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Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Titel: Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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und trabte dann in westlicher Richtung bis zur 26. Straße, wo ich ein Stoppschild anschlug und kehrtmachte, zurück bis Westgate lief und wieder hinüber zum Wishire. Die erste Meile ist diejenige, die weh tut. Ich hechelte arg, als ich wiederkam. Bei den Abgasen, die ich von vorbeidüsenden Kraftfahrern auf dem San Vicente aufgefangen hatte, mußte ich so etwa Kopf an Kopf mit Giftmüll liegen. Zurück in Zimmer 2, duschte ich, zog mich an und sah Verschiedenes in meinen Notizen nach. Dann führte ich ein paar Telefongespräche. Das erste ging an den zuletzt bekannten Arbeitgeber von Lyle Abernathy, die Wunder-Brot KG in Santa Monica. Wie nicht anders zu erwarten, hatte er dort aufgehört, und die Personalabteilung hatte keine Ahnung, wo er steckte. Ein rascher Blick ins Telefonbuch zeigte, daß er im Ortsnetz nicht verzeichnet war, aber ein Raymond Glass lebte immer noch in Sherman Oaks, und die Hausnummer stimmte mit der überein, die ich mir aus den Polizeiakten in Santa Teresa notiert hatte. Ich meldete noch ein Gespräch mit meinem Bekannten in Vegas an. Er habe einen Hinweis auf Sharon Napier, meinte aber, es würde wahrscheinlich noch einen halben Tag dauern, bis er Genaues wisse. Ich bereitete Arlette darauf vor, daß er anrufen könnte und schärfte ihr ein, daß die Informationen, falls sie sie entgegennahm, exakt sein müßten. Sie spielte ein wenig die Beleidigte, weil ich ihr nicht zutraute, telefonische Nachrichten für mich anzunehmen, aber sie war früher schon nachlässig gewesen, und beim letzten Mal hatte ich teuer dafür bezahlt. Ich rief Nikki in Santa Teresa an und sagte ihr, wo ich war und was ich vorhatte. Dann checkte ich meinen Auftragsdienst. Charlie Scorsoni hatte angerufen, aber keine Nummer hinterlassen. Ich schätzte, wenn es wichtig war, würde er sich noch mal melden. Ich gab meinem Auftragsdienst die Nummer, unter der ich zu erreichen war. Nachdem ich alle diese Stützpunkte angetippt hatte, ging ich in ein Restaurant nebenan, das jedesmal, wenn ich dort bin, die Nationalität zu wechseln scheint. Bei meinem letzten Besuch hatten sie mexikanische Kost, das heißt, sehr heiße Teller mit hellbrauner Pampe. Diesmal gab es griechische: haufenartige Klumpen, in Blätter gewickelt. Auf manch einsamem Parkplatz hatte ich ähnlich appetitliche Sachen gesehen, aber ich spülte sie mit einem Glas Wein hinunter, das wie Flüssiggas schmeckte, und was machte es schon? Es war jetzt Viertel nach sieben, und ich hatte nichts zu tun. Der Fernseher auf meinem Zimmer war futsch, also wanderte ich hinüber ins Büro und sah zusammen mit Arlette fern, wobei sie eine Dose Karamelbonbons verdrückte.

    Am Morgen fuhr ich über den Berg ins San Fernando Valley. Von dem Hügelkamm, wo der San Diego Freeway nach Sherman Oaks hin abfällt, sah ich eine Smogschicht, hingebreitet wie ein Trugbild, ein schimmernder, hellgelber Dunstschleier, aus dem sich einige wenige hohe Gebäude reckten wie nach frischer Luft. Libbys Eltern lebten in einem vierteiligen Appartmenthaus an der Biegung, wo sich der San Fernando und der Ventura Freeway treffen; ein klobiger Bau aus Stuck und Balken mit vorstehenden Panoramafenstern längs der Vorderseite. Ein offener Flur teilte das Haus in zwei Hälften, und die Eingänge zu den beiden Parterrewohnungen lagen gleich vorne. Rechts führte eine Treppe zum ersten Stock. Das Gebäude selbst huldigte keinem bestimmten Stil, und ich vermutete, daß es in den dreißiger Jahren entstanden war, noch bevor irgend jemand auf den Gedanken kam, die kalifornische Architektur müsse Südstaatenhäuser und italienische Villen nachahmen. In dem ausgebleichten Rasen mischten sich Hundszahn- und Bermudagras. Eine kurze Auffahrt auf der linken Seite führte nach hinten zu einer Reihe von Garagentoren, und vier grüne Mülltonnen aus Plastik waren an einen Holzzaun gekettet. Die Wacholderbüsche entlang der Hausfront wuchsen so hoch, daß sie die Parterrefenster verdeckten, und schienen unter einer merkwürdigen Mauser zu leiden, die einen Teil ihrer Zweige braun färbte und die übrigen kahl werden ließ. Sie sahen aus wie verbilligte und von der Schattenseite präsentierte Weihnachtsbäume. Die Zeit der frohen Feste war in dieser Gegend längst vorbei.
    Appartement Nr. i lag zu meiner Linken. Als ich auf die Klingel drückte, klang sie wie das Br-r-r-r eines ablaufenden Weckers. Die Tür wurde von einer Frau mit einer Reihe Stecknadeln im Mund geöffnet, die auf und ab wippten, als sie sprach.

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