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Kindertotenlied: Thriller (German Edition)

Kindertotenlied: Thriller (German Edition)

Titel: Kindertotenlied: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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Grenze in zwei Bereiche unterteilt; links ein Bistrot mit Theke und Tischen, und rechts ein Multimedia-Bereich, der mit seiner Stuhlreihe wie ein Friseursalon aussah. Vor den Bildschirmen saßen zwei Kunden, die in die Mikrophone von Headsets sprachen. Servaz musterte sie so eindringlich, als könnte Julian Hirtmann hier sein. Die Frau hinter der Theke – „Fanny“ laut dem Namensschildchen an ihrer Brust - trug bei minimale Lächeln ein maximales Dekolletee zur Schau. Espérandieu zeigte seinen Dienstausweis und fragte sie, ob sie gestern gegen 18 Uhr hier gewesen sei. Sie wandte sich um und rief nach einem gewissen Patrick. Sie hörten, wie Patrick aus dem Hinterzimmer murrte. Es dauerte eine Weile, bis er aufkreuzte. Patrick war ein etwa dreißig Jahre alter korpulenter Typ in weißem Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln und schwarzer Hose. Durch seines Brille musterte er sie argwöhnisch, und Servaz stufte ihn umgehend in die Kategorie „wenig kooperativ“ ein. Patrick hatte kleine, helle Augen, die kalt und trotzig waren.
    „Worum geht´s?“, fragte er.
    Espérandieu zeigte ein weiteres Mal seine Dienstmarke vor. Servaz hielt sich lieber im Hintergrund. Sein Mitarbeiter war ein Geek – er kannte sich in der Cyberwelt sehr viel besser aus als er, der schon auf die grassierende Mode der Handys, sozialen Netzwerke und Tablet-PCs allergisch war. Außerdem sah Espérandieu nicht wie ein Polizist aus.
    „Sind Sie der Chef?“
    „Ich bin der Geschäftsführer“, korrigierte ihn der Dickwanst vorsichtig.
    „Gestern Abend gegen 18 Uhr wurde von hier eine E-Mail verschickt. Wir möchten wissen, ob Sie sich an den Mann erinnern, der sie versendet hat.“
    Der Geschäftsführer zog die Brauen über den Brillenrand hoch und warf ihnen einen Blick zu, der so viel bedeutet wie: was glaubst du wohl, Alter?
    „Jeden Abend geben sich hier etwa fünfzig Leute die Klinke in die Hand. Glauben Sie vielleicht, ich schaue jedem über die Schulter und kontrolliere, was er tut?“
    Espérandieu und Servaz hatten das Foto des Schweizers dabei, aber sie hatten beschlossen, es nicht zu zeigen: Falls der Typ den Serienmörder, der im Vorjahr auf jedem Zeitungscover zu sehen war, wiedererkennen sollte, würde er womöglich herumerzählen, was passiert war, und die Information, wonach sich Hirtmann in Toulouse aufhielt und sich einen Spaß daraus machte, Mails an die Polizei zu schicken, würde schneller an die Presse durchsickern, als Usain Bolt für hundert Meter brauchte.
    „Ein hochgewachsener, schmaler Mann“, sagte Espérandieu. „Um die vierzig … Vielleicht trug er eine Perücke. Vielleicht ist er durch ein etwas … absonderliches Verhalten aufgefallen. Und vielleicht hatte er einen leichten Akzent.“
    Der Blick des Geschäftsführers pendelte zwischen ihnen wie auf einem Tenniscourt, und sein Gesicht verriet, dass er sie für Vollidioten hielt. Er zuckte mit den Schultern.
    „Ein Typ mit Perücke und ausländischem Akzent? Das meinen Sie doch wohl nicht ernst? Das sind ein bisschen viele ‚vielleicht‘, finden Sie nicht? Sagt mir nichts, nein.“
    Dann schien ihm etwas einzufallen.
    „Warten Sie …“
    Als er ihre Blicke sah, hielt er augenblicklich inne. Die wasserblauen kleinen Augen blitzten hinter der Brille, und Servaz begriff, dass der Mann ihr Interesse und ihre Ungeduld genoss.
    „Ja, jetzt, wo Sie es sagen, fällt es mir wieder ein: Da war einer …“
    Er lächelte. Tat so, als würde er nachdenken. Wartete gespannt auf ihre Reaktion. Servaz wurde allmählich sauer.
    „Hübsche Einrichtung“, meinte Espérandieu, als würde ihn das, was der Typ weiter zu sagen hatte, nicht interessieren. „Läuft Ihr lokales Netzwerk auf WLAN?“
    Das plötzliche Desinteresse an dem gestrigen Besucher schien den Mann vor den Kopf zu stoßen, zugleich schmeichelte es ihm, dass man sich für sein Café interessierte.
    „Äh … nein, ich hab die Kabelanschlüsse behalten … Bei dreißig Plätzen kommt selbst der leistungsfähigste WLAN-Router schnell an seine Grenzen. Wegen der Online-Spiele.“
    Espérandieu nickte zustimmend.
    „Hm … Ja klar. Da war also einer ?“
    Diesmal meinte der Geschäftsführer des Internetcafés ihr Interesse wieder etwas anfachen zu müssen.
    „Ja, aber nicht der Typ, den Sie beschrieben haben, sondern eine Frau …“
    Das Interesse der beiden Polizisten grenzte jetzt an Null.
    „Und was hat das mit dem Mann zu tun, den wir suchen?“
    Das Lächeln war zurück.
    „ Sie hat mir

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