Mädchen und warf den nächsten Stein.
    Der Luchs wich aus, duckte sich und fauchte wieder drohend.
    »Los, weg mir dir!«, rief Scylla und warf einen dritten Stein. Sie hatte auf den Kopf gezielt, doch sie warf daneben – und sah die Raubkatze die Schräge mit schnellen Sprüngen erklimmen. Scylla schaute sich fieberhaft nach einer Waffe um. Blitzschnell riss sie einen dicken Ast von einem morschen Baum neben sichab und holte mit beiden Händen zum Schlag aus. »Du wirst mich nicht vertreiben«, grollte sie und drosch tapfer zu, als der Luchs sich über den Rand der Spalte zog.
    Der Prügel traf den Schädel hinter dem rechten Ohr, und die Raubkatze fauchte schmerzerfüllt und wütend. Eine Pranke zuckte nach vorne und riss lange, tiefe Striemen in Scyllas Bein. Sie schrie auf. Es war das erste Mal, dass sie derartige Schmerzen verspüren musste, aber anstatt vor dem Gegner zurückzuweichen, schlug sie wieder nach ihm und erwischte seine Nase. Der Luchs klammerte sich am Boden fest. Mutig geworden, trat Scylla einen Schritt weiter nach vorne, holte aus –
    In diesem Moment brach die Kante unter ihren Füßen weg. Gemeinsam mit der Raubkatze stürzte sie die Schräge hinunter.
    Die Pranken trafen sie unbarmherzig an den Armen und rissen auch dort tiefe Kerben. Doch kaum schlugen die beiden Kontrahenten auf dem Boden der Spalte auf, sprang Scylla wieder hoch und drosch mit aller Kraft auf das Raubtier ein. So schnell es ihm möglich war, lief der Luchs davon.
    Scylla biss die Zähne zusammen und erhob sich. Die Tränen standen ihr in den Augen, aber sie weinte nicht. Ihr Kleid war schmutzig, voller Blut und Erde, die Wunden brannten – doch sie hatte gewonnen.
    Es war ein großartiges Gefühl!
    Langsam humpelte sie zu der eingeklemmten Ziege und hob sie an, bis sie aus eigener Kraft ihrem Gefängnis entkommen konnte.
    »Was tust du da?« Ein Schatten fiel über sie. Sie wollte nach oben schauen, aber da sprang er schon zu ihnen herab.
    Scylla blickte in das sonnengebräunte Gesicht eines Jungen, den sie mit ihrem Fernrohr schon öfter gesehen hatte. Er stammte aus Pribo und war ein Hirte. »Ich habe deine Ziege gerettet«, antwortete sie und bemühte sich, ihre Schmerzen nicht zu sehr zu zeigen.
    Er musterte sie. »Bist du gefallen?«
    Sie richtete sich auf und hielt den Ast in die Höhe. »Ich habe sie gegen einen Luchs verteidigt«, sagte sie stolz.
    Seine Augen wurden größer. Zuerst hatte es den Anschein, als würde er sie auslachen wollen, aber die Wunden an Armen und Beinen und die Spuren auf dem Boden sagten ihm, dass es die Wahrheit sein musste.
    »Du bist verletzt! Lass mich mal sehen.« Bevor Scylla es verhindern konnte, hatte er das Mal entdeckt. Er sah sie überrascht an. »Du musst die Kleine aus der Mühle sein«, folgerte er.
    »Ja.« Scylla hatte nicht den Eindruck, dass er sie fürchtete, und Hoffnung keimte in ihr auf. »Mein Name ist Scylla.«
    »Ich bin Giure«, stellte er sich vor. »Danke, dass du meine Ziege gerettet hast.«
    Sie ergriff seine Hand, die er ihr freundlich entgegenstreckte, und drückte sie fest. Scylla mochte ihn sofort. Er sah aus der Nähe besser aus als durch das Fernrohr. Seine Augen funkelten hellwach. Wieder regte sich ihre Hoffnung, dass sie vielleicht doch noch einen Freund finden würde.
    Giure lächelte. »Du bist ein merkwürdiges Mädchen. Was treibst du allein um diese Zeit im Wald?«
    »Mein Vater und ich suchen Kräuter, damit wir die Kranken heilen können«, antwortete sie. »Und manchmal muss ich wohl auch Ziegen retten.«
    Er lachte, wurde dann aber wieder ernst. »Trotzdem solltest du nicht hier draußen sein. Es soll ein besonderer Upir umgehen.« Scyllas Neugier erwachte, trotz ihrer brennenden Wunden. »Was für ein Upir?«
    Die braunen Augen richteten sich auf ihren Hals und auf das kleine Kreuz, das dort baumelte und an das sie nun, wie immer, wenn sie aufgeregt war, unwillkürlich griff.
    »Dieser Upir tötet seine Opfer mit

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