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Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Titel: Kinsey Millhone 02- In aller Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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die Lupe nehmen, wenn ich schon dabei war. Ich ging in den Hof der Wohnanlage.

7

    Ich traf Tillie beim Sprengen der Wege an. Durch die Kraft des Wasserstrahls wirbelte ein Wirrwarr von Blättern und Dreck herum. Wasser tropfte von den Palmblättern, und der Gummigeruch des Schlauchs mischte sich mit dem Duft feuchter Erde. Zwischen den riesigen Farnsträuchern waren Trittsteine eingelassen, obwohl mir nicht einleuchten wollte, wer sie betreten sollte. Es sah aus wie ein schattiger Hort für Weberknechte. Tillie lachte, als sie mich sah, und löste die Spritzdüse, um die Brause abzustellen. Sie trug Jeans und ein T-Shirt, was ihrer knochigen Gestalt selbst mit über sechzig Jahren noch ein mädchenhaftes Aussehen gab.
    »Haben Sie überhaupt geschlafen?« fragte ich.
    »Nein, und ich bleibe auch solange nicht in der Wohnung, bis die Fenster repariert sind. Vielleicht lasse ich auch eine Alarmanlage installieren. Ich bin nur hier rausgekommen, um mich zu beschäftigen. Wege sprengen ist so entspannend, finden Sie nicht auch? Das ist eine der Annehmlichkeiten des Erwachsenenlebens. Als ich ein Kind war, hätte mein Vater mich da niemals drangelassen.«
    »Waren Sie schon auf der Polizeiwache?«
    »Oh, ich werde gleich gehen, aber ich freue mich nicht gerade darauf.«
    »Ich war vorhin da und habe eine Vermißtenanzeige für Elaine Boldt aufgegeben.«
    »Was haben sie gesagt?«
    Ich zuckte die Achseln. »Nicht viel. Sie werden tun, was sie können. Ich traf einen Beamten des Morddezernats, der an Marty Grices Mord arbeitete. Er sagte, Elaine hätte zur Vernehmung kommen sollen, ist aber nie erschienen. Können Sie sich erinnern, wie bald nach dem Vorfall sie nach Florida gefahren ist?«
    »Hm, ich bin nicht sicher. Es war in derselben Woche, das weiß ich genau. Sie war schrecklich aufgeregt über den Mord. Das war einer der Gründe für ihre Abreise. Ich dachte, ich hätte das schon erwähnt.«
    »Sie sagte, sie sei krank gewesen.«
    »Das war sie auch, aber mit ihrer Gesundheit schien immer etwas nicht zu stimmen. Sie sagte, der Mord habe sie vor Angst verrückt gemacht. Sie dachte, es könnte besser für sie sein, aus der Stadt wegzukommen. Moment mal eben.« Sie ging in das Gebüsch und stellte das Wasser ab, indem sie den Hahn zudrehte. Sie benutzte den restlichen Wasserdruck, um den Schlauch zu entleeren, bevor sie ihn wieder aufrollte. Dann stieg sie aus den Büschen und wischte sich die feuchten Hände an der Jeans ab. »Glauben Sie, daß sie etwas über Martys Tod wußte?«
    »Ich denke, das wäre einer genaueren Betrachtung wert«, erwiderte ich. »Ihr Seitenfenster führt genau zu Mrs. Grices Eingang hinaus. Vielleicht hat sie den Einbrecher gesehen.«
    Tillie machte ein skeptisches Gesicht. »Im Dunkeln?«
    Ich zuckte die Achseln. »Es ist nicht sehr wahrscheinlich, nicht wahr, aber ich weiß nicht, was sonst in Frage käme.«
    »Aber warum ist sie nicht zur Polizei gegangen, wenn sie wußte, wer es war?«
    »Wer weiß? Vielleicht konnte sie nicht mehr klar denken. Manche Leute geraten in Panik. Sie wollen nicht in solche Sachen verwickelt werden. Vielleicht hatte sie das Gefühl, selbst in Gefahr zu sein.«
    »Nun, sie war nervös«, meinte Tillie. »Aber andererseits waren wir alle in jener Woche die reinsten Nervenbündel. Wollen Sie reinkommen?«
    »Ja, sehr gerne. Ich denke, ich sollte mal einen Blick auf diese Rechnungen werfen, die für sie gekommen sind. Zumindest können wir daran sehen, wann sie zuletzt ihr Konto belastet hat, und wo sie zu dem Zeitpunkt war. Ist sonst noch etwas gekommen?«
    »Nur ein paar Sachen. Ich werde Ihnen zeigen, was ich habe.«
    Ich folgte Tillie durch die Halle in den angrenzenden Flur.
    Sie schloß ihre Eingangstür auf und ging durch das Wohnzimmer zum Sekretär. Da das Glas aus den Türen herausgebrochen war, gab es keinen Grund, etwas aufzuschließen. Trotzdem sah ich, wie sie zögerte und ratlos einen Zeigefinger an die Wange legte wie jemand, der für ein Foto posiert. »Also, das ist ja merkwürdig.«
    »Was?« fragte ich. Ich ging zum Sekretär hinüber und sah hinein. Wir hatten den Stapel Bücher in der vergangenen Nacht weggestellt, und jetzt war nichts mehr auf dem Regal, außer einem kleinen Messingelefanten und einem gerahmten Foto von einem Hündchen mit einem Stock im Maul.
    »Ich kann Elaines Rechnungen nicht finden, aber sie müssen hier sein«, sagte sie. »Also, ist das nicht seltsam.« Sie sah die Regale noch einmal an und öffnete dann die

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