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Kinder Des Nebels

Kinder Des Nebels

Titel: Kinder Des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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schlugen rasch zu und versuchten die Verteidigungslinien des Feindes zu überrennen.
    Trotz der Leere in dieser nächtlichen Stadt fühlte Vin sich wohl. Der Nebel war auf ihrer Seite.
    »Vin«, sagte Kelsier, als sie nebeneinander hergingen, »ich möchte dir danken.«
    Sie wandte sich ihm zu - dieser großen, stolzen Gestalt in ihrem majestätischen Nebelumhang. »Mir danken? Warum?«
    »Für das, was du über Mare gesagt hast. Ich habe viel darüber und über sie nachgedacht. Ich weiß nicht, ob deine Fähigkeit, durch Kupferwolken hindurchzusehen, das alles erklären kann, aber ... wenn ich die Wahl hätte, würde ich lieber glauben, dass Mare mich
nicht
verraten hat.«
    Vin nickte und lächelte.
    Wehmütig schüttelte er den Kopf. »Es klingt dumm, nicht wahr? Als ob ich all die Jahre auf eine Gelegenheit gewartet hätte, mich selbst zu täuschen.«
    »Ich weiß nicht«, meinte Vin. »Es gab vielleicht einmal eine Zeit, wo ich dich als einen Narren angesehen habe, aber ... geht es beim Vertrauen nicht gerade darum? Um absichtliche Selbsttäuschung? Man muss die Stimme in sich ausblenden, die andauernd von Verrat spricht, und einfach darauf hoffen, dass die eigenen Freunde einem nichts antun werden.«
    Kelsier lachte auf. »Ich glaube nicht, dass du dir mit dieser Ansicht einen Gefallen tust, Vin.«
    Sie zuckte die Achseln. »Für mich ergibt das einen Sinn. Bei Misstrauen ist es dasselbe - nur andersherum. Ich verstehe inzwischen, wie ein Mensch, wenn er die Wahl hat, lieber vertraut als misstraut.«
    »Aber du tust das nicht?«, fragte Kelsier.
    Erneut zuckte Vin die Schultern. »Ich weiß gar nichts mehr.«
    Kelsier zögerte. »Dieser Elant - vielleicht wollte er dir nur Angst machen, damit du die Stadt verlässt. Vielleicht hat er dir mit seinen harschen Worten bloß helfen wollen.«
    »Vielleicht«, gestand Vin ein. »Aber etwas an ihm war anders - etwas an seinem Blick. Er wusste, dass ich ihn belogen habe, aber vermutlich weiß er nicht, dass ich eine Skaa bin. Möglicherweise hat er geglaubt, ich sei eine Spionin aus einem der anderen Häuser. Wie dem auch sei, es schien ihm ernst damit zu sein, mich loszuwerden.«
    »Vielleicht glaubst du das nur, weil du schon davon überzeugt warst, dass er dich verlassen wird.«
    »Ich ...« Vin verstummte und senkte den Blick auf die rutschige, von Asche bestäubte Straße. »Ich weiß nicht. Und das ist deine Schuld. Früher habe ich alles gewusst. Aber jetzt ist alles verworren.«
    »Ja, wir haben dich ganz schön durcheinandergebracht, nicht wahr?«, meinte Kelsier lächelnd.
    »Dich scheint das nicht zu stören.«
    »Keineswegs«, gab Kelsier zu. »Nicht im Geringsten. Ah, wir sind da.«
    Er blieb neben einem großen, breiten Gebäude stehen, vermutlich einem weiteren Skaa-Mietshaus. Drinnen war es dunkel; die Skaa konnten sich kein Lampenöl leisten und löschten für gewöhnlich das zentrale Feuer, nachdem sie das Abendessen zubereitet hatten.
    »Hier?«, fragte Vin unsicher.
    Kelsier nickte, ging zur Tür und klopfte zaghaft. Zu Vins Überraschung wurde sie zögerlich geöffnet, und ein drahtiges Skaa-Gesicht richtete den Blick hinaus in den Nebel.
    »Kelsier!«, sagte der Mann leise.
    »Ich habe euch gesagt, dass ich euch besuchen werde«, meinte Kelsier grinsend. »Und heute Nacht scheint mir eine gute Zeit dafür zu sein.«
    »Komm herein, komm herein«, sagte der Mann und zog die Tür weit auf. Er trat beiseite und achtete sorgsam darauf, dass ihn der Nebel nicht berührte, während Kelsier und Vin eintraten.
    Vin war schon früher in Skaa-Häusern gewesen, doch nie zuvor waren sie ihr so ... bedrückend erschienen. Der Geruch von Rauch und ungewaschenen Körpern war beinahe überwältigend, und sie musste ihr Zinn löschen, damit sie sich nicht übergab. Im schwachen Licht eines kleinen Kohleofens sah sie eine große Zahl von Leuten, die eng aneinandergedrückt auf dem Boden schliefen. Der Raum war ausgefegt und von Asche befreit, aber zu mehr waren die Skaa nicht in der Lage. Schwarze Flecken bedeckten Kleider, Wände und Gesichter. Es gab nur wenige Möbelstücke und allzu wenige Decken.
    Früher habe ich auch so gelebt,
dachte Vin entsetzt.
Die Schlupfwinkel der Bande waren genauso überfüllt - manchmal war es sogar noch schlimmer. Das war mein Leben.
    Die Leute standen auf, als sie sahen, dass sie Besuch hatten. Kelsier hatte seine Ärmel aufgerollt, wie Vin bemerkte, und die Narben an seinen Armen waren selbst in dem schwachen Licht deutlich

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