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Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Titel: Kinsey Millhone 02- In aller Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Hause. Es war zwar erst Viertel nach acht, aber ich mußte noch arbeiten, und er schien tatsächlich ein bißchen erleichtert zu sein, daß unser Kontakt nicht länger andauerte oder intimer wurde. Sobald ich hörte, wie sich seine Schritte entfernten, knipste ich die Außenbeleuchtung aus, setzte mich mit einigen Karteikarten an den Schreibtisch und arbeitete meine Notizen auf.
    Ich ging die Karten, die ich früher ausgefüllt hatte, noch mal durch und heftete sie an die Pinnwand über dem Schreibtisch. Lange stand ich davor, las eine nach der anderen und hoffte auf einen Gedankenblitz. Es tauchte nur eine merkwürdige Notiz auf. Ich hatte jeden Punkt, an den ich mich nach meiner ersten Durchsuchung von Elaines Apartment erinnern konnte, peinlich genau aufgeschrieben. Das mache ich gewöhnlich so. Es ist fast ein kleines Spiel, um mein Gedächtnis auf die Probe zu stellen. Sie hatte im Küchenschrank einige Dosen Katzenfutter gehabt. 9-Lives Beef und Liver Platter, besagte die Notiz. Nun schien es mir ungewöhnlich. Welche Katze?

12

    Am nächsten Morgen um neun fuhr ich zur Via Madrina. Tillie öffnete nicht auf mein Klingeln, also blieb ich einen Moment stehen und studierte die Namensliste der Mieter auf den Klingelschildern. In Apartment 10, das direkt neben dem von Elaine liegt, gab es einen Wm. Hoover. Ich klingelte.
    Die Gegensprechanlage erwachte zum Leben. »Ja?«
    »Mr. Hoover? Hier spricht Kinsey Millhone. Ich bin Privatdetektivin hier in der Stadt, und ich bin auf der Suche nach Elaine Boldt. Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich Ihnen ein paar Fragen stelle?«
    »Sie meinen, jetzt sofort?«
    »Nun, ja, wenn Sie nichts dagegen haben. Ich bin vorbeigekommen, um mit der Hauswartsfrau zu sprechen, aber sie ist nicht da.«
    Ich hörte einen gemurmelten Dialog. Dann summte der Türöffner, gewissermaßen zum Zeichen der Zustimmung. Mit einem Hechtsprung erreichte ich gerade noch die Tür, bevor das Schloß wieder unnachgiebig wurde. Ich fuhr mit dem Aufzug ein Stockwerk hinauf. Als sich die Fahrstuhltür öffnete, lag mir Apartment 10 genau gegenüber. Hoover stand in einem kurzen blauen Bademantel aus Plüsch im Flur. Ich schätzte sein Alter auf vierunddreißig bis fünfunddreißig. Er war schmächtig, vielleicht einen Meter achtundsechzig groß und hatte schlanke, muskulöse Beine, die von einem leichten Flaum bedeckt waren. Seine dunklen Haare waren zerzaust, und er wirkte, als hätte er sich seit zwei Tagen nicht mehr rasiert. Seine Augen waren noch schlafverquollen.
    »Oh je, ich habe Sie geweckt«, sagte ich. »Das tu ich Leuten ungern an.«
    »Nein, ich war schon auf«, erwiderte er. Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare und kratzte sich den Hinterkopf, während er gähnte. Ich mußte die Zähne zusammenbeißen, um nicht mitzugähnen. Auf nackten Füßen ging er in sein Apartment zurück, und ich folgte ihm.
    »Ich setze kurz einen Kaffee auf. Er ist dann sofort fertig. Kommen Sie herein, und nehmen Sie Platz.« Seine Stimme war hoch und dünn.
    Er deutete auf die Küche zu seiner Rechten. Sein Apartment war das Spiegelbild von Elaines. Vermutlich grenzten ihre Schlafzimmer an dieselbe Wand. Ich warf einen Blick in das Wohnzimmer, das, wie ihres, zum Eingang hinausführte und ebenfalls auf Grices Grundstück nebenan sah. Wo Elaines Apartment einen Blick auf die Straße freigab, hatte die Aussicht hier nichts besonders Anziehendes — man sah nur einen Schimmer der Berge weit weg zur Linken, der noch teilweise von den zwei Reihen italienischer Pinien verdeckt wurde, die entlang der Via Madrina wuchsen.
    Hoover zog sich den Bademantel fester zu, setzte sich auf einen Küchenstuhl und schlug die Beine übereinander. Er hatte hübsche Knie. »Wie war Ihr Name noch gleich? Sie müssen schon entschuldigen, aber ich bin noch halb bewußtlos.«
    »Kinsey Millhone«, sagte ich. Die Küche roch nach aufgebrühtem Kaffee und dem Dunst ungeputzter Zähne. Seiner, nicht meiner. Er langte nach einer schlanken braunen Zigarette und zündete sie an. Wahrscheinlich hoffte er, seinen morgendlichen Mauldampf mit etwas noch schlechter Riechendem übertünchen zu können. Seine Augen hatten das Braun leichten Tabaks. Er hatte spärliche Wimpern und ein mageres Gesicht und betrachtete mich mit der ganzen Langeweile einer Boa Constrictor nach einer fetten Murmeltiermahlzeit. Die Kaffeemaschine gab ein paar letzte Rülpser von sich und erstarb, während er zwei große blauweiße Becher holte. Der eine hatte rundherum ein

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