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Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Titel: Kinsey Millhone 02- In aller Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Jahr weg. Es fühlt sich nur so an wie eine Woche. Sie sind die erste Frau, die ich überhaupt anschaue, seitdem sie gegangen ist.«
    »Wohin ist sie gegangen?«
    »Idaho. Sie nahm die Kinder mit. Zwei«, sagte er, als wüßte er, daß ich diese Frage als nächstes stellen würde. »Ein Mädchen zehn, die andere acht. Courtney und Ashley. Ich hätte sie anders genannt. Sara und Diane, Patti und Jill, irgend so etwas. Ich verstehe Mädchen nicht. Ich weiß nicht mal, was sie denken. Ich liebe meine Kinder wirklich, aber vom Tag ihrer Geburt an schienen sie in einer Art exklusiven Club mit meiner Frau zu sein. Ich konnte wohl nicht Mitglied werden, egal, was ich tat.«
    »Wie hieß Ihre Frau?«
    »Camilla. Scheiße. Sie hat mir das Herz mit den Wurzeln ausgerissen. Ich habe in diesem Jahr dreißig Pfund zugenommen.«
    »Zeit, abzunehmen«, bemerkte ich.
    »Zeit, eine Menge Dinge zu tun.«
    Mit einem Bier für ihn und einem Glas weißem Tischwein kam Rosie wieder an den Tisch. Diese Geschichte war mir doch bekannt, oder? Männer, die gerade eine Ehe hinter sich haben, sind verkorkst, und ich war auch verkorkst. Ich kannte all diesen Schmerz, die Ungewißheit und die fehlgeleiteten Emotionen bereits. Sogar Rosie spürte, daß hier nichts abging. Sie schaute mich an, als könnte sie nicht verstehen, wie ich die Sache so schnell verpfuscht hatte. Nachdem sie weg war, kam ich zum Thema zurück.
    »Mir geht’s da auch nicht so besonders gut«, meinte ich.
    »Hab’ ich gehört. Ich dachte, wir könnten uns gegenseitig unterstützen.«
    »So klappt das nicht.«
    »Möchten Sie mal mit zum Schießplatz gehen und ein bißchen schießen?«
    Ich lachte. Ich konnte mir nicht helfen. Er hatte wirklich den Durchblick. »Klar. Können wir machen. Was für eine Waffe haben Sie?«
    »Colt Python mit einer Sechs-Inch-Trommel. Er braucht .38er oder .357er Magnum-Patronen. Normalerweise trage ich einen Trooper MK III, aber ich bekam dieses Angebot für den Python und konnte es nicht ausschlagen. Vierhundert Dollar. Sie waren zweimal verheiratet? Ich begreife nicht, wie Sie das fertiggebracht haben. Ich meine — Himmel! Ich dachte, die Ehe sei eine wirkliche Bindung. Ein Herz und eine Seele, verstehen Sie, zusammengeschweißt bis in alle Ewigkeit und so ’n Scheiß.«
    »Vierhundert Dollar, da haben Sie einen guten Fang gemacht. Wie haben Sie das geschafft?« Ich schielte zu ihm hinüber. »Was ist los, sind Sie katholisch oder so?«
    »Nein, vermutlich bin ich bloß doof. Meine Vorstellungen von Liebesgeschichten stammen aus den Frauenzeitschriften, die meine Mutter in dem Kosmetikgeschäft hatte, das sie während meiner Kindheit besaß. Die Waffe habe ich aus Dave Whitakers Nachlaß. Seine Witwe haßt Waffen und hat es nie gern gesehen, daß er damit zu tun hatte. Also entledigte sie sich bei der erstbesten Gelegenheit seiner Sammlung. Ich hätte auch den gängigen Preis bezahlt, aber davon wollte sie nichts hören. Kennen Sie sie? Bess Whitaker?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    Er blickte auf, als Rosie jeweils einen Teller vor uns hinstellte. An seinem Blick war zu erkennen, daß er keine grünen Paprika in Vinaigrette erwartet hatte, die sogar hier und da noch mit kleinen Petersiliensträußchen verziert waren.
    Normalerweise wartete Rosie, bis ich das Essen probiert hatte und gab dann ausführliche Kommentare nach Art schwärmerischer Restaurantkritiken ab, aber dieses Mal schien sie sich eines Besseren zu besinnen. Sie war kaum gegangen, als Jonah sich vorlehnte.
    »Was ist denn das für ein Mist?«
    »Essen Sie einfach.«
    »Kinsey, ich habe in den letzten zehn Jahren mit Kindern zusammen gegessen, die dasaßen und alle Zwiebeln und Pilze herauspickten. Ich weiß nicht, wie ich etwas essen soll, das nicht mit Knödelhilfe gemacht ist.«
    »Sie erwartet eine große Überraschung«, erwiderte ich. »Was haben Sie in dem Jahr gegessen, seitdem Ihre Frau weg ist?«
    »Sie hat mir lauter fertige Mahlzeiten in die Tiefkühltruhe gepackt. Jeden Abend taue ich eine davon auf und stecke sie eine Stunde lang bei 180 Grad in den Herd. Vermutlich ist sie zu einem Großhandel gegangen und hat eine ganze Palette dieser TV-Dinner-Packungen mit den kleinen Fächern aufgekauft. Sie wollte, daß ich ausgewogene Mahlzeiten zu mir nehme, obwohl sie mich finanziell ruiniert hat.«
    Ich senkte die Gabel, schaute ihn an und versuchte mir vorzustellen, wie jemand 365 Mahlzeiten einfriert, um abhauen zu können. So war die Frau, mit der er anscheinend sein

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