Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kindersucher

Kindersucher

Titel: Kindersucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grossman
Vom Netzwerk:
nahm eine weitere Zigarette heraus, klopfte sie fest auf das Metall, bevor sie sich zwischen die Lippen schob. »Was wollen Sie über sie wissen?«
    Obwohl Helga sich so gelassen gab, konnte Kraus erkennen, dass ihre Hand leicht zitterte, als sie ein Streichholz anzündete.
    »Ich muss sie finden.«
    »Warum?«
    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, möchte ich hier die Fragen stellen.«
    Helga zuckte mit den Schultern und verdrehte leicht die Augen. »Ich habe keine Ahnung, wo sie ist. Es ist schon lange her.«
    »Wie lange?«
    Sie lächelte schüchtern und spitzte ihre Püppchenlippen. »Ich glaube, es war Einstein, Herr Kriminalsekretär, der gesagt hat, die Zeit wäre relativ. Und dass sie in manchen Fällen sogar ...«
    »Hören Sie, wenn Sie dieses Gespräch lieber im Präsidium fortsetzen wollen ...«
    »Also wirklich. Sie brauchen mich doch nicht gleich zu schikanieren. Ich habe Ihnen doch gesagt, ich weiß nicht, wo dieses Miststück ist. Ich habe sie seit Jahren nicht mehr gesehen.«
    »Seit wie vielen Jahren?«
    »Das weiß ich nicht. Zwei Jahre vielleicht. Mindestens zwei Jahre, wenn nicht sogar mehr.«
    »Aber Sie wissen, wen ich meine?«
    »Selbstverständlich weiß ich das.«
    »Wie lautete ihr wirklicher Name?«
    »Ilse.«
    »Ilse und weiter?«
    »Ich habe keine Ahnung. Sie hat ihn mir niemals genannt, und ich habe sie niemals danach gefragt.«
    »Sie müssen doch jemanden kennen, der sie finden kann. Denken Sie nach.«
    Helga starrte auf den Rauch, der von ihrer Zigarette aufstieg. »Nein. Ich kenne niemanden, der weiß, wo sie stecken könnte.«
    »Wo haben Sie und Ilse sich kennengelernt?«
    »Sagen Sie, Herr Kriminalsekretär, sind Sie immer so brüsk? Warum setzen Sie sich nicht zu mir und trinken ein Tässchen Tee? Und es macht Ihnen doch sicher nichts aus, wenn ich ein bisschen Gesichtscreme auftrage, während wir plaudern, oder? Ich weiß, dass ich das eigentlich nicht in Ihrer Gegenwart tun sollte, aber ich lege sehr viel Wert darauf, jung zu bleiben.«
    »Ich habe Sie gefragt, wo Sie Ilse kennengelernt haben.«
    »Zufällig bin ich ein Idealist.« Sie rieb sich die Creme mit kreisenden Bewegungen auf die Haut. »Ich neige dazu, die Welt in Pastellfarben zu malen, und sehe nur das Beste in jedem. Das führt dazu, dass ich allen möglichen Leuten behilflich bin, auch etlichen, bei denen ich das besser lassen sollte.«
    »Gibt es einen Grund, warum Sie meiner Frage ausweichen?«
    »Sie sind ja so einfühlsam. Ich fühle mich fast nackt vor Ihnen. Ich nehme an, ich bin etwas verlegen, weil ich Ilse in der Kirche kennengelernt habe. So, jetzt habe ich es ausgesprochen. Und zwar in der Kirche meines Ehemannes. Schon komisch, stimmt’s, wenn man zurücksieht? Ilse war ein Gemeindemitglied. Als ich weggegangen bin, kam sie mit mir.«
    »Wie war ihre Beziehung zu ihr?«
    Helga zuckte mit den Schultern. »Eine Weile standen wir uns sehr nahe. Bis ich dann weiterzog. Sie wurde eifersüchtig. Das ist die Hydra, gegen die ich unaufhörlich kämpfen muss. Mein Verlangen nach Harmonie ist so groß, dass ich generell Konfrontationen aus dem Weg gehe. Aber dieses Mädchen, na ja, ich musste irgendwann ihr gegenüber sehr deutlich werden. Sie hatte eine gemeine Ader.«
    »Wie gemein?«
    »Hässlich gemein.«
    »Warum wurde sie die Hirtin genannt?«
    »Weil sie uns Tiere gebracht hat, Herr Kriminalsekretär. Für Rituale. Obwohl wir so etwas schon lange nicht mehr machen.« Helga schien sehr viel Wert darauf zu legen, dass Kraus das verstand.
    »Hatte sie Verbindungen zum Viehhof?«
    »Zum Viehhof?« Helga hielt inne und starrte Kraus im Spiegel an. Ihr Gesicht glich einer weißen, geisterhaften Maske. »Was für eine seltsame Frage! Warum fragen Sie danach?«
    »Weil man in Berlin normalerweise nur dort lebende Tiere bekommt.«
    »Ah, verstehe. Ja, sehr gewieft. Könnten Sie diese Lampe für mich anmachen, Schätzchen?«
    Er schaltete eine Lampe neben ihr an und bemerkte dabei den kleinen roten Indianer, der auf den Lampenschirm gestempelt war.
    »Jetzt, da Sie es erwähnen ...« Helga fuhr sich mit der Hand über ihre Flanke. »Ich glaube, mich an so etwas wie einen Familienbetrieb erinnern zu können, der irgendetwas mit dem Viehhof zu tun hatte.« Sie hielt mit der Hand an ihrer Taille inne und kniff sich. »Aber fragen Sie mich bloß nicht, was genau das war. Finden Sie, dass ich fett werde, Herr Kriminalsekretär?«
    Sie nahm Kraus’ Hand und legte sie auf ihren Körper.
    Er zog sie zurück. »Ich bin

Weitere Kostenlose Bücher