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Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Titel: Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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steile Nebenstraße ab, in der Marcia Threadgill wohnte. Ich parkte, nahm mein Fernglas heraus und betrachtete prüfend ihren Patio. Alle ihre Pflanzen waren an Ort und Stelle, und alle sahen gesünder aus, als mir lieb war. Von Marcia oder der Nachbarin, mit der sie sich befehdete, war nichts zu sehen. Ich wünschte, sie würde umziehen, damit ich im Bild festhalten könnte, wie sie fünfzig Pfund schwere Kartons mit Büchern zu einem Möbelwagen runterschleppte. Es hätte mir auch schon genügt, sie mit einer großen Doppeltüte voller Konserven, unter deren Gewicht der Tütenboden riß, vom Einkaufen kommen zu sehen. Ich konzentrierte mich wieder auf ihren Patio und bemerkte zum erstenmal, daß an dem hölzernen Überhang des darübergelegenen Patios vier Schraubhaken angebracht waren. An dem Haken auf der linken Seite hing die Mammutpflanze, die ich bereits kannte, aber die drei anderen Haken waren leer.
    Ich legte das Fernglas weg und ging in das Gebäude, auf dem Treppenabsatz zwischen der ersten und zweiten Etage hielt ich an. Ich spähte durch das Geländer hinab. Wenn ich mich vernünftig postierte, konnte ich Marcias Eingangstür genau im richtigen Winkel vor die Linse meiner Kamera bekommen. Nachdem ich mich dessen versichert hatte, ging ich runter zu meinem Wagen und fuhr zum Gateway Supermarkt. Ich hob ein paar Zimmerpflanzen in Plastiktöpfen hoch und fand eine, die für meine Zwecke genau richtig war — fünfundzwanzig Pfund robuster Stamm mit einer Reihe scheußlich schwertähnlicher Blätter, die in Abständen hervorstachen. Ich kaufte noch ein paar vorgeschnürte Geschenkbänder in Feuerwehrrot und eine Genesungskarte mit einem sentimentalen Vers. All dies nahm kostbare Zeit in Anspruch, die ich lieber der Sache Nikki Fifes gewidmet hätte, aber ich bin für meine Miete verantwortlich und ich hatte so ein Gefühl, als schuldete ich California Fidelity mindestens noch einen halben Monat.
    Ich fuhr zurück zu Marcias Wohnung und parkte davor. Ich kontrollierte meine Kamera, riß das Päckchen mit den Geschenkbändern auf, klebte mehrere davon fesch auf den Plastiktopf und legte die Karte mit einer gekritzelten Unterschrift, die noch nicht einmal ich lesen konnte, hinein. Mit etwas klopfendem Herzen schleppte ich die Pflanze, die Kamera und mich selbst die steile ßetontreppe hinauf, in das Gebäude und hoch zum ersten Stock. Ich stellte die Pflanze dicht vor Marcias Tür und ging zu dem Absatz hinauf, wo ich meinen Belichtungsmesser prüfte, die Kamera startklar machte und die Schärfentiefe einstellte. Hübscher Winkel, dachte ich. Ein Kunstwerk würde das. Ich trabte hinunter, holte tief Luft und klingelte bei Miss Threadgill, um sogleich in halsbrecherischem Tempo die Treppe wieder hochzusausen. Ich ergriff die Kamera und prüfte nochmals die Schärfeneinstellung. Mein Timing war perfekt.
    Marcia Threadgill öffnete ihre Wohnungstür und starrte voller Überraschung und Verwirrung nieder. Sie trug Shorts und einen gehäkelten Büstenhalter, und im Hintergrund dröhnte die Stimme von Olivia Newton-John wie ein tönender Lutscher. Ich zögerte einen Moment und spähte dann über das Geländer. Marcia beugte sich gerade vor, um die Karte herauszuholen. Sie las sie, drehte sich um, studierte nochmals die Vorderseite und zuckte verblüfft die Achseln. Sie blickte links den Gang runter, dann trat sie vor und spähte hinab ins Treppenhaus, als könnte sie den Überbringer vielleicht noch sehen. Ich begann Fotos zu schießen, das Surren der 35-mm-Kamera wurde übertönt von der zu laut laufenden Schallplatte. Marcia tappte an ihre Für zurück, bückte sich ganz nebenbei aus der Taille und hob fünfundzwanzig Pfund Gewächs hoch, ohne dabei auch nur die Knie zu beugen, wie uns allen das im Turnunterricht erklärt worden ist. Sobald sie die Pflanze hineingeschafft hatte, rannte ich die Treppe runter und hinaus auf die Straße, um sie vom Gehsteig aus anzupeilen, gerade als sie auf dem Patio erschien und die Pflanze auf das Geländer stellte. Sie verschwand. Ich trat mehrere Meter zurück, setzte das Teleobjektiv auf und wartete mit angehaltenem Atem.
    Sie kam mit etwas wieder, das ein Küchenstuhl sein mußte. Ich fing sehr schön ein, wie sie ihn bestieg. Tatsächlich; sie packte die Pflanze beim Draht, hob sie in Schulterhöhe und drückte mit angespannten Muskeln nach, bis sich die Drahtschlinge in dem Haken über ihr verfing. Das war so anstrengend, daß ihr BH dabei nach oben verrutschte und ich ein

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