Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kindsköpfe: Roman (German Edition)

Kindsköpfe: Roman (German Edition)

Titel: Kindsköpfe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kriss Rudolph
Vom Netzwerk:
wenn er nachts noch fernsah, zuerst die Bananenchips heraus, und waren die alle, kamen die Rosinen und ganz zum Schluss die Mandelstückchen; die übrig gebliebenen staubigen Haferflocken räumte er dann ordentlich in den Schrank zurück, bis Niklas sie am nächsten Morgen ahnungslos an Lotte verfüttern wollte. Manchmal fragte er sich, welchen seiner neuen Mitbewohner er wohl am schnellsten groß bekam.
    »Willst du was anderes essen?«
    »Keine Zeit!«
    Die Kleine probierte ihren neuen Rucksack aus, den sie gestern zum achten Geburtstag geschenkt bekommen hatte – gefertigt aus durchsichtigem Plastik, mit lila-gelben Nähten. Wer naiv immer davon ausgegangen war, dass es im Grunde nur eine Art gab, solch einen Rucksack anzuziehen, den lehrte das Kind eines sehr viel Besseren: Man konnte die Haare offen dazu tragen oder geschlossen, selbiges galt auch für die Jacke. Und Luzie die Zweite machte oben auf den Büchern und Heften sitzend keine sehr viel schlechtere Figur als etwa im Seitenfach, das perfekt für ihre schmale Taille geschneidert war, und wenn all das nicht überzeugte, konnte man die Puppe auch prima in der Hand tragen. Was Lotte noch nicht wusste: Sie würde ohne diesen Rucksack in die Schule gehen.
    Hannes verdrückte derweil friedlich sein zweites Brötchen und erweckte wie jeden Morgen nicht den Anschein, als sei sein Frühstück damit beendet.
    »Hast du noch Hunger?« Niklas wischte einen Krümel von seiner Wange.
    Der Junge nickte erwartungsgemäß und schlang den Rest des Brötchens hinunter. Sein Appetit war unglaublich. Niklas fürchtete, dass der Junge zu dick werden könnte, aber Frau Tiedemann hatte ihn beruhigt und zum hundertsten Mal die Geschichte erzählt, wie sie ihn als kleinen Jungen mit zwei Löffeln füttern musste, weil er schon schrie, sobald der erste seinen Mund verlassen hatte.
    »Möchtest du noch einen Joghurt?«, fragte Niklas, während er Lottes Proviant in ihren Ranzen packte.
    »Ja, Todusnuss«, nickte Hannes begeistert und schlürfte seinen Kakao.
    »Kokosnuss heißt das, Blödmann!« Lotte zog vor dem großen Flurspiegel ihre Jacke aus, um zu testen, wie der Rucksack zu ihrem roten Pulli passte.
    »Nicht so laut!«, rief Niklas, »da schläft noch jemand!«
    »Sag ich ja: Todusnuss!«, wiederholte Hannes mit bestem Gewissen.
    »Kokosnuss! Kokosnuss! Kokosnuss!«, rief Lotte ungeduldig. Sie hatte die Hysterie ihrer Mutter geerbt.
    »Kokosnuss ist alle«, meldete Niklas aus dem Kühlschrank und ermahnte Lotte, jetzt endlich zu frühstücken. Und ihr Rucksack bleibe sowieso hier.
    »Warum denn?«, fing sie an zu quengeln.
    »Und mach bitte hinter dir das Licht aus im Badezimmer!«, erinnerte er sie, wie jeden Morgen.
    »Warum?« Lotte stampfte mit dem Fuß auf.
    Niklas servierte Hannes einen Kirschjoghurt, den er mit Freude vernaschte. »Weil dein hipper Ranzen mehr gekostet hat als das komplette Jahreseinkommen eines andalusischen Eselhirten. Darum. Außerdem passen deine Hefte nicht in den Rucksack. Sie verknicken.«
    »Der Ranzen ist scheiße«, grummelte Lotte.
    »Ich hab dich nicht verstanden!« Niklas hatte nicht vor, sich provozieren zu lassen.
    »Dann lassen wir die Hefte hier!« Lotte kam strahlend angelaufen, weil sie eine Lösung für all ihre Probleme gefunden hatte.
    »Da wird sich Frau Domenicus sicher freuen.« Niklas strich der Kleinen übers Haar und nahm ihr den Rucksack ab.
    »Dann gehe ich eben gar nicht!«, verkündete Lotte trotzig.
    »Wenn du mal so enden willst wie diese Leute, die an der Ampel Autoscheiben putzen – bitte sehr!«
    Lotte fing an zu weinen. »Mama hätte es mir erlaubt.«
    »Hätte sie nicht.« Niklas nahm die Kleine auf den Schoß.
    »Doch«, schluchzte sie.
    Vermutlich hätte sie das wirklich, ging es ihm durch den Kopf. Inken war mit den Kindern viel zu geduldig gewesen und hatte Nachgiebigkeit mit Erziehung verwechselt. Kaum ein Morgen verging, ohne dass Lotte versucht hätte, die Erziehungsmethoden ihrer Mutter gegen die ihres Onkels auszuspielen.
    »Ich will, dass Oliver mich in die Schule bringt. Du bist blöd!«
    »Niklas ist nicht blöd«, sagte Hannes, der seinen Joghurt im ganzen Gesicht verteilt hatte.
    Niklas schickte ihn ins Bad und nahm Lotte auf den Schoß. Mit Daumen und Zeigefinger umfasste er ihr Kinn und sah in ihre Augen, Inkens Augen.
    »Kopf hoch, Kleines! Sonst fallen die ganzen bösen Gedanken nach vorne.«
    Doch Lotte zeigte sich unbeeindruckt und zog einen Flunsch.
    »Ich mache dir einen Vorschlag. Du

Weitere Kostenlose Bücher