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Kindertotenlied: Thriller (German Edition)

Kindertotenlied: Thriller (German Edition)

Titel: Kindertotenlied: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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musste vorgefallen sein … Anders war das nicht zu erklären. Niemals hätte San Antonio sich zu einem solchen Deal bereitgefunden, wenn keine außerordentlichen Umstände vorlägen. Und Servaz war Teil der Gleichung. Margot!, schoss es ihm durch den Kopf, während sich sein Magen zusammenkrampfte.
    „Es gibt Neuigkeiten“, sagte der Direktor und bestätigte damit seine Ahnung.
    Die Angst schnürte Servaz die Kehle zu. Der Lärm des Boulevards drang durch das offene Fenster herein; die Klimaanlage war noch immer nicht repariert worden.
    „Erinnerst du dich an Elvis Elmaz, den Typen, den ihr im Krankenhaus vernommen habt?“
    Servaz nickte.
    „Er wurde gestern Nacht angegriffen. Er schwebt in Lebensgefahr.“
    „Was ist passiert?“
    „Offenbar hat ihn jemand an einen Stuhl gebunden, mit Fleischstücken präpariert und an seine Hunde verfüttert.“
    Servaz sah seinen Chef an, er versuchte, den Sinn seiner Worte zu verstehen und sich die Szene vorzustellen, aber dann gab er es sehr schnell auf.
    „Er ist im Krankenhaus“, fuhr Stehlin fort. „Das halbe Gesicht herausgerissen, Arme und Rumpf an mehreren Stellen bis auf die Knochen zerfleischt, etliche Organe sind schwer betroffen, er hat sehr viel Blut verloren. Er ist so stark verletzt, dass er auf einer Station für Schwerstbrandverletzte und unter einem Sauerstoffzelt liegt. Es ist wohl kein schöner Anblick … und er hat nur sehr geringe Überlebenschancen. Mitten in der Nacht ist er ins Koma gefallen. Falls er durchkommt, verdankt er das seinem Nachbarn, der fünfhundert Meter weit weg wohnt; er hat mitten in der Nacht ein Auto vorbeikommen sehen und die Hunde wie rasend bellen gehört. Aber bevor er im Rettungswagen das Bewusstsein verlor, hat er noch etwas getan …“
    Das war es also … Was? , schrie Servaz‘ Gehirn. Stehlin streckte die Hand zu einer Stelle seines Schreibtischs aus. Servaz erblickte dort einen durchsichtigen Beweismittelbeutel mit einem Etikett.
    „Er hat einem der Rettungssanitäter zu verstehen gegeben, dass er etwas aufschreiben wolle. Er hatte keine Lippen und keine Zunge mehr, konnte also nicht mehr sprechen … Zumal er eine Sauerstoffmaske auf dem Gesicht hatte. Aber offensichtlich hat der Typ so eindringlich gestikuliert, dass der Rettungssanitäter ihm schließlich einen Notizblock und einen Kuli gereicht hat …“
    Stehlin hob den Beweismittelbeutel hoch und hielt ihn Servaz hin.
    „Das hat er geschrieben.“
    Der Polizist nahm ihn. Er betrachtete den Notizblock im Innern. Eine verzitterte, nervöse Handschrift.
     
    Servaz durchleuchtet Vergangenheit
     
    Jetzt verstand er, wieso Santos sich ausnahmsweise
    bereit erklärt hatte, die Vernehmung zu verschieben. Er empfand gleichzeitig große Erleichterung und brennende Neugierde.
    „Hast du seine Vergangenheit durchleuchtet?“, wollte Stehlin wissen.
    Servaz schüttelte den Kopf. Ihm war schwindlig.
    „Wir haben die Spur Elvis nicht weiterfolgt, als sich sein Alibi als stichhaltig erwies“, antwortete er.
    „Also ich glaube, da fehlt ein Komma“, sagte Stehlin.
    „‘Servaz, durchleuchtet die Vergangenheit‘“, stellte der Polizist richtig. „Welche Vergangenheit meint er? Seine?“
    „Wahrscheinlich.“
    Servaz spürte, wie sich die Rädchen in seinem Gehirn in Bewegung setzten.
    „Vielleicht haben wir diese Spur etwas zu schnell aufgegeben. Vielleicht hätten wir überprüfen sollen, ob sich Claire Diemar und Elvis Elmaz gekannt haben.“
    „Martin, Sie sitzen gerade mal vier Tage an dem Fall. Sie haben getan, was Sie konnten.“
    Servaz war klar, dass sich diese Bemerkung vor allem an Santos richtete.
    „Und da ist noch etwas anderes“, fügte der Direktor hinzu. „Paris will Ergebnisse. Vor allem wollen sie Lacaze rehabilitieren, ehe alles an die Presse durchsickert und ihnen um die Ohren fliegt. Deshalb haben sie sich nach dem Stand der Ermittlungen erkundigt, und heute Morgen haben sie Druck auf das Drogendezernat ausgeübt. Dein ‚Heisenberg‘ ist einer ihrer Spitzel, und sie haben uns seine Identität mitgeteilt. Wenigstens da haben sie sich nicht lange bitten lassen. Glaubst du, er hat etwas mit der Sache zu tun?“
    Servaz nickte.
    „Die Anzahl der Drogendealer in Marsac dürfte begrenzt sein. Wer weiß? Vielleicht hat er ja den Stoff geliefert, mit dem Hugo unter Drogen gesetzt wurde.“
     
    Als Servaz aus Stehlins Büro kam, war er schweißgebadet. Selbst im Schatten produzierte die vibrierende Luft eine eindrucksvolle Wärme, dabei war

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