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Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Titel: Kinsey Millhone 02- In aller Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Wurde weiß und fiel hin, als hätte ihm eine große Hand einen Stoß gegeben und ihn k. o. geschlagen. Es war das Schlimmste, was ich je gesehen habe. Sie brachten sie in einem verschlossenen Plastiksack raus — «
    »Wie konnte Tillie sie dann gesehen haben?« unterbrach ich ihn. »Ich meine, wenn sie in einem Leichensack lag?«
    »Oh, das ist Tillie, sie sieht alles. Fragen Sie sie. Wahrscheinlich ist sie reingekommen, als die Tür eingeschlagen wurde, und hat die Leiche selbst gesehen. Allein der Gedanke macht mich schon krank.«
    »Soweit ich weiß, ist Leonard seitdem bei seiner Schwester untergebracht?«
    »Das habe ich auch gehört. Sie heißt Howe. Wohnt in der Carolina. Steht im Telefonbuch, wenn Sie mit ihm sprechen wollen.«
    »Gut. Ich werde versuchen, ihn heute nachmittag zu treffen. Hoffentlich kann er mir etwas darüber erzählen, wo Mrs. Boldt möglicherweise abgeblieben ist.«
    Ich stand auf und hielt ihm die Hand hin. »Sie waren mir eine große Hilfe.«
    Mr. Snyder kämpfte sich auf die Beine und schüttelte mir die Hand, dann ging er mit mir zur Tür.
    Ich sah ihn neugierig an. »Worauf, glauben Sie, bezog sich Ihre Frau, als sie das Gehämmere in der Nacht erwähnte? Haben Sie eine Ahnung, was sie damit meinte?«
    Er winkte ungeduldig ab. »Sie weiß nicht, worüber sie redet. Sie hat das alles durcheinandergebracht.«
    Ich zuckte die Achseln. »Nun, auf jeden Fall hoffe ich, daß es Mr. Grice gut geht. War er eigentlich ausreichend versichert? Sicherlich wäre das eine große Hilfe.«
    Er schüttelte den Kopf und zupfte sich am Kinn. »Ich glaube nicht, daß er so besonders gut dasteht. Er und ich sind bei derselben Versicherungsgesellschaft, aber seine Police ist nicht besonders hoch, soviel ich weiß. Durch das Feuer und den Tod seiner Frau ist er so gut wie ruiniert. Er bekommt Frührente für seinen schlechten Rücken, verstehen Sie, und sie war seine einzige Unterstützung.«
    »O Gott, das ist schlimm. Tut mir leid, das zu hören«, sagte ich und nahm dann die Gelegenheit wahr. »Welche Versicherungsgesellschaft?«
    »California Fidelity.«
    Ah. Ich fühlte mein kleines Herzchen pochen. Dies war mein erster Erfolg. Ich arbeitete nämlich für sie.
    Die California-Fidelity-Versicherungsgesellschaft ist ein kleines Unternehmen, das all den üblichen Kram vertritt, Leben und Krankheit, Hausrat und Auto, und ein paar Filialen in San Francisco, Pasadena und Palm Springs hat. In Santa Teresa ist das Stammbüro. Es belegt die zweite Etage eines dreistöckigen Gebäudes in der State Street, die genau durch das Herz der Stadt führt. Meine Ecke besteht aus zwei Räumen — einer zur Straße, einer nach innen führend — mit einem separaten Eingang. Am Anfang meiner Karriere arbeitete ich für die CF. Ich betrieb Nachforschungen bei Ansprüchen aus Feuerschäden oder unnatürlichen Todesfällen. Seitdem ich mein eigenes Geschäft habe, halten wir eine lockere Verbindung aufrecht. Im Tausch gegen meine Büroräume ziehe ich jeden Monat Erkundigungen für sie ein.
    Ich ging ins Büro und hörte den Anrufbeantworter ab. Das Licht blinkte, aber das Band war bis auf ein Pfeifen und ein paar hohe Piepstöne leer. Eine Zeitlang hatte ich mal einen Antwortdienst engagiert, aber die Mitteilungen waren in der Regel vermurkst angekommen. Ich glaube, daß potentielle Kunden nicht besonders scharf darauf waren, ihre Probleme einer zwanzigjährigen Telefonistin anzuvertrauen, die kaum schreiben konnte, geschweige denn die Zahlen auf die Reihe bekam. Ein Anrufbeantworter ist irritierend, aber er kann dem Anrufer zumindest mitteilen, daß ich weiblich bin und beim zweiten Anruf abnehme. Die Post war noch nicht da, also ging ich nach nebenan zu Vera Lipton, eine der California-Fidelity-Schadenssachverständigen.
    Veras Büro liegt in der Mitte eines Labyrinths aus Zellen, die die Sachbearbeiter voneinander trennen. Jeder der kleinen Räume ist mit einem Schreibtisch, einem Aktenschrank, zwei Stühlen und einem Telefon ausgestattet, eher wie ein kleiner Buchmacherladen. Veras Nische ist an der Rauchwolke zu erkennen, die über den schulterhohen Trennwänden schwebt. Sie ist die einzige in der Firma, die raucht, und sie tut es leidenschaftlich. Sie stapelt die fleckigen Zigarettenfilter wie Ampullen voll destilliertem Nikotin. Außerdem ist sie Coca-Cola-süchtig und hat normalerweise eine Reihe leerer Flaschen um ihren Schreibtisch herum stehen, die sie im Verhältnis von einer Flasche pro Stunde dort anhäuft.

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