Kinder des Mars
müsse sich nicht erinnern. Selbst wenn er es wollte, wie sollte das möglich sein? Mit Hilfe von Hypnose? War es das, was sie mit ihrem starren Blick versucht hatte? Falls ja, dann war sie kläglich gescheitert, dachte Jack trocken.
Das Auto hielt und der Fahrer riss Jack aus seinen Grübeleien. »Wir sind da, Mister!«
Jack sah wortlos auf das Taxameter und reichte einen Schein nach vorn. »Stimmt so.« Er stieg aus und hörte kaum noch das erfreute »Danke!«.
Der Eingang des Hauses, vor dem Jack stand, war beleuchtet und er fand schnell den Namen Vinter auf einem der zahlreichen kleinen Schilder. Wütend klingelte er Sturm, was ihm nicht die erhoffte Reaktion einbrachte. Alles blieb ruhig. Niemand öffnete die Tür, noch nicht einmal die Gegensprechanlage wurde betätigt, um sich nach dem Urheber des Klingelns zu erkundigen.
Jack ging auf und ab, drückte erneut den Knopf, wartete. Ohne Ergebnis. Es dauerte jedoch nicht lange, bis sich eine andere Möglichkeit auftat. Da keiner ihm öffnete, schlüpfte Jack hinter dem nächsten nach Hause kommenden Bewohner hinein und gab vor, erwartet zu werden.
»Bei wem denn?« fragte die alte Dame im Nerz, der er gefolgt war.
»Mrs. Vinter.« Jack dankte inständig dafür, dass es keinen Wachdienst gab, der Fragen stellte. Offenbar fühlten sich die Bewohner hier so sicher, dass sie keinen brauchten.
»Ah. Und warum fahren Sie dann mit mir in den fünften Stock?«
»Oh.« Mist . »Da habe ich mich wohl vertan.« Er lächelte entschuldigend.
»Vertan? Sie wollen doch nicht zu Mrs. Vinter?«
»Doch, schon, ich habe nur das Stockwerk vergessen.«
»Versuchen Sie es ganz oben, Miss Vinter wohnt im Penthouse«, riet die Alte augenzwinkernd, als sie ausstieg. »Sie ist so ein schönes Mädchen, aber noch immer unverheiratet.«
Jack schüttelte verwirrt den Kopf und wunderte sich, dass die Dame so gutgläubig war. Sie hatte ja keine Ahnung, weswegen er zu der Vinter wollte, oder in was für Angelegenheiten diese verstrickt war.
Er fuhr zum Penthouse und lauschte an der Tür, die scheinbar sehr dick war, doch nicht dick genug, um den lautstarken Streit, der im Inneren vor sich ging, völlig zu dämpfen. Es war also jemand zu Hause. Jack drückte erneut die Klingel. Drinnen wurde es still, doch niemand öffnete. Er schlug mit den Fäusten gegen die Tür und fing an, wüste Beschimpfungen und haltlose Anschuldigungen zu brüllen.
Plötzlich wurde er am Kragen gepackt und hineingezogen. Vor lauter Aufregung hatte er nicht einmal bemerkt, wie sich die Tür geöffnet hatte.
Vivian blickte ihn vorwurfsvoll an. »Was willst du damit erreichen? Dass meine Nachbarn sich beschweren?«
Jack antwortete nicht und sah an Vivian vorbei. Sie waren nicht allein. Einige Schritte hinter Vivian stand eine blassblonde junge Frau, die auf jedem Laufsteg dieser Welt willkommen gewesen wäre. Sie war größer als Vivian und sehr dünn, ihre Knochen traten deutlich hervor, nicht nur an den Wangen und am Kinn, auch an den Armen und Beinen, von denen ihr knappes schwarzes Seidenkleid viel zeigte.
Neben ihr stand zu Jacks maßlosem Erstaunen ein mächtiger Tiger mit dickem Pelz. Seiner massigen Statur nach musste es ein sibirischer Tiger sein, seine Schulterhöhe betrug mehr als einen Meter und er war über zwei Meter lang. Jack fiel die Kinnlade herunter. Angst hatte er nicht, dafür war er zu überrascht.
Die kühle Blonde sagte nichts und lächelte Jack nur amüsiert an, doch das Lächeln erreichte ihre Augen nicht. Sie waren eisblau und kalt. Der Tiger an ihrer Seite fauchte gereizt. Ebenso gereizt drehte Vivian sich zu den beiden um. »Verschwinde. Sofort.« Ihre Stimme war so schneidend, dass die Blonde dem Befehl folge leistete und sich in ein Zimmer zu ihrer Rechten zurückzog.
»Was war denn das?« platzte Jack heraus, als er seine Sprache wiederfand.
»Meine Schwester mit ihrem Haustier.«
»Deine Schwester?!«
»Ja«, bestätigte Vivian. »Victoria.«
»Und sie hat einen Tiger als Haustier?« fragte Jack zweifelnd.
»Tiger gehören zu den wenigen Tieren, deren Gesellschaft sie für erstrebenswert hält. Einen Tiger kann man nicht zähmen oder mental beeinflussen. Sie sind wie du. Was ein Jammer ist, denn wäre es mir vorhin gelungen, deine Erinnerung zu tilgen, wärst du jetzt nicht hier.«
»Wie bedauerlich für dich. Ich mache nur Ärger«, bemerkte Jack sarkastisch.
»In der Tat. Aber im Gegensatz zu Victoria finde ich das nicht anziehend.«
»Was meinst du mit mental
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