Kindspech: Tannenbergs achter Fall
Schlepptau.
»Wir haben uns gerade in Fritsches Keller umgeschaut. Das ist nur ein mit Gerümpel vollgestopfter Bretterverschlag«, verkündete er. Dass er dort weder Emma noch einen Hinweis auf sie gefunden hatte, verschwieg er.
Tannenberg erklärte dem Hausmeister, was dieser nun gleich zu tun habe. Anschließend fuhren die drei mit dem Aufzug nach oben. Der Hausmeister postierte sich direkt vor der Tür des Stalkers. Dann läutete er. Nach einer Weile hörten die Kriminalbeamten im Inneren der Wohnung Schrittgeräusche. Kurz darauf öffnete sich die Tür. Noch bevor Fritsche irgendetwas sagen konnte, stürzten sich die beiden Ermittler auf ihn, warfen ihn auf den Teppichboden und legten ihm hinter dem Rücken Handfesseln an.
In Rambo-Art stellte die junge Kommissarin Fritsche ihren Schuh ins Genick und drückte seinen Kopf auf den Boden. Währenddessen durchsuchte Tannenberg die Wohnung nach Emma, fand sie allerdings nicht. Er kehrte zurück in den Flur, riss den vor Schmerzen aufschreienden Stalker an den Handfesseln in die Höhe und schubste den völlig paralysierten Mann vor sich her in die Küche. Fritsche stolperte, doch bevor er hinfiel, packten ihn die beiden Ermittler von hinten an den Armen und zerrten ihn auf einen Stuhl. Der Kriminalbeamte knallte einen anderen Küchenstuhl direkt vor ihn hin und setzte sich.
Erst als Fritsche in Tannenbergs stark gerötetes Gesicht blickte, schien er zu begreifen, was ihm da gerade widerfuhr. Wie auf Knopfdruck veränderte sich seine Mimik. Die angstgeprägten Züge wurden durch ein unglaublich breites Grinsen ersetzt, das mit dem Begriff ›arrogant‹ nur unzureichend beschrieben werden konnte, denn es war gepaart mit spöttischen, zynischen und sadistischen Komponenten.
»Sag sofort, wo Emma ist, du Saukerl, oder ich polier dir die Fresse!«, schrie Tannenberg. Er schnaubte vor Wut, fletschte wie ein wildes Tier die Zähne.
»Schlag nur zu, mein Anwalt freut sich«, versetzte Fritsche, wobei sich sein provokatives Mienenspiel nur unmerklich veränderte.
»Dein Anwalt ist mir scheißegal«, fauchte sein Gegenüber und schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht. Daraufhin ballte er die rechte Faust, um zu einem weiteren Schlag auszuholen.
Geistesgegenwärtig griff Sabrina ihrem Vorgesetzten in den Arm. »Nein, Wolf, hör auf damit. So kriegst du nichts aus ihm heraus.«
»Genauso ist es, mein süßes Schätzchen«, säuselte Fritsche, während er sich das Blut von der aufgeplatzten Lippe leckte. »Ich sage jetzt nämlich überhaupt nichts mehr.« Er lachte diabolisch. »Außer dem einen Satz: Ich will sofort meinen Anwalt sprechen.«
Tannenberg bleckte erneut die Zähne und schnaufte dabei wie ein Walross. Er quälte sich in die Höhe, stemmte die Arme in die Hüften und bog mit wutverzerrtem Gesicht den Oberkörper nach hinten. Sein völlig verkrampfter Körper stand kurz vor einer gewaltigen Explosion. Sabrina stellte Blickkontakt zu ihm her und gab ihm ein Zeichen, dass sie ihn dringend sprechen müsse – und zwar ohne die Anwesenheit des Stalkers. Doch ihr Chef war noch derart in Rage, dass er zunächst nicht auf ihren Wunsch reagierte. Erst als sie ihn am Arm packte und noch eindringlicher dazu aufforderte, stimmte er schließlich mit einer Kopfbewegung zu.
»Gib mir mal den Schlüssel«, pflaumte er Sabrina im Befehlston an. »Diesen Drecksack hängen wir jetzt an die Heizung.« Tannenberg öffnete eine der Handfesseln. »Los, leg dich auf den Boden«, brüllte er Fritsche ins Gesicht.
Als dieser keinerlei Reaktion zeigte, zerrten ihn die beiden Ermittler von seinem Stuhl und zogen ihn vor den grau gestrichenen Heizungsradiator. Dann überstreckten sie Fritsches Arme weit nach hinten. Der Leiter des K 1 schob die offene Handschelle um das Kupferrohr herum und drückte die beiden Bügel mit einem helltönigen Klicken ineinander.
Sabrina schloss die Küchentür und folgte ihrem Chef ins Wohnzimmer. Kopfschüttelnd stand Tannenberg vor einer postergroßen Fotografie Johanna von Hohenecks.
»Dieser Saukerl hat immer noch Fotos von Hanne hier rumhängen«, schimpfte er. In einem neuerlichen Wutausbruch riss er das Poster von der Wand. »Und rumstehen«, legte er nach. Dabei fegte er mit einem Arm mehrere gerahmte Porträtfotos seiner Lebensgefährtin von der Kommode und trampelte auf ihnen herum.
»Dass ein Mensch aus rasender Eifersucht so weit gehen kann und deshalb ein kleines Mädchen entführt. Nur um dich damit quälen zu können«, meinte
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