Kings of Cool: Roman (German Edition)
Chon. »Welche Nummer hat er?«
Brian sagt sie ihm.
Chon nimmt Brians Handy, gibt Crowes Nummer ein und hält es Brian vor den Mund.
235
»Meine Frage war nicht, ob Sie mir Sperma spenden wollen«, sagt O, »sondern, ob Sie der Mann sind, der das Sperma gespendet hat, aus dem ich entstanden bin?«
Paul Patterson fängt sich rasch wieder und sagt: »Kommen Sie bitte herein.«
Er führt O in ein schön eingerichtetes Wohnzimmer, das, wie soll man sagen ... alt aussieht.
Nach altem Newport-Beach-Geld.
Fotos von Segelbooten an der Wand. Schiffsmodelle aus Holz in Glasschränken.
»Segeln Sie?«, fragt O.
»Früher, ja«, sagt Patterson. »Bis ich ... na ja, bis ich zu alt dafür wurde.«
Er ist älter als in ihrer Phantasie.
In ihrer Phantasie war er vielleicht Ende vierzig, gutaussehend natürlich, mit wenigen silbrigen Strähnen im ansonsten pechschwarzen Haar. In ihrer Phantasie war er athletisch, hatte sich in Form gehalten, spielte vielleicht Tennis, surfte oder war Triathlet.
In Wirklichkeit ist er Anfang sechzig.
Sein Haar ist schütter, eine komische Mischung aus gelb und weiß.
Und er wirkt zerbrechlich. Seine Haut ist durchsichtig, wie dünnes Papier.
Ihr Vater stirbt.
»Bitte setzen Sie sich«, sagt er und zeigt auf einen gepolsterten Ohrensessel.
Sie setzt sich und fühlt sich unwohl.
Klein.
»Möchten Sie was trinken?«, fragt er. »Eistee oder Limonade?«
O platzt der Kragen
sie klinkt aus
total.
Die ganze aufgestaute Gefühlslava bricht aus ihr heraus.
236
INNEN – PAUL PATTERSONS HAUS – TAG
O
Eistee? Limonade? Ist das alles? Nach neunzehn verfluchten Jahren? Keine Umarmung, kein Kuss, kein wie wunderbar, dich endlich kennenzulernen, und es tut mir leid, dass ich dich im Stich gelassen habe, bevor du geboren wurdest und dir damit das Herz gebrochen und dein Leben versaut habe?
Patterson sieht traurig aus. Und sogar noch trauriger, als er antwortet –
PATTERSON
Meine liebe Ophelia ...
237
Patterson gibt den umgekehrten Darth Vader.
»Ich bin nicht dein Vater.«
238
Ben fährt in die Auffahrt des Hauses seiner Eltern im Canyon, steigt aus dem Wagen, atmet tief durch und klingelt.
Was zum Teufel haben die mit dem ganzen Scheiß zu tun, fragt er sich.
Trotz der bescheuerten, konstruierten Hippie-Scheiße sind sie im Grunde freundliche, liebevolle Menschen. Engagierte Therapeuten, gute, wenn auch ein wenig erdrückend fürsorgliche Eltern.
Es kommt ihm vor wie eine Ewigkeit, bis seine Mutter endlich die Tür aufmacht.
Sie wirkt mitgenommen.
»Ben –«
Stan tritt hinter sie. Er legt ihr seine Hände auf die Schultern und sagt: »Ben, worauf hast du dich da eingelassen?«
»Worauf ich mich eingelassen habe?«, fragt Ben. »Worauf habt ihr euch eingelassen?«
239
Sie fahren auf den Parkplatz.
Ein Lagerhauskomplex im Canyon.
Leer. Still.
Crowes Charger steht schon da.
Chon liegt auf dem Boden im Transporter hinter Brian. Er drückt den Gewehrlauf in die Rückenlehne des Sitzes. »Spürst du das, Brian? Die Kugel geht direkt durch den Sitz in dein Rückgrat. Das Beste, worauf du dann hoffen darfst, ist ein Therapieäffchen.«
»Ich spür's.«
»Fahr neben ihn ran und steig aus.«
Chon merkt, wie der Transporter langsamer wird und anhält.
Die Tür geht auf.
Brian steigt aus.
Crowe kurbelt die Scheibe runter
und schießt Brian in den Kopf.
240
»Mir war klar«, sagt Patterson, »dass mich deine Mutter wegen meines Geldes geheiratet hat. Ich war Mitte vierzig, sie war Mitte zwanzig und schön. Ich wusste es – alle wussten es. Ich habe sie trotzdem geheiratet.«
O sitzt da und hört zu.
Patterson fährt fort: »Ich wusste, dass ich ihr zweiter Ehemann war und nicht ihr letzter sein würde. Für mich war das in Ordnung – ich war zufrieden damit, ihre Schönheit für ein paar Jahre borgen zu dürfen.«
Borgen, überlegt O, oder mieten?
»Wir haben damals keinen Ehevertrag geschlossen«, sagt Patterson. »Meine Familie tobte vor Wut, meine Anwälte erst recht, aber Kim wollte nichts davon hören. Ich wusste, was ich tat, Geld war in meinem Leben nie ein Problem. Wir trafen nur eine Vereinbarung, nämlich die, dass es keine Kinder geben sollte.«
O zuckt zusammen.
»Ich war zu alt«, sagt Patterson, »und ich wollte keine lächerliche Figur abgeben als in die Jahre gekommener Vater, der versucht, mit einem kleinen Kind mitzuhalten. Aber es ging um mehr – ich wusste, dass die Ehe nicht von Dauer sein würde, und da ich selbst
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