Kinder des Mars
Ihnen.«
Jack ging zum Appartementhaus seines Vaters. Nein , dachte er, zu meinem Appartementhaus . David Brennan hatte Dienst. Er stand auf, als Jack hereinkam, doch Jack winkte ab. Ein langes Trauergespräch über seinen Vater war das letzte, was er gebrauchen konnte. »Ist schon gut, David. Keine Umstände bitte, ich bin in Ordnung.«
»Wenn Sie das sagen.«
Jack ignorierte den zweifelnden Kommentar. »Ich werde für einige Tage oder Wochen in ein Hotel ziehen, weil das Appartement renoviert wird. Phelps kümmert sich darum, er hat den Schlüssel.«
»Alles klar. Und nochmals mein Beileid.«
»Danke.«
Jack fuhr in den dreiundzwanzigsten Stock, packte eine Tasche und verschwand, bevor Phelps auftauchte. Es tat ihm fast leid, dass er Brennan so abgekanzelt hatte. David war ein netter Mann. Doch Jack hatte dafür im Moment einfach keine Nerven. Er checkte in ein in der Nähe gelegenes Hotel ein, wo er sich nicht lange aufhielt. Jack packte nur schnell aus und machte dann sein nächstes Ziel ausfindig.
Er fand ein Café gegenüber Velasquez Security. Von einem Tisch am Fenster konnte er den Eingang zum marmorverkleideten Empfangsraum beobachten. Jack bestellte einen Kaffee und dachte flüchtig daran, dass so viel von dem schwarzen Gebräu an einem Tag nicht gesund war. Als die Kellnerin erneut vorbei kam, orderte er ein Wasser dazu. Er zog ein Buch aus seiner Manteltasche, gab vor zu lesen und Kaffee zu trinken, während er in Wahrheit darauf wartete, dass Vivian Vinter Feierabend machte.
Jack wartete den ganzen Nachmittag auf Vivian Vinter, bis sie abends endlich das Gebäude verließ. Es war dunkel und im Schein der Straßenbeleuchtung hätte er sie beinahe nicht erkannt. Sie trug einen knielangen Mantel und eine Wollmütze, die sie tief in die Stirn und über die Ohren gezogen hatte. Hastig sprang er auf und folgte ihr. Er musste sich beherrschen, um nicht zu schnell zu laufen und Abstand zu halten, damit sie ihn nicht bemerkte. Dabei achtete er nicht darauf, wohin ihn seine Füße trugen.
Plötzlich fand er sich in einer dunklen Sackgasse allein wieder. Die Vinter war verschwunden. Er hatte sie verloren. Das war ihm unerklärlich, eben war sie noch vor ihm gewesen, und nun hatte sie sich in einer Sackgasse in Luft aufgelöst. Jack kniff die Augen zusammen und versuchte, im schummrigen Licht einen möglichen Weg oder eine Tür zu erkennen, durch die Vivian Vinter ihm entwischt sein könnte.
Dann wurde er an eine Hauswand geschleudert. Er prallte ab und sackte zwischen zwei Mülltonnen scheppernd zu Boden. Verblüfft blinzelte Jack. Er war selbst groß und sportlich, doch traute er sich nicht zu, jemanden derart durch die Luft zu wirbeln. Schon gar nicht einen Mann von seiner eigenen Statur. Sein Gegner war verdammt kräftig. Mühsam rappelte er sich auf und sah sich nach dem Angreifer um, der ein zwei Meter zwanzig großer Preisboxer sein musste und fünf mal den Iron Man gewonnen hatte, so schwungvoll wie Jack an die Wand geworfen worden war.
Stattdessen blickte Jack in Vivians makelloses Gesicht. Sie stand vor ihm und beugte sich leicht hinab, um ihn zu mustern. Ihre grünen Augen glühten im Dunkeln. Jack wandte den Kopf zu beiden Seiten und spähte nach ihrer Begleitung. Kein Bodyguard in der Nähe. Kein bezahlter Schläger in Sicht. Sie waren allein. Doch diese zarte Person konnte unmöglich so stark sein.
»Alles in Ordnung?«
Ihre Stimme klang irritiert und Jack wunderte sich, warum sie überhaupt fragte. Schließlich hatte sie ihm gerade einen heftigen Stoß versetzt, sonst war ja niemand in der Nähe. Sollte sie jetzt wirklich besorgt sein?
Jack straffte seine Schultern. »Ja«, antwortete er wahrheitsgemäß. Er war mehr überrascht als alles andere. Falls ihm etwas weh tat, so merkte er es im Augenblick nicht. Das war sicher das Adrenalin, das durch seinen Körper schoss. Vivian Vinter war einen Kopf kleiner als er, dennoch war er derjenige, der sich in Acht nehmen musste. Er war zu aufgeregt, um auf etwas anderes zu achten als die Person, die ihn überragte, während er noch immer auf der kalten Straße saß.
»Warum folgst du mir? « verlangte sie zu wissen.
Jack legte den Kopf schief und sah sie von unten herauf an. Vivians Gesicht lag im Schatten, doch zweifelsohne hätte es auch bei Flutlicht nichts preisgegeben. Er hatte keine Chance gegen diese Frau, also entschied er, einfach die Wahrheit zu sagen. »Ich bin überzeugt davon, dass du gelogen hast.« Sie hatte ihn eben geduzt, und
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