Kinder Des Nebels
schickt. Die Armeen des Letzten Reiches sind größer als nur diese eine Garnison. Es ist egal, ob wir die Stadtmauern einnehmen, wir werden trotzdem getötet werden. Ihr könnt ein ganzes Reich nicht mit ein paar tausend Soldaten stürzen.«
Perfekt,
dachte Kelsier.
Es tut mir leid, Bilg. Aber jemand musste das sagen, und dieser Jemand konnte nicht ich selbst sein.
»Wie ich sehe, haben wir eine Meinungsverschiedenheit«, sagte Kelsier laut.
»Ich
glaube an diese Männer und ihr Ziel.«
»Ich glaube, dass Ihr ein vollkommener Narr seid«, bellte Bilg. »Und ich war ein noch größerer Narr, weil ich in diese verdammten Höhlen gekommen bin. Wenn Ihr so sicher seid, dass wir gewinnen werden, warum darf dann niemand von hier weggehen? Wir sitzen in der Falle, bis Ihr uns in den Tod schickt!«
»Du beleidigst mich!«, fuhr Kelsier ihn an. »Du weißt sehr genau, warum meine Männer die Höhlen nicht verlassen dürfen. Warum willst du gehen, Soldat? Bist du so erpicht darauf, deine Kameraden an den Obersten Herrscher zu verkaufen? Ein paar schnelle Kastlinge im Gegenzug für viertausend Leben?«
Bilgs Gesicht rötete sich noch stärker. »So etwas würde ich niemals tun, aber ich will auch nicht, dass Ihr mich in den sicheren Tod schickt! Diese Armee ist reine Verschwendung von Leben.«
»Was du sagst, ist Verrat«, meinte Kelsier. Er wandte sich von ihm ab und betrachtete die Menge. »Es gehört sich nicht für einen General, gegen einen Mann zu kämpfen, der unter seinem Kommando steht. Gibt es hier einen Soldaten, der bereit ist, die Ehre dieser Rebellion zu verteidigen?«
Sofort erhoben sich einige Dutzend Männer. Einer davon fiel Kelsier besonders auf. Er war kleiner als der Rest, trug aber eine einfache Aufrichtigkeit zur Schau, die Kelsier schon früher aufgefallen war. »Hauptmann Demoux.«
Sofort sprang der junge Hauptmann vor.
Kelsier packte sein eigenes Schwert und warf es dem Mann entgegen. »Kannst du mit einem Schwert umgehen, Junge?«
»Ja, Herr!«
»Jemand soll eine Waffe für Bilg und zwei ausgepolsterte Westen holen.« Kelsier wandte sich wieder an Bilg. »Bei den Adligen gibt es eine Tradition. Wenn zwei Männer eine Meinungsverschiedenheit haben, legen sie diese durch ein Duell bei. Wenn du meinen Favoriten besiegst, darfst du gehen.«
»Und wenn er mich besiegt?«, fragte Bilg.
»Dann stirbst du.«
»Wenn ich bleibe, bin ich sowieso bald tot«, sagte Bilg und nahm das Schwert des Soldaten neben ihm entgegen. »Ich bin mit den Bedingungen einverstanden.«
Kelsier nickte und bedeutete einigen Männern mit einer Handbewegung, die Tische beiseitezuräumen und vor dem Generalstisch eine offene Fläche zu schaffen. Auch die anderen Soldaten erhoben sich und rückten zusammen, um den Wettkampf zu beobachten.
»Kell, was tust du da?«, zischte Hamm neben ihm.
»Das, was getan werden muss.«
»Getan werden muss ... Kelsier, der Junge ist kein Gegner für Bilg! Ich vertraue Demoux - deswegen habe ich ihn befördert -, aber er ist kein besonders guter Krieger. Und Bilg ist einer der besten Schwertkämpfer in der ganzen Armee!«
»Wissen die Männer das?«, fragte Kelsier.
»Natürlich«, antwortete Hamm. »Mach dieser Sache ein Ende. Demoux ist fast halb so groß wie Bilg. Er ist im Nachteil, was Reichweite, Stärke und Geschicklichkeit angeht. Er wird es nicht überleben!«
Kelsier beachtete Hamms Bitte nicht. Stumm saß er da, während Bilg und Demoux ihre Waffen ergriffen und einige Soldaten ihnen die ledernen Harnische umschnallten. Als sie damit fertig waren, machte Kelsier eine Handbewegung, und der Kampf konnte beginnen.
Hamm ächzte auf.
Es würde ein kurzes Duell werden. Beide Männer hatten Langschwerter und nur unzureichende Rüstungen. Selbstsicher trat Bilg vor und machte ein paar Schwertschwünge auf Demoux zu. Der Junge war wenigstens gut ausgebildet; er parierte die Schläge, doch dabei zeigte er auch deutlich die Grenzen seiner Fähigkeiten auf.
Kelsier holte tief Luft und verbrannte Stahl und Eisen.
Bilg schwang das Schwert, und Kelsier drückte die Klinge ein wenig zur Seite, was Demoux die Möglichkeit verschaffte, ihr aus dem Weg zu springen. Der Junge versuchte einen Stoß zu landen, aber Bilg schlug die gegnerische Waffe mit Leichtigkeit weg. Dann griff der größere Krieger heftig an, und Demoux taumelte rückwärts. Er versuchte dem letzten Streich auszuweichen, aber er war zu langsam. Mit schrecklicher Unausweichlichkeit fiel die Klinge auf ihn
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