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Kinder

Kinder

Titel: Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Seibold
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Miene.
    »Nein, ich mach die Strafarbeit, aber ich muss doch auch die
Hausaufgabe noch einmal machen, oder?«
    Sie nickte.
    »Dann brauche ich doch noch einmal ein neues Blatt, wenn das alte
weg ist. Geben Sie mir bitte eins?«
    Kurz dachte die Lehrerin nach, dann fragte sie die beiden anderen:
»Braucht ihr das Blatt auch noch einmal?«
    Marcella und Petar schüttelten den Kopf.
    »Gut, Michael, dann kopier dir das von einem der beiden, ja? Etwas
Eigeninitiative kann nicht schaden.«
    Damit ging sie ansatzlos zum heutigen Unterrichtsthema über, und
Petar wedelte mit dem leeren Arbeitsblatt, das er aus dem Ranzen zog. Michael
nickte ihm dankbar zu.
    Eine Reihe hinter ihm knuffte Marc seinen Freund Tobias leicht in
die Seite und öffnete unter dem Tisch seine rechte Hand ein wenig: Das
vollständig ausgefüllte Arbeitsblatt war inzwischen zu einem festen Papierball
zusammengeklumpt.
    »Sag mal, du Lusche!«, fuhr ihn Marius an, als er Lukas in
der großen Pause zusammen mit Claas, Hype und Benjamin in eine Ecke abgedrängt
hatte, die vom Schulhauseingang nicht einsehbar war. »Das soll alles sein?«
    Lukas hielt seinem Klassenkameraden noch immer die Hand mit zwei
Fünf-Euro-Scheinen und einigen Münzen hin, und er versuchte, nicht allzu sehr
zu zittern. »Mehr habe ich nicht«, sagte er schließlich und schluckte, weil die
vier anderen aussahen, als ob sie gleich wütend würden.
    »Sehen wir aus, als könntest du uns verarschen, oder was?«
    »Ich …«, begann Lukas, aber da hatte ihn Benjamin schon mit der
Faust in die rechte Hüfte geschlagen, sodass Lukas ein wenig einknickte.
    »Halt die Klappe, du Opfer!«, zischte Marius. »Morgen bringst du
mehr mit, sonst kannst du was erleben!«
    Damit wandten sich die vier Jungs von Lukas ab und gingen in
Richtung Stadtmitte davon. Wahrscheinlich würden Sie das Geld, das er seit dem
Ende der Sommerferien für einen neuen Bausatz zusammengespart hatte, gleich
ausgeben. Sie konnten ja mit Nachschub rechnen, wenn Lukas auch keine Ahnung
hatte, wo er nun noch mehr Geld herbekommen sollte.
    Nach der Schule hatte sich Sarah noch mit einigen
Freundinnen in der Eisdiele verquatscht. Sie hatten über Jungs geredet und über
Klamotten, darüber, was sie am Wochenende alles vorhatten, und dann auch sehr
ausführlich über die anstehenden Klassenarbeiten.
    Sarah hatte sich erst gewundert, dass sich ihre Freundinnen
neuerdings so interessiert am Schulstoff zeigten – das war in der achten Klasse
noch kein Thema gewesen. Aber ihr selbst ging es ja nicht anders, und
wahrscheinlich wurden sie nun eben einfach älter und reifer. Und es war zudem
ein angenehmes Gefühl, wenn man sich morgens auf den Weg zur Schule machen
konnte, ohne im überfüllten Schulbus noch rasch die fehlenden Hausaufgaben zusammenschustern
zu müssen.
    Vor der Eisdiele zerstreuten sich die Mädchen in alle Richtungen,
und Sarah musste sich beeilen, wenn sie ihren Bus noch erreichen wollte. An der
Haltestelle standen drei Siebtklässler, ihr Bruder Michael war nicht darunter.
    Sie stellte sich ein Stück abseits, steckte sich einen Kaugummi in
den Mund und sah auf die Uhr: eine Minute noch.
    »Das sieht … cool aus«, sagte Rico direkt in ihr Ohr.
    Sarah erschrak und machte einen Satz zur Seite. Sie hatte nicht
bemerkt, wie er sich von hinten an sie herangeschlichen hatte.
    »Spinnst du?«, fuhr sie ihn an, aber Rico grinste nur.
    »Sieht cool aus, wie du Kaugummi kaust«, sagte er noch einmal und deutete
auf ihren Mund.
    »Laber hier nicht rum, lass mich in Ruhe!«
    Rico sah sie weiter an und zog einen Schmollmund.
    »Och …«
    »Was willst du eigentlich?«, fragte Sarah schließlich und hielt aus
den Augenwinkeln ungeduldig Ausschau nach dem Bus.
    »Das weißt du doch: Ich möchte mal mit dir … was weiß ich:
ausgehen, spazieren gehen, Eis essen. Irgendwas halt.«
    »Na, toll. Und warum?«
    »Warum?« Rico lachte. »Ich finde dich cool. Und ich finde, dass wir
beide gut zusammenpassen würden.«
    »So, so, findest du«, schnaubte Sarah, und sie versuchte, ihrer
Stimme einen höhnischen Unterton zu geben. »Bist du nicht ein bisschen jung für
mich?«
    »Na, hör mal: Ich bin zwei Jahre älter als du!«
    »Eben«, sagte Sarah schnippisch und wandte sich zum Gehen. Der Bus
fuhr gerade in die Haltebucht und Sarah steuerte auf die Vordertür zu, die in
dem Moment aufschwang, als Rico sie wieder eingeholt hatte. Schnell schlüpfte
sie in den Bus und ließ sich auf einen Fensterplatz auf der anderen

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