Kinder
vorbereitet, sie
hatten zusammen gegessen, ein bisschen über den Tag und die vergangene Woche
geredet, hatten sich überlegt, was sie am Wochenende unternehmen könnten, und
Christine Werkmann hatte darauf geachtet, dass sie für Ausflüge vor allem
solche Ziele vorschlug, die sie dank ihrer Monatskarten auch mit Bus und Bahn
erreichen konnten. Alles war friedlich gewesen, es gab keine Spannungen, keinen
Streit.
Dann war Kevin zu Bett gegangen. Seine Mutter werkelte in der Küche,
machte sich einen Tee und freute sich auf einen entspannten Fernsehabend. Wie
üblich ging sie vorher noch kurz in Kevins Zimmer hinüber, um nach ihm zu sehen – und stand wie vom Schlag getroffen in der Tür, als sie sah, wie sich der
Rücken des Jungen zitternd hob und senkte, begleitet von schluchzenden
Geräuschen.
Es hatte eine Weile gedauert, bis Kevin erzählen mochte, was ihm so
zu schaffen machte. Doch dann brach es unter Tränen aus ihm hervor.
Er war seit ein paar Tagen immer wieder mit Lukas Pietsch zusammen
und schien in ihm nun endlich einen Freund gefunden zu haben. Christine
Werkmann war darüber erstaunt, aber auch glücklich – die beiden Jungs hatten im
vorigen Schuljahr einige Probleme miteinander gehabt, aber nun schienen sie
sich bestens zu vertragen.
Was Kevin allerdings zu schaffen machte: Er hatte beobachtet, wie
vier Jungs aus seiner Klasse Lukas umringt und ihn offenbar abkassiert hatten –
dieselben vier Jungs, die zuvor schon ihm selbst das Leben schwer gemacht
hatten, deren Namen er aber seiner Mutter unter gar keinen Umständen hatte
verraten wollen.
Eineinhalb Stunden lang versuchte Christine Werkmann ihrem Sohn
daraufhin die Angst auszureden, dass demnächst außer Lukas auch er wieder
abgezockt, gehänselt und geärgert werden würde. Irgendwann war Kevin zu
erschöpft, um ihr zu widersprechen, und er drehte sich zur Wand und schlief
schließlich ein. Ob er nun überzeugt war, dass ihm keine Gefahr drohte, konnte
sie nicht sagen. Sie wusste es ohnehin besser.
Michael kam zusammen mit seinen Geschwistern auf den
Schulhof. Tobias und Marc, die neben dem Schulgebäude warteten, gingen hinein,
als sie Michaels Begleiter sahen. Lukas sah auf dem Flur hin und her und
huschte dann schnell zu seinem Klassenzimmer. Michael schloss sich schon am
Wasserspender seinen Freunden Petar und Ronnie an, die dort gerade ihre
Flaschen füllten. Sarah winkte ihm noch kurz zu, aber Michael schaute betont
unauffällig weg – und seine Schwester tänzelte lächelnd die Treppe hinauf,
teils wegen des zur Schau getragenen Desinteresses ihres Bruders an Mädchen,
teils aus Vorfreude über das Wiedersehen mit Sören.
Doch Sörens Platz im Klassenzimmer der 9c war leer. Sarah sah
fragend zu seinem Banknachbar Hendrik hin, doch der zuckte nur mit der Schulter
und musterte Sarah, bis sie saß, und fragte sich insgeheim: Hatte Sarah was mit
Sören?
Kurz darauf kam Jörg Zimmermann herein, die Gespräche verstummten
und alle Augen richteten sich auf den Lehrer. Auf der Tafel skizzierte er kurz
das heutige Thema, dann drehte er sich zur Klasse um und gab den Fahrplan für
die heutige Doppelstunde vor. Er genoss es sehr, in jüngster Zeit nicht mehr
gegen seine Schüler ankämpfen zu müssen.
Am Abend verschwanden Lukas und Michael gleich nach dem
Essen wieder auf ihren Zimmern. Am nächsten Tag stand ihnen eine Klassenarbeit
bevor, Michael in Geschichte, Lukas in Deutsch – und da beide Fächer von Rosemarie
Moeller unterrichtet wurden, konnten Annette und Rainer Pietsch gut verstehen,
dass sich ihre Kinder richtig Mühe geben wollten.
Sarah saß noch ein Weilchen mit den Eltern am Tisch. Sie wirkte
etwas bedrückt, wollte aber nicht sagen, was in ihr vorging – sie wusste es ja
selbst nicht so genau: Sören hatte heute in der Schule gefehlt, sein
Banknachbar Hendrik hatte von nichts gewusst, und als er sie fragte, warum sie
denn ständig etwas über Sören wissen wolle, war ihr klar geworden, dass sie
sich wohl etwas zu auffällig verhalten hatte.
Die Eltern gaben sich mit Sarahs knappen Ausreden – »Mir ist heute
einfach nicht so nach Quatschen« – zufrieden und unterhielten sich weiter über
die neuesten Aufträge für Annette Pietschs Cateringservice. Das Buffet für
Karin Knaup-Clement war sehr gut angekommen, und noch während der Veranstaltung
in den neuen Büroräumen hatten sich einige der Gäste Visitenkarten von Annette
Pietsch geben lassen – die ersten Anfragen waren inzwischen eingegangen, und
sie war
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