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Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Titel: Kinsey Millhone 02- In aller Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Bettchens hochzuziehen, nun aber nicht weiß, wie es sich wieder setzen soll.
    Mr. Snyder ignorierte sie und setzte sich breitbeinig auf die Couch. Sein Bauch füllte den Raum zwischen den Beinen wie ein dicker Sack aus, der ihm so beschwerlich sein mußte wie ein falsch herum angezogener Clownsanzug. Er legte die Hände auf die Knie und widmete mir seine ganze Aufmerksamkeit, als ob ich seine gesamte Lebensgeschichte für einen Auftritt in »Das war ihr Leben« aufnehmen wollte.
    »Seit vierzig Jahren sind wir jetzt in diesem Haus«, begann er. »Damals, neunzehnhundertdreiundvierzig, haben wir es für viertausend Dollar gekauft. Von so ’nem billigen Haus haben Sie noch nie gehört, nicht? Heute ist es hundertfünfzehntausend wert. Bloß der Boden, auf dem wir sitzen. Da ist das Haus noch gar nicht mitgerechnet. Sie können es abreißen und hier hinsetzen, was Sie wollen. Verdammt, sie kann nicht mal ihr Gehgestell in den Schrank kriegen. Und Leonard von nebenan, der hat sein Haus beinah für hundertfünfunddreißig verkauft, war schon beim Notar und alles, und dann fiel das Geschäft ins Wasser. Das hat ihn fast fertiggemacht. Er tut mir wirklich leid. Haus verbrannt, Frau tot. Wie würde die Jugend von heute sagen... sein Karma war schlecht.«
    So redete er immer weiter, während ich mir gedankliche Notizen machte. Das lief ja besser, als ich gehofft hatte. Ich hatte gedacht, ich hätte ein bißchen herumschwindeln müssen, um das Gesprächsthema vorsichtig von Elaines Verbleib auf den Mord nebenan zu bringen, doch nun saß Orris Snyder hier vor mir und machte aus dem Stegreif eine Zeugenaussage. Ich bemerkte, daß er innehielt. Er sah mich an.
    »Haben Sie das Haus verkauft? Ich habe das Schild draußen gesehen.«
    »Verkauft«, sagte er befriedigt. »Wir können jetzt ins Altersheim gehen, sobald die Kinder hier zusammengepackt haben. Sind schon offiziell vorgemerkt. Stehen auf der Liste und so. Sie ist alt. Die meiste Zeit weiß sie nicht mal mehr, wo sie ist. Wenn hier ein Feuer ausbrechen würde, würde sie daliegen und brutzeln.«
    Ich sah zu seiner Frau hinüber, die ihre Knie geschlossen hielt. Ich fürchtete, sie könnte ohnmächtig werden, aber er schien sich keine Gedanken darüber zu machen. Sie hätte genausogut ein Garderobenständer sein können.
    Snyder fuhr fort, als würde er durch ein unsichtbares Publikum angetrieben. »Jawoll, ich habe es verkauft. Sie hätte gern einen Anteil gehabt, aber das Haus geht auf meinen Namen, und es gehört mir ganz allein. Viertausend Dollar hab ich gezahlt. Also, das nenn’ ich ein Geschäft, Sie nicht auch?«
    »Ja, das ist gut«, erwiderte ich. Ich sah wieder zu seiner Frau hinüber. Ihre Beine begannen zu zittern.
    »Warum gehst du nicht wieder ins Bett zurück, May?« fragte er und sah mich dann mit einem mißbilligenden Kopfschütteln an. »Sie kann nicht gut hören. Das Gehör kommt und geht. Hat schon Stecker in den Ohren, und alles, was sie sieht, sind lebende Schatten. Letzte Woche hatte sich ein Bein von ihrem Gehgestell in der Besenschranktür verhakt, und sie brauchte sechsundvierzig Minuten, bis sie loskam. Alter Trottel.«
    »Möchten Sie, daß ich Ihnen helfe, sie ins Bett zu bringen?« fragte ich.
    Snyder mühte sich auf der Couch ab und drehte sich zur Seite, um aufstehen zu können. Er kam auf die Füße und ging dann zu ihr hinüber und schrie ihr ins Gesicht: »Leg dich jetzt mal ein Weilchen hin, May, und später bring ich dir was zum Knabbern.«
    Sie starrte ihm unverwandt auf den Hals, doch ich hätte schwören mögen, daß sie ganz genau wußte, worüber er sprach, und einfach mürrisch und eigensinnig war.
    »Warum hast du das Licht angemacht? Ich dachte, es wäre Tag«, meinte sie.
    »Es kostet nur fünf Cents, die Lampe brennen zu lassen«, erwiderte er.
    »Was?«
    »Ich sagte, es ist stockfinstere Nacht draußen, und du mußt ins Bett gehen«, brüllte er.
    »Na gut«, meinte sie, »dann werde ich wohl mal gehen.«
    Umständlich schob sie ihr Gestell herum und lenkte es erfolgreich in die richtige Richtung. Ihr Blick streifte mich, und plötzlich schien sie mich durch den Nebel auszumachen.
    »Wer ist das?«
    »Das ist eine Frau«, unterbrach Snyder. »Ich habe ihr von Leonards Unglück erzählt.«
    »Hast du ihr gesagt, was ich in der Nacht gehört habe? Von diesem Gehämmere, das mich wachhielt. Bilder wurden aufgehängt... peng, peng, peng. Ich mußte eine Tablette nehmen, weil mein Kopf davon so schmerzte.«
    »Das war nicht in

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