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Kindertotenlied: Thriller (German Edition)

Kindertotenlied: Thriller (German Edition)

Titel: Kindertotenlied: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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plötzlich zwischen zwei Küssen.
    „ Yaourti mé méli “, antwortete die Stimme. „Joghurt mit Honig. Psst …“
     
    Irène Ziegler betrachtete Zuzkas ausgestreckten Körper neben sich. Die Slowakin war bis auf einen Panamahut auf ihrem Gesicht und ledernen Riemensandalen an den Füßen nackt. Sie schlief. Sie war gleichmäßig gebräunt, und sie roch nach Sonne, Salz und Schutzcreme.
    Seit drei Wochen hüpften sie von einer Insel und einer Fähre zur anderen und fuhren auf Motorrollern kreuz und quer über die Kykladen: Andros, Mykonos, Paros, Naxos, Amorgos, Serifos, Sifnos, Milos, Folegandros, Ios – und zum Abschluss Santorin, wo sie seit vier Tagen ihre Zeit damit verbrachten, im Meer zu baden, zu tauchen und sich an den schwarzsandigen Stränden zu sonnen, durch die malerischen weißen und blauen Gassen zu schlendern, wo es fast ebenso viele Geschäfte gab wie in ganz Toulouse, und sich in ihr Hotelzimmer einzuschließen, um sich zu lieben. Vor allem um sich zu lieben …
    Ziegler stand leise auf, um ihre Freundin nicht zu wecken, und öffnete die Minibar, um eine Flasche Saft herauszunehmen. Sie trank ihn in einem großen Glas, dann ging sie ins Bad und schlüpfte unter die Dusche. Es war ihr letzter Tag. Morgen würden sie zurück nach Frankreich fliegen, und jede von ihnen würde ihr gewohntes Leben wieder aufnehmen: Zuzka als Geschäftsführerin und erste Stripteasetänzerin des Nachtclubs, in dem Irène sie vor zwei Jahren kennengelernt hatte, und Ziegler in ihrer neuen Dienststelle, beim Fahndungsdezernat in Auch.
    Nicht gerade eine Beförderung, wenn man vom Fahndungsdienst in Pau kam …
    Die Ermittlungen im Winter 2008-2009 hatten ihre Spuren hinterlassen. Das Paradoxe war, dass Commandant Servaz und die Kripo von Toulouse sie verteidigt hatten, während ihr eigener Apparat sie maßregelte. Als diese Erinnerung in ihr hochkam, schloss sie einen Moment lang die Augen: Die schreckliche Sitzung, bei der ihre Vorgesetzten, die in Galauniform angetreten waren, ihre dienstlichen Verfehlungen heruntergebetet hatten. Gegen alle Vorschriften habe sie im Alleingang gehandelt und Mitgliedern ihres Teams Informationen vorenthalten, über die sie das letzte Mitglied eines Rings von Kinderschändern schneller hätten aufspüren können; außerdem habe sie gewisse Aspekte ihrer Vergangenheit, die mit dem Fall in Zusammenhang standen, verschwiegen und ein wichtiges Beweisstück, auf dem ihr Name auftauchte, verschwinden lassen. Sie sei nur deshalb disziplinarisch nicht strenger gemaßregelt worden, weil sich Martin und die Staatsanwältin Cathy d´Humières für sie eingesetzt hatten, mit der Begründung, sie habe Servaz das Leben gerettet und ihr eigenes aufs Spiel gesetzt, um den Mörder zu fassen.
    Folge: Bei ihrer Rückkehr würde sie ihren Dienst beim Fahndungsdezernat einer Departements-Hauptstadt mit 23.000 Einwohnern antreten. Ein neues Leben, ein Neuanfang. Theoretisch. Sie wusste bereits, dass die Fälle, die sie dort bearbeiten würde, nicht viel mit den Delikten zu tun hätten, die ihr früher anvertraut wurden. Der einzige Trost: Sie wurde Abteilungsleiterin, da ihr Vorgänger drei Monate zuvor in Rente gegangen war. In Auch gab es kein Oberlandesgericht, sondern nur ein Landgericht, und in den ersten Wochen auf ihrem neuen Posten hatte sie bereits festgestellt, dass die heikelsten Fälle sämtlich der Kripo, der Sicherheitspolizei des Departements und der Regionaldirektion der Gendarmerie von Toulouse anvertraut wurden. Seufzend verließ sie die Dusche, wickelte sich in ein Badetuch und trat erneut auf die Terrasse, wo sie ihre Sonnenbrille holte, ehe sie sich über die niedrige Steinmauer mit den weiß gestrichenen Fugen beugte.
    Sie verlor sich im Anblick der Schiffe, die kreuz und quer durch die Caldera fuhren.
    Wie eine Katze räkelte sie sich in der Sonne. Jetzt war der Moment, um sich einen Vorrat an Erinnerungen zuzulegen.
    Sie fragte sich, wo Martin war, was er gerade tat. Sie mochte ihn, und er wusste zwar nichts, aber sie passte auf ihn auf. Auf ihre Art. Gleich nach ihrer Rückkehr würde sie sich informieren. Dann schweiften ihre Gedanken noch weiter ab. Wo wohl Hirtmann war? Was machte er gerade? Tief in ihr erwachte der Jagdinstinkt. Eine Stimme sagte ihr, dass der Schweizer wieder losgelegt hatte, dass er niemals aufhören würde. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie das Ende ihres Urlaubs nicht erwarten konnte. Sie konnte es nicht erwarten, nach Frankreich zurückzukehren –

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