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Kinder des Wassermanns

Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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auseinandernimmt.
    Oben im Mastkorb beschmutzte Sivard sich und winselte um Gnade.
    So angeschlagen Torben war, gelang es Niels doch nicht, ihn sofort zu töten. Er mußte mehrmals angreifen, ehe er ihm das Messer in den Bauch stoßen konnte, und dann starb Torben nicht daran. Er schlug blutend und heulend um sich, bis Eyjan Zeit fand, ihm dem Todesstoß zu versetzen. Niels erbrach sich. Inzwischen war Ranild wieder auf die Füße gekommen. Sein Schwert flog aus der Scheide; das kalte Licht lief die Klinge entlang. Er und Tauno umkreisten einander und suchten nach einer Blöße des Gegners.
    „Was du auch tust“, sagte Tauno zu ihm, „du bist ein toter Mann.“
    „Wenn ich im Fleisch sterbe“, höhnte Ranild, „werde ich in Ewigkeit leben, doch aus dir wird nichts anderes als Dung.“
    Tauno bliebt stehen und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. „Ich verstehe nicht, warum das so sein soll“, meinte er. „Doch vielleicht braucht eure Art die Ewigkeit notwendiger.“
    Ranild glaubte, jetzt eine günstige Gelegenheit zu haben. Er machte einen Ausfall. So ging er Tauno in die Falle. Tauno war nicht mehr dort, wohin Ranilds Schwert zielte, er war einfach zur Seite getreten. Mit der Kante seiner linken Hand hieb Tauno auf Ranilds Handgelenk. Das Schwert fiel klirrend zu Boden. Taunos rechte Hand brachte das Messer ins Ziel. Ranild fiel auf das Deck. Die Sonne ging auf, und all das Blut leuchtete in einem unmöglichen Rot.
    Ranilds Wunde war nicht tödlich. Er starrte zu Tauno hoch und röchelte: „Laß mich … Gott meine Sünden gestehen … laß mich der Hölle entrinnen.“
    „Warum sollte ich?“ erwiderte Tauno. „Ich habe keine Seele.“ Er hob den sich schwach wehrenden Körper hoch und warf ihn für die Hundsfische über Bord. Eyjan flitzte die Webleinen hoch, um dem Lärm, den Sivard veranstaltete, ein Ende zu bereiten.

 
Zweites Buch
Der Selkie
     
1
     
    Vanimen, der der König von Liri gewesen und jetzt der Kapitän eines namenlosen Schiffes war – denn er hatte gedacht, Pretiosissimus Sanguis sei ein böses Omen –, unterwegs zu einer unbekannten Küste, stand am Bug und hielt Ausschau. Das Volk an Bord sah, wie angespannt sein großer Körper und wie ernst sein Gesicht war.
    Hinter ihm knatterte das Segel im Wind. Der Hulk ächzte laut. Er gierte in den Wellen, die ihn bereits rollen und stampfen ließen. Eine Gischtwolke wehte über das Hauptdeck. Die Fahrgäste, die sich hier aufhielten – zumeist Frauen und Kinder – drängten sich aneinander. Zornige Rufe stiegen aus ihrer Mitte auf.
    Vanimen beachtete sie nicht. Er suchte mit den Augen das Wasser ab. Es wallte grau wie Eisen, weiß wie Graupeln in immer höheren Wellen unter zerfetzten, dunklen Wolken dahin. Der Wind heulte, kreischte im Tauwerk, zog und drückte, schlug Eiszapfenzähne in Fleisch. Regenböen wanderten am Horizont entlang. Voraus hatte eine Höhle aus Purpurschwarz die Nachmittagssonne verschluckt. Von Minute zu Minute gähnte ihr Schlund weiter. Blitze zuckten daraus hervor, und der darauffolgende Donner war über Seemeilen hinweg zu hören.
    Die Reisenden, die sich im Wasser befanden, sahen den Sturm kommen und kehrten eilends zurück. Das Schiff konnte sie nicht alle fassen, aber ihre Hilfe mochte benötigt werden. Vanimen erhaschte nur hin und wieder einen Blick auf sie, schöne Gestalten zwischen den Wogen, die sich ihnen entgegenwarfen. In der Nähe hob sich die Rückenflosse seines Mörderwals, des treuen Tiers.
    Meiiva stieg die Leiter zu ihm empor. Ihre blaue Haarmähne war eingeflochten und flog nicht so wild wie seine goldene. Um ihren schlanken Körper hatte sie einen Mantel aus einer Kleidertruhe gewik-kelt. Sie mußte die Lippen nahe an sein Ohr legen, um ihm mitteilen zu können: „Der Rudergast hat mich gebeten, dir zu sagen: Er fürchtet, daß er das Schiff nicht mit dem Bug zu den Wellen halten kann, wie du befohlen hast, sobald der Sturm richtig losgeht. Die Ruderpinne ist wie ein Aal in seinen Händen. Können wir irgend etwas mit dem Segel tun?“
    „Es reffen“, entschied Vanimen. „Wir laufen vor dem Sturm.“
    „Aber er kommt von … Nordwesten … Haben wir nicht schon Mühsal genug mit bösen Winden, Windstillen und entgegengesetzten Strömungen gehabt, seit wir die Shetlands hinter uns ließen? Müssen wir jetzt auch noch die Strecke verlieren, die wir bereits gefahren sind?“
    „Besser das als das Schiff. Oh, ein menschlicher Skipper könnte sicher einen klügeren Plan ersinnen.

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