Kinder des Wassermanns
trug er nicht.
»Gott gebe Euch einen guten Tag«, grüßte Tomislav und schlug das Kreuz. Dasselbe hätte er zu dem bescheidensten alten Weiblein gesagt.
»Das mag auch von Euch abhängen«, gab Iwan Subitsch trocken zurück.
Tomislav konnte sich ein Stirnrunzeln nicht ganz verkneifen, als Vater Petar, der Burgkaplan, hinter dem Zhupan eintrat. Das war ein hagerer Mann, der selten lächelte. Die Priester tauschten ein steifes Nicken aus.
»Nun, habt Ihr eine nützliche Nachricht für uns?« fragte Iwan.
Tomislav antwortete zögernder, als es seine Gewohnheit war. »Vielleicht – vielleicht auch nicht. Mein Verstand reicht nicht aus, diese Sache auf einmal zu begreifen.«
»Das ist kaum eine Überraschung«, fuhr Petar dazwischen. »Mein Sohn, ich habe Euch gewarnt, es sei nichts als Zeitverschwendung, nach einem zu schicken, der ... der eine tief im Wald gelegene Gemeinde betreut. Nichts für ungut, Tomislav. Ich hoffe, Ihr werdet mir beipflichten, daß diese Angelegenheit von gelehrten Doktoren untersucht werden muß, daß der Ban oder vielleicht des Königs eigene Regenten eine Entscheidung fällen sollten.«
»Wir würden nicht allzubald von ihnen hören«, sagte Iwan. »Inzwischen haben wir mehr als hundert fremdartige Ankömmlinge zu bewachen und zu füttern. Es belastet uns, sie zu ernähren, ganz zu schweigen davon, daß ihre Anwesenheit Unbehagen unter dem Volk hervorruft.«
»Was habt Ihr aus Schibenik erfahren?« erkundigte sich Tomislav.
Iwan zuckte die Schultern. »Was ich Euch schon gestern, als Ihr ankamt, in Kürze mitgeteilt habe. Das sinkende Wrack eines ausländischen Schiffes; Tote von dieser Rasse und von Menschen, die Italiener – höchstwahrscheinlich Venetianer – zu sein scheinen, die sie angegriffen haben müssen. Soviel haben die Leute des Satnik herausbekommen. Klugerweise hat er Vorsichtsmaßnahmen getroffen, daß sich die Kunde nicht ausbreitet. Die Leichen wurden insgeheim beerdigt, die Soldaten erhielten strengen Befehl, niemandem etwas zu sagen. Trotzdem werden Gerüchte entstehen, aber wir hoffen, sie werden nichts als Gerüchte bleiben und nach einer Weile absterben.«
»Ausgenommen hier«, brummte Petar und fuhr mit den Fingern durch seinen blonden Bart. Seine andere Hand ließ die Perlen des Rosenkranzes klappern.
»Ja. Nun, nach und von Skradin gibt es nicht viel Verkehr«, meinte Iwan. »Ich habe eine Bitte um Hilfe abgesandt – nach Lebensmitteln und Verstärkung – , habe aber bisher noch keine Antwort erhalten. Zweifellos hat der Satnik bereits einen Brief an Ban Pawel unterwegs, in dem er um Instruktionen nachfragt, und wird vorsichtig sein mit dem, was er tut, bis er sie hat. Das läßt die ganze Bürde auf meinen Schultern, weshalb ich an Rat suche, was ich bekommen kann.«
»Ganz gleich, von wem?« schalt Petar.
Tomislav wurde ärgerlich, faßte seinen Stock fester und grollte zurück: »Welchen Rat hättet
Ihr
denn zu geben?«
»Am sichersten ist es, sie zu töten«, erklärte Petar. »Sie mögen menschlich sein oder auch nicht, aber Christen sind sie ganz bestimmt nicht – weder Katholiken nach dem westlichen Ritus, obwohl dieser eine unter ihnen Latein kann, noch unseres Glaubens. Sie sind auch keine orthodoxen Schismatiker, sie gehören nicht der Gefolgschaft des verabscheuungswürdigen Häretikers Bogomil an, ja, nicht einmal Juden oder Heiden sind sie.« Seine Stimme stieg in die Höhe; zwischen den kühlen Steinmauern schwitzte er. »Nackt, schamlos; es wurde beobachtet, daß sie hemmungslos kopulieren ... selbst die schlimmsten Heiden haben doch einigen Anstand, kennen eine Art von Ehe ... Und nichts, das einem Gebet, einem Opfer, einem Akt der Anbetung ähnelt, hat man bei ihnen festgestellt.«
»Sollte das wahr sein ...« – Tomislav sprach mit milder Stimme –»... nun, dann wäre es die schwerste aller Sünden, sie zu erschlagen, wenn wir sie statt dessen zu Gott führen könnten.«
»Das können wir nicht«, verteidigte Petar seinen Standpunkt. »Es sind Tiere, sie haben keine Seelen, oder sie sind etwas noch Schlimmeres, stammen aus der Hölle selbst.«
»Das bleibt abzuwarten«, unterbrach Iwan.
Petar umklammerte das Handgelenk des Zhupan. »Herr ... mein Sohn ... mein Sohn, sollen wir die Gefahr der Verdammung auf uns nehmen, die sie über uns bringen könnten? Die Heilige glagolitische Kirche wird bereits belagert – vom Papst, der unser liebender Vater sein sollte, von den Orthodoxen Serbiens und des Reichs, von den vom Satan
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