Kings of Cool: Roman (German Edition)
Kalifornien zu verbringen, und jetzt feststellen, dass es gar nicht so sonnig ist.
Man blickt, sagen wir mal, um neun Uhr morgens in den Himmel, um die Zeit eine einzige dampfende Suppe, und kann sich nicht vorstellen, am selben Tag noch die Sonne zu sehen. Oh, ihr Kleingläubigen – bis Mittag bohren sich die krebserregenden Strahlen wie Laser durch den Nebel in die Haut, um ein Uhr ist man an genau dem Ort, den man auf Yahoo Images gesehen hat, und um drei steht man dann im Drugstore und kauft Aloe Lotion.
Ben hat aber noch eine andere Theorie zu May Gray.
Einen anderen Namen.
Zeit des Übergangs .
»Nach der vorangegangenen Nacht«, erklärt Ben O, »sind viele Menschen so früh am Morgen noch nicht bereit für das grelle Tageslicht. In seiner Güte mildert Südkalifornien es für sie. Es ist die Zeit des Übergangs.«
Man steht morgens auf, und es ist schön mild und grau.
Wie dein Gehirn.
Man gleitet in den Tag.
Die Wahrheit ist genauso – sie dämmert einem allmählich.
Ben lässt sich sanft auf seinem angestammten Platz im Coyote nieder, sein Rücken schmerzt wie verrückt von Bolands Tritten, als Kari auch schon mit einem Kaffee und einem bösen Blick auf ihn zukommt.
»Ich hab gestern Nacht auf dich gewartet«, sagt sie. »Du bist nicht aufgetaucht.«
Okay, das weiß Ben schon. Er staunt immer wieder, dass einem Leute Sachen erzählen, die man längst weiß. (Du bist nicht aufgetaucht. Du kommst zu spät. Du bist arrogant.)
»Ist was dazwischengekommen«, sagt Ben.
»Was oder jemand?«
Gott im Himmel, denkt Ben, die ist jetzt schon eifersüchtig? Ist das nicht ein bisschen überstürzt? Und überhaupt, war da nicht noch ein anderer Typ im Spiel?
»Etwas.«
»Hoffentlich war's wichtig.«
»Das war's.«
Man hat mir meine Sterblichkeit vor Augen geführt.
Sie wirkt ein bisschen besänftigt. »Wie immer?«
»Nein, nur Kaffee.«
Er fühlt sich zu krank und müde, um zu essen.
Kari schenkt ihm Kaffee ein und bevor er sich's versieht, klemmt sich Old Guys Rule wieder auf den Platz gegenüber.
57
INNEN – COYOTE GRILL – TAG
Crowe sitzt Ben gegenüber.
CROWE
Scheinst ein braver Junge zu sein. Niemand will dir weh tun.
Kurzer Schwenk auf Bens ungläubigen Gesichtsausdruck.
CROWE
Okay, vielleicht hat er's ein bisschen übertrieben. Adrenalinrausch oder so. Tut ihm leid, wenn dir das was hilft.
BEN
Er hat mir eine Pistole an den Kopf gehalten und abgedrückt.
CROWE
Und du hast dir nicht in die Hose geschissen. Hat ein paar Leute schwer beeindruckt.
BEN
Kann dir gar nicht sagen, wie mich das freut.
CROWE
Kopf hoch – ist ja nicht so, dass du so wahnsinnig sauber wärst.
BEN
Wovon redest du?
CROWE
(dreckig grinsend)
Ja ja, schon klar.
BEN
Was willst du?
CROWE
Bist du jetzt bereit zuzuhören?
Ben sagt nichts. Er hebt die Hände, wie um zu sagen: An mir soll's nicht liegen.
CROWE
Okay, du machst Folgendes ...
58
Ben packt 35000 Dollar in einen Aktenkoffer und fährt damit nach Newport Beach.
Chad Meldruns Büro befindet sich im siebten Stock eines modernen Gebäudes und seine Empfangsdame fickt so dermaßen eindeutig mit ihm, dass sie sich kaum die Mühe macht, von ihrer Zeitschrift aufzublicken, um Ben zu sagen, er möge sich setzen, Chad sei noch bei einem anderen Klienten und verspäte sich ein wenig.
Zehn Minuten später kommt Chad aus seinem Büro, einen Arm um die Schultern eines finster dreinblickenden Mexikaners gelegt, dem er rät, er solle »sich locker machen, wird schon werden.«
Chad ist Ende vierzig, sieht aber jünger aus, was daher kommt, dass er mit dem plastischen Chirurgen nebenan Tauschgeschäfte macht und dieser seine Kundschaft nicht nur mit Botox, sondern auch mit Oxy versorgt.
Deshalb hat Chad perfekt und nicht mehr nachweisbar gestraffte Lider und keinerlei Sorgenfalten, was sich auch so gehört, da er in der Drogendeliktstrafverteidigungsbranche als Chad »Sorgenfrei« Meldrun bekannt ist.
Er führt Ben in sein Büro, zeigt ihm einen Stuhl, setzt sich selbst an den großen Schreibtisch und verschränkt die Hände hinter dem Kopf.
Ben stellt die Aktentasche neben seine Füße.
»Sie haben Glück, dass Sie einen Termin bekommen haben«, steigt Chad ein, ohne Smalltalk. »Ich bin völlig ausgebucht. Eigentlich dürfte es nicht ›War on Drugs‹ heißen, sondern ›Gesetz zur Förderung der Vollbeschäftigung von Strafverteidigern‹.«
»Danke, dass Sie sich Zeit für mich nehmen«, sagt Ben.
»Keine Sorge«, erwidert
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