Kings of Cool: Roman (German Edition)
betrachtet Dennis die ausgeweideten Leichen von drei Männern, von denen einer sein Informant war, sowie die Grußbotschaft aus ihren Eingeweiden.
»Ist denen die Sprühfarbe ausgegangen?«, fragt er. »Oder was?«
Lado zuckt mit den Schultern.
66
»Ich will meinen Bio-Vater kennenlernen«, platzt O heraus.
Paku wollte O nicht mehr erzählen (obwohl O mit sieben oder acht Jahren nicht mehr aufhörte zu bohren), als dass ihr Vater ein »Loser« sei und sie lieber froh sein sollte, dass er in ihrem Leben nicht vorkam.
O lernte, das Thema nicht anzusprechen.
Jetzt tut sie es.
Gegenüber Ben.
Ben ist ein bisschen perplex. Und mehr als nur ein bisschen abgelenkt, weil er versucht, seinen subversiven Plan in eine subversive Aktion zu überführen.
Aber Ben ist Ben. »Was versprichst du dir davon?«
»Vom Treffen mit meinem Samenspender?«
»Davon reden wir doch, oder?«
O zählt die möglichen Vorteile auf:
1.
Zur Abwechslung mal bei jemand anders Schuldgefühle wecken.
2.
Paku nerven.
3.
Durch furchtbar unpassende öffentliche Liebesbekundungen anderen Leuten auf den Senkel gehen.
4.
Paku nerven.
5.
So tun, als wäre er ihr Sugar Daddy.
6.
Paku ...
»Noch mal zurück zu Nummer fünf«, sagt Ben. »Du hast doch was vor.«
»Wie meinst du das?«
»Komm schon«, sagt Ben. »Paku dreht dir den Hahn ab, also suchst du dir einen neuen ... Hahn.«
»Das ist zutiefst zynisch, Ben.«
»Okay.«
»Ein armes, kleines, reiches Mädchen sehnt sich nach väterlicher Liebe«, sagt sie, »und du unterstellst ihr Goldgräber-Motive statt des Bedürfnisses nach Identität, die –«
»Weißt du überhaupt, wo er ist?«
»Ich weiß, wie er heißt.«
67
Sie durchwühlte die Kommode der (abwesenden) Paku nach Bargeld und fand etwas viel Besseres.
Einen Vibrator.
Pakus klügsten Liebhaber.
Den besten Stiefvater aller Zeiten.
Übermann. (Mit Verweis auf Chons geliebten Nietzsche.)
BNI (Batterien nicht inbegriffen).
Keine ersten Dates, keine Verlegenheitsgespräche, kein sinnloses Fummeln, keine komplizierten menschlichen Beziehungen. Schmeiß einfach nur den bösen Buben an, wähle eine passende Phantasie und
das ganz große O!
Auch im Plural, wenn man es richtig anstellte.
Allerdings fand sie direkt daneben noch was anderes, nämlich ihre Geburtsurkunde mit dem Namen des Vaters, den sie nie gekannt hatte.
Paul Patterson.
Die Identität ihres Vaters direkt neben einem Plastikphallus.
Das alleine sind schon drei Monate Therapie.
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»Ich meine, ich könnte ihn doch aufspüren oder nicht?«, fragt O.
»Vielleicht«, sagt Ben, »aber was dann?«
Er macht sich Sorgen, dass sie sich das so vorstellt: Sie trifft sich mit ihrem Dad, er wird ganz toll sein, und sie bauen eine Beziehung zueinander auf.
»Ich weißt nicht, ich stell ihm Fragen.«
Ben weiß, dass sie die Antworten längst im Kopf hat – ihr Vater wollte immer bei ihr sein, und Paku ist die böse alte Hexe, die ihn verjagt hat.
»Zum Beispiel, warum er sich verpisst hat, bevor du geboren wurdest?«, fragt Ben. »Oder ob er dich liebt? Was kann er schon sagen, O, das dein Leben besser macht?«
O hat die naheliegende Entgegnung schon parat.
Was kann er schon sagen
das mein Leben schlechter macht?
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Dennis hat eine wunderschöne Frau, zwei wunderschöne kleine Töchter und ein wunderschönes, wenn auch bescheidenes Heim in einem hübschen Vorort von San Diego, wo die Nachbarn Steaks und Lachs grillen und sich gegenseitig über den Zaun hinweg zum Essen einladen. Sonntags geht er in die Kirche (eine dieser netten Establishment-Gemeinden, wo alle an Gott und Jesus glauben, aber nicht so sehr, dass es unangenehm wird), dann kommt er nach Hause, sieht sich das Footballspiel am Nachmittag an oder geht mit seiner Familie am Strand spazieren.
Er hat ein schönes Leben, und er weiß es auch.
Mit der Karriere läuft es prima.
Man sorgt für (gute) Schlagzeilen, was die Leute freut, die die Jahresberichte absegnen, dann stellt man sie mit ein paar Barren Marihuana vor einen Haufen Kameras und lässt sie neben Verbrecherfotos von mexikanischen Kartellgestalten posieren (Autopsieaufnahmen ziehen noch besser), und man hat einigermaßen ausgesorgt.
Das ist nicht zynisch.
Eins muss man begreifen, sonst ergibt das alles – alles – keinen Sinn.
Und zwar: Dennis liebt seinen Beruf, und er glaubt daran, er will mit der Drogenplage
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