Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kindsköpfe: Roman (German Edition)

Kindsköpfe: Roman (German Edition)

Titel: Kindsköpfe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kriss Rudolph
Vom Netzwerk:
ungemütlichen Wetter nach drinnen geflohen waren, und hupte. Doch Lotte und Hannes zeigten sich nicht. Ärgerlich, weil sie sowieso schon spät dran waren, sprang Niklas aus dem Wagen und rannte zum Haus. Die Kinder standen im Hausflur, aber nicht allein. Eine Frau war bei ihnen. Sie schreckte zusammen, als Niklas plötzlich vor ihr stand.
    »Hallo, Herr Tiedemann.« Sie musste knapp vierzig sein, einfach gekleidet. Der Regenmantel, den sie trug, war eine Nummer zu groß. »Ihre Kinder?«
    Niklas musste an die Warnung seiner Mutter denken, dass das Jugendamt eines Tages vor der Tür stehen konnte.
    »Was wollen Sie hier?«, blaffte er sie an.
    »Das ist unsere neue Nachbarin«, erklärte Lotte.
    »Oh, tut mir leid, willkommen im Haus!« Niklas reichte der Frau die Hand. Überrascht stellte er fest, dass er sie schon einmal gesehen hatte, wusste aber nicht mehr, wo. »Aber jetzt müssen wir zur Schule.«
    »Die Frau war nett«, sagte Lotte später im Auto.
    »Ich habe gar nicht gemerkt, dass jemand ausgezogen ist.«
    Lotte zuckte mit den Schultern, und Niklas vergaß die Sache wieder. Bis es ihm beim Abendessen wieder einfiel.
    »Ich habe heute unsere neue Nachbarin kennengelernt«, erzählte er Oliver.
    »Ach? Aus welcher Etage?«, fragte der.
    Niklas sah zu Lotte und zuckte mit den Schultern.
    Sie waren schon beim Zähneputzen, als Oliver plötzlich in das Summen von Niklas’ elektrischer Bürste sagte: »Also, seit ich hier wohne, ist niemand mehr ein- oder ausgezogen.«
    »Mich hat’s auch gewundert.« Niklas spuckte den Schaum aus, und plötzlich wusste er, woher er die vermeintliche Nachbarin kannte.
    Am nächsten Morgen weckte er die Kinder mit der freudigen Nachricht, dass sie für ein paar Tage nach Spanien fliegen würden.

    Lotte und Hannes kannten Flugzeuge bislang nur aus der Froschperspektive, als kleine Insekten am fernen Himmel – selber fliegen hatte Inken ihnen aufgrund klammer Kassen nie bieten können. Schon beim Betreten des Flughafens waren sie vollkommen überwältigt. Lottes Mund stand sperrangelweit offen, und Niklas empfahl ihr, ihn zu schließen, wenn sie nicht wollte, dass sich ein Flugzeug hineinverirrte. Hannes fiel es leichter, sein Staunen auszudrücken, indem er es in Fragen verpackte.
    »Wie groß ist unser Flugzeug? Und wie schwer? Und warum fällt es nicht runter?«
    Sie standen in der Check-in-Schlange, und die Reisenden vor ihnen wandten sich amüsiert um, gespannt auf die Erklärung, die die Männer finden würden. Oliver nahm seine weiße Baseballkappe ab und kratzte sich nachdenklich. Dann fabulierte er etwas von starken Düsentriebwerken und komplizierter Technik, die nur Piloten wirklich verstanden. Glücklicherweise fiel ihm noch das Phänomen des Auftriebs ein, das er nicht recht erklären konnte, aber es genügte, um Hannes vorübergehend zu beeindrucken. Der Junge dachte nach.
    »So wie beim Drachen?«, fragte er schließlich.
    »Genau!« Erleichtert setzte Oliver seine Mütze wieder auf und boxte dem Jungen anerkennend an die Schulter. »Im Prinzip sind Flugzeuge riesige Drachen. Nur ohne Schnur.«
    Niklas telefonierte derweil mit Nadja, um letzte Details zu klären. Kurzfristig hatte er sie überreden können, ihm die Kampagne eines Verkehrsverbundes abzunehmen, der den Menschen das Schwarzfahren abgewöhnen wollte. Er schaffte es noch, ihr für den Notfall die Nummer der mallorquinischen Vermieterin durchzugeben, dann nahm Oliver ihm das Handy ab und steckte es ein.
    »Du hast jetzt Urlaub!«
    Doch im letzten Moment drohte noch alles zu scheitern. Einem bierbäuchigen Flughafenmitarbeiter mit üppigem Schnauzbart, den man im Rheinland »Schnörres« nannte, fielen beim Kontrollieren der Bordkarten die unterschiedlichen Nachnamen auf. Niklas hatte nie verstanden, warum Inken nach der Scheidung Wolframs unseligen Familiennamen behalten hatte; nun klebte er auch an den Kindern wie Hundekot, in den man aus Versehen getreten war.
    »Gehören die beiden zu Ihnen?«
    »Das sind die Kinder meiner Schwester.« Niklas gab ihm die Pässe und ließ seinen Blick durchs Terminal wandern. Es hätte ihn nicht gewundert, wenn plötzlich seine Verfolgerin vom Flohmarkt aus der Kulisse geklettert wäre, um zu verkünden, dass er endlich in die Falle geraten war.
    Der Kontrolleur ließ seine Augen argwöhnisch zwischen den Männern hin und her wandern. Dazwischen verglich er immer wieder die Angaben in den Pässen.
    »Haben Sie eine schriftliche Erlaubnis der Mutter, dass Sie die

Weitere Kostenlose Bücher