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Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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Unterwasseratmung umzustellen. Die eisig grünen Strudel rings um ihn trübten und verkürzten die Sicht ... er sah aufgewühltes Chaos über und vor sich ... Kampflärm krachte Schlag auf Schlag gegen seine Trommelfelle. Die Fluten waren vergiftet von dem Geschmack nach Eisen und nach Menschenblut. Der Tote sank an ihm vorbei, drehte sich langsam auf seinem Weg zu den Aalen.
    »Wir werden das Ding beschäftigt halten, so lange wir können, während du von unten angreifst«, hatte Haakon gesagt. »Es wird nur eine kurze Frist sein.«
    Tauno, nun bereit, nahm eine Klinge zwischen die Zähne und schnellte sich nach vorn. Im Angriff verlor er sowohl seine Furcht als auch sein Selbst. Es gab keinen Tauno, keinen Tupilak, keine Schar von Männern mehr; es gab nur noch die Schlacht.
    Die Boote waren Schatten auf der splitternden hellen Decke seiner grünen Welt, die zerbrachen und sich neu bildeten. Deutlicher war der Tupilak, die Ausbuchtung seines Bauchs ... Tauno sah, daß er mit Lederriemen zusammengenäht war, er nahm einen Geruch von Moder und faulendem Fleisch wahr. Klauen ragten hinten aus dem Ruderschwanz. Tauno schoß an ihm vorbei.
    Das Messer war jetzt in seiner Hand. Seine Beine beförderten ihn vorwärts, während er schnitt. Ein langer Riß in der Naht folgte der Klinge. Tauno stieß sich außer Reichweite eines Fußes, der nach ihm trat.
    Als er sich, begleitet von einem Strom Luftblasen, in einem Bogen herumschwang, sah er Knochen von Seeleuten herausfallen. Der verstandeslose Tupilak wütete gegen die Norweger. Tauno warf einen kurzen Blick auf den peitschenden Schwanz. Der Lärm schüttelte ihn.
    Wieder schwamm er nahe heran – halte den Unterwasseratem an gegen den Grabesgestank, schneide die Naht weiter auf, fasse die Ecke, reiße die Haut weit zurück – , ein Hieb traf ihn über die Rippen, er verlor sein Messer, seine Beine konnten ihn gerade noch davonstoßen.
    Das Ungeheuer schrie. Die Haifischschnauze fuhr suchend hin und her. Flossen und Schwanz schickten den riesigen Rumpf auf Tauno zu. Ihm schoß der Gedanke durch den Kopf, daß Inuit bei einem solchen Kampf klug genug gewesen wären, dem Tupilak viele Harpunen mit nachschleppenden Luftblasen in den Körper zu stoßen und ihn so zu behindern. Nun, wenigstens war der Menschenfresser langsam und unbeholfen. Tauno konnte in Kreisen um ihn herumschwimmen. Doch nahe an ihn herangehen, das war ... etwas, das getan werden mußte.
    Das Fell löste sich flappend von dem Rahmenwerk, das – ja! – hier und da auseinanderzufallen begann. Aber die Füße und der Schwanz bewegten sich immer noch, die Kiefer schnappten noch. Tauno setzte sich auf den Rücken, wo nichts ihn erreichen konnte. Er klammerte sich mit den Schenkeln fest, ungeachtet der Seepocken, die seine Haut aufrissen. Er zog ein zweites Messer und machte sich an die Arbeit.
    Rings um den gewaltigen Rumpf konnte er nicht greifen. Aber als er losließ, schlug der halb abgetrennte Schwanz nur noch schwach. Wie dunkle Fetzen zog Schwindel an Taunos Augen vorüber. Er mußte sich zu einer kurzen Ruhepause zurückziehen.
    Besaß der Tupilak ein dumpfes Wissen, oder wurde er getrieben, den Fluch zu erfüllen? Er wälzte sich wieder auf die Boote zu.
    Wenn das Ungeheuer die Boote versenkte, ob es ihren Untergang überdauerte oder nicht, würde dann Eyjan jemals freigelassen werden? Tauno hörte, wie die schwere Masse sich gegen die Planken warf, und erhob sich, um es sich über Wasser anzusehen.
    Das zweite Boot trieb vollgeschlagen dahin, hilflos, bis die vier Männer es ausschöpfen und ihre im Wasser liegenden Ruder von neuem ergreifen konnten. Der Tupilak schlug wieder und wieder auf Haakons Boot ein, dessen Vordersteven gebrochen war und dessen Planken sich von den Spanten lösten. Hals und Kopf des Tupilaks bogen sich auf der Suche nach Beute über den Rand. Wo war der Vogt? Sein Sohn Jonas hieb tapfer mit einer Axt zu – Steinkil, neben ihm, ebenso. Während Tauno hinsah, kam Steinkils Hand zu nahe an die Zähne. Sie schlossen sich, Blut sprudelte. Steinkil warf sich zurück, umklammerte das Handgelenk, wo seine rechte Hand gewesen war.
    Haakon zeigte sich; er mußte bewußtlos im Boot gelegen haben. Gesicht und Brust waren scharlachrot verschmiert, der letzte Farbtupfer unter einem wolfsgrauen Himmel. Irgenwie entdeckte er Tauno. »Willst du Hilfe, Meermann?« rief er.
    Unter einer Ruderbank holte er den Anker hervor, mit hölzernem Schaft, aber mit Ring, Stock und Flunken aus Eisen, aus

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