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Kindersucher - Kriminalroman

Kindersucher - Kriminalroman

Titel: Kindersucher - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grossman
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ist so gewesen, Inspektor. Milo und ich kamen von unserer Lieblingsbäckerei auf der Kochstraße zurück, als plötzlich dieser Eiswagen vorfuhr. Wir sind zwar klein, aber wir sind nicht dumm. Wir wissen, was passiert ist, und wir haben gesehen, dass die Rothaarige hinter dem Steuer saß, diese Frau mit der schlechten Haut, ganz in Weiß gekleidet, genau wie wir es gehört haben. Sie hat uns ganz lieb gefragt, ob wir Eis haben wollten, kostenlos, weil sie es loswerden müsste, bevor sie den Wagen wieder zurückbrachte. ›Fick dich, Hexe!‹, hat Miro geschrien, und dann haben wir beide angefangen zu rufen: ›Kinderfresser! Kinderfresser!‹ Da ist sie ganz schnell weggefahren, aber in dem Moment kam ein Lieferwagen, und wir sind auf das Trittbrett gesprungen und haben uns festgehalten und ganz dicht an das Auto gepresst, so dass sieuns nicht sehen konnte. Vielleicht zehn Straßen weiter ist der Lastwagen nach links abgebogen, deshalb mussten wir abspringen, damit wir sie nicht aus den Augen verlieren.«
    Kraus fragte sich mittlerweile, ob er hier vielleicht selbst verschaukelt wurde und die beiden hungrigen Kinder nicht einfach nur irgendetwas erfanden für die Aussicht auf eine warme Mahlzeit.
    »Zum Glück kam eine Straßenbahn, die in dieselbe Richtung fuhr, also sind wir aufgesprungen und auf der Kupplung zwischen den Waggons mitgefahren, bis zur Landsberger Allee.«
    Kraus richtete sich auf. Landsberger Allee! »Und dann?«
    »Dann haben wir sie aus den Augen verloren«, erklärte Dolf.
    Sie verloren? Kraus’ Mund wurde trocken.
    Der kleine Milo schüttelte jedoch den Kopf. »Ich habe sie nicht verloren. Ich habe gesehen, wohin sie gefahren ist.«
    »Wohin, Milo? Wohin ist sie gefahren?«
    »An diesen großen Ort mit den Mauern, wo sie all die Tiere töten.«
    »Dieser Brief stammt von einem der berühmtesten Wissenschaftler der Welt.« Madame Grzenskya nahm die altmodische Brille von ihrem stark geschminkten Gesicht. »Der Direktor der Physiologischen Abteilung des Institutes für Experimentalmedizin in Leningrad ist niemand anders als Iwan Petrowitsch Pawlow.«
    Pawlow, dachte Kraus. Das ist doch der Kerl, der Hunde für seine Experimente benutzt hat.
    »Können Sie ihn uns bitte vorlesen, Madame ...«
    Die Grzenskya kniff die Augen zusammen, während sie ihre juwelengeschmückte Brille hochhielt, dann riss sie die Augen auf, kniff sie anschließend noch enger zusammen – eine überaus dramatische Einleitung.
    »›Ein höchst bestürzender Brief‹«, sie modulierte ihre Stimme bedeutungsvoll, »›ist Anfang der Woche in meinem Büro eingetroffen, und ich habe ihn umgehend ins Feuer geworfen.‹« Sie deutete die Tat mit einer Handbewegung an. »›Ein Schicksal, das aller unwillkommenen Korrespondenz widerfährt, die ich erhalte, vor allem von sogenannten Tierliebhabern. Als wäre ich nicht tierlieb! Ich verehre das erhabenste aller Tiere, und was ich tue, tue ich nur in seinem Dienste.‹«
    Kann denn niemand, dachte Kraus, während er unruhig auf seinem Stuhl hin und her rutschte, nicht einmal ein Nobelpreisträger, auf den Punkt kommen?
    »›Doch noch Tage, nachdem dieser Brief in Flammen aufgegangen war, brannte die Nachricht in meinem Kopf weiter. Ich wollte nicht glauben, dass ein solcher Mann tatsächlich ein Wissenschaftler sein könnte, aber seine detaillierte Kenntnis meiner Arbeit ließen an seinem Sachverstand keinerlei Zweifel. Er nannte sich selbst Dr. Spiegel, ohne einen Vornamen zu nennen; die Absenderadresse lautete Turm-Laboratorien, Wasserstraße, Berlin.‹«
    Ein Donnerschlag schien durch Kraus’ Hirn zu hallen. »Gunther, hol das Straßenverzeichnis und such nach jeder Wasserstraße in dieser Stadt – es müssen mindestens ein halbes Dutzend sein.«
    »Wie wahr.« Die Grzenskya ließ ihre Brille sinken. »Diese hiesige Art und Weise, Straßennamen doppelt zu verwenden ...«
    »Würden Sie bitte einfach fortfahren!«, fauchte Kraus.
    Die Grzenskya zuckte zusammen. Wie konnte er es wagen, so mit ihr zu reden! Mit einer Hofdame der Romanows! Sie reckte jedoch nur hoheitsvoll das Kinn vor und setzte die funkelnde Brille wieder auf ihre Nase.
    »›Dr. Spiegels Brief war in makellosem Russisch verfasst‹,«, fuhr sie sachlicher fort. »›Entweder kennt der Mann unsereSprache ganz ausgezeichnet, oder er hatte einen hervorragenden Übersetzer ... Obwohl jeder, dem vor Augen gekommen wäre, was er schrieb, ganz gewiss zur Polizei gegangen wäre. Der Brief begann mit einem Lobgesang

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