King City: Stadt des Verbrechens (German Edition)
zurück zu dem Autogerippe und begann, es auf der Suche nach Spuren in immer größer werdenden Kreisen zu umrunden, während er eine ungefähre Skizze des Tatorts in sein Notizbuch zeichnete.
Eine weitere Stunde verging. Die Menge auf der anderen Straßenseite hatte sich inzwischen verdreifacht. Einige Leute saßen auf Klappstühlen, als wären sie bei einer Sportveranstaltung. Doch zu sehen gab es nur zwei Cops, die vor einer verlassenen Fabrik standen und absolut nichts taten.
Auf der anderen Seite, vermutete Wade, war es wahrscheinlich seit Jahrzehnten das erste Mal, dass jemand Polizisten über zwei Stunden in aller Öffentlichkeit in Darwin Gardens hatte herumstehen sehen, ohne dass sie umgelegt worden waren.
Und das war durchaus ein Ereignis.
»Ich habe das Gefühl, ich sollte langsam anfangen zu singen oder irgendwas Ähnliches«, meinte Billy mit einem Blick auf die Leute. »Vielleicht auf mein Auto klettern und eine Rede halten. Die scheinen doch alle darauf zu warten, dass endlich die Vorstellung anfängt.«
Oder das Töten
, dachte Wade.
Er begab sich außer Hörweite von Billy und wählte eine Nummer auf seinem Handy.
»Mordkommission, Shrake«, meldete sich eine Stimme mit dem übersachlichen Ton, der so typisch für Polizisten war.
»Hallo Harry«, sagte Wade.
Es folgte eine lange Stille. Wade vermutete, dass sein früherer Partner mit sich rang, ob er einfach auflegen sollte. Aber schließlich siegte die Neugier und mit einem langen, ermatteten Seufzer fragte er: »Was willst du, Tom?«
»Ich bin auf eine Wache in Darwin Gardens versetzt worden.«
»Hab ich gehört«, erwiderte Shrake.
»Und jetzt sitze ich hier mit einer toten Frau.«
»Ja«, sagte Shrake. »Und?«
»Ich sitze bereits seit zwei Stunden hier und bisher ist niemand aufgetaucht.«
»Und was hat das mit mir zu tun?«
»Sie ist keines natürlichen Todes gestorben, Harry. Sie ist übel zugerichtet worden. Es ist ein Mordfall.«
»Vielleicht ist es das, vielleicht aber auch nicht. Wir warten mal den Bericht des Gerichtsmediziners ab, bevor wir voreilige Schlüsse ziehen.«
»Willst du mich verarschen?«, fragte Wade.
»Sie kann aus einem Fenster gestürzt sein oder sich vor einen Bus geworfen haben und irgendwelche Samariter haben ihre Leiche von der Straße gezogen, sind aber nicht vor Ort geblieben, um nicht in die Sache verwickelt zu werden. Alles Mögliche kann passiert sein.«
»Und du wirst es nie erfahren, wenn du keine Ermittlungen aufnimmst«, stellte Wade fest. »Ist das nicht normalerweise deine Aufgabe?«
»In dieser Stadt kommen jede Menge Menschen auf die verschiedensten Arten und Weisen ums Leben und nicht alle davon sind Verbrechen. Unsere Möglichkeiten sind begrenzt. Wir sind angewiesen worden, Prioritäten zu setzen.«
»Wenn ihre Leiche in Meston Heights gefunden worden wäre, hättet ihr euch sofort auf den Fall gestürzt,«
»Ist sie aber nicht«, entgegnete Shrake.
»Was ist mit dir passiert, Harry?«, wollte Wade wissen. »Früher warst du mal ein Cop.«
»Das bin ich immer noch«, erklärte Shrake. »Und im Gegensatz zu dir möchte ich es auch bleiben.«
Damit legte Shrake auf.
Wade rief in der Gerichtsmedizin an und fragte den Mann, der sich meldete, wann jemand kommen würde.
»Wir schaffen es nicht«, sagte der Gerichtsmediziner. »Lassen Sie die Leiche mit einem Krankenwagen zu uns bringen, sobald die Mordkommission fertig ist, dann kümmere ich mich darum, sobald ich kann.«
Der Gerichtsmediziner legte auf.
Wade spürte, dass er vor Wut zitterte.
Es war mehr als zwei Stunden her, dass die Leiche entdeckt worden war. Inzwischen war deutlich, dass die Ermittler der Mordkommission nicht kommen würden. Der Gerichtsmediziner ebenfalls nicht. Und Wade ging davon aus, dass sich auch die Spurensicherung nicht blicken lassen würde.
Bald wurde es dunkel.
Genug war genug.
Wade marschierte hinüber zu Billy. »Fahren Sie zurück zur Wache. Ich habe Plastikfolie gekauft. Bringen Sie mir eine Rolle. Außerdem jede Menge Spurensicherungsbeutel, ein paar Umzugskartons und ein Teppichmesser.«
Billy fuhr davon. Wade ging zum Kofferraum seines Wagens, nahm seine Kamera heraus und einen Behälter, in dem sich alle notwendigen Dinge zur Spurensicherung befanden.
Er begann damit, den gesamten Tatort innerhalb der Absperrung aus allen möglichen Blickwinkeln zu fotografieren. Als Billy zurückkehrte, machte er gerade Bilder von der Leiche.
Wade drehte sich um, als Billy herankam, und sah, dass
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